Wenn man nichts von der anstehenden Landtagswahl in Kärnten wüsste, man würde den Urnengang am 5. März wohl verpassen. Denn wild darauf gestoßen wird man hier nicht. Hie und da steht die grüne Spitzenkandidatin auf einem Plakat am Straßenrand Kopf, im Ort Stall mit rund 1500 Einwohnerinnen und Einwohnern wünscht die FPÖ in der Ortsmitte sogar noch großflächig "frohe Weihnachten". Das Plakat, das den Besuch von Bundesparteichef Herbert Kickl ankündigt, ist da viel kleiner und hängt schon etwas abseits vom Schuss, ziemlich verloren an einer Scheunenmauer.

Die Blauen konzentrieren sich im Kärntner Wahlkampf auf die Impfskeptiker. Und da ist ein Besuch in der Gemeinde Stall, im Mölltal, quasi Pflicht. In der Ortschaft gibt es die geringste Impfquote im Land, und hier holte seinerzeit auch der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer sein bestes Ergebnis bei der Bundespräsidentenwahl 2016. Spannend ist das vor allem auch deswegen, weil die Gemeinde Stall mit Peter Ebner seit 1997 einen roten Bürgermeister hat. Bei der Gemeinderatswahl 2021 holte er für die SPÖ 43,44 Prozent der Stimmen, die FPÖ erhielt nur 19,1 Prozent. Den Kickl wird sich Ebner in Stall aber nicht anschauen.

Die Ankündigung, dass Herbert Kickl nach Stall kommt, klatscht lieblos an einer Wand, etwas abseits.
Foto: Guido Gluschitsch

"Ich bin nicht da", sagt der Ortschef im STANDARD-Gespräch. Und wäre er da, würde er dann hingehen? "Wenn ich keinen Termin hätte, würde ich selbstverständlich hingehen. Das gehört sich schon aus Anstand, als Bürgermeister."

Kickl beim Dorfwirt

Kickl wird am 16. Februar mit dem blauen Generalsekretär Michael Schnedlitz und Landesparteiobmann Erwin Angerer im Gasthaus Reichhold im Zuge der "Neustart-Tour" auftreten. Der Dorfwirt von Stall, wenn man so möchte, liegt zentral im Ort und wird an jenem Abend wohl aus allen Nähten platzen. Rund 200 Gäste haben dort Platz, sagt Peter Ebner, der annimmt, dass Leute aus dem ganzen Mölltal nach Stall kommen werden, um Kickl zu sehen. Und klarerweise Einheimische "auch von den anderen Parteien, um zu schauen, welche Sprüche er führt".

Der Bürgermeister von Stall, Peter Ebner (SPÖ), versteht das gut: Die Impfpflicht sei der "größte Blödsinn".
Foto: Guido Gluschitsch

Eine Woche vor Kickls Auftritt merkt man im Ort noch nichts von einer Aufregung. Viel mehr wirkt die Gemeinde wie im Winterschlaf. Bei der Kälte der vergangenen Tage ist kaum jemand auf der Straße. Und falls doch, wird freundlich gegrüßt, egal ob man sich kennt oder nicht. Auch aus den vorbeifahrenden Autos heraus wird gegrüßt. Der Einzige, der nicht die Hand über dem Lenker hebt, kann nicht, weil er gerade telefoniert, aber wenn man genau schaut, sieht man, wie er gemeinsam mit den Augenbrauen auch ein Stück weit den Kopf hebt.

Mit dem Grüßen ist es dann aber auch schon erledigt. Reden will eigentlich niemand. Auch nicht in dem Gasthaus, in dem Kickl auftreten wird. Im rechten Teil des Lokals essen die Menschen – ihr Schnitzel oder einen Schweinsbraten. Links neben dem Eingang ist die Gaststube für Stammgäste. Vier junge Männer stehen an der Bar, trinken ihr Bier und reden. Miteinander.

Globuli und Rauchverbot

Es geht nicht um Kickl, nicht um Corona und auch nicht um den Wahlkampf. Erst wird in einem sehr breiten Dialekt über das Wurstmachen gesprochen, dann über die neuen Bagger, die jemand hat, später über Globuli und außergewöhnliche Heilungen von seltsamen, auf einmal auftretenden Krankheiten. Ein Thema scheint zwei der Männer aber besonders zu reizen. "Dürf’ ma schon drinnen rauchen?", fragt einer die Kellnerin. Die lehnt das Gesuch ab, mit Verweis auf den Fremden im Gastraum.

Ohne Worte.
Foto: Guido Gluschitsch

Peter Ebner versteht die Impfskepsis im Ort, "weil ich selber nach der Impfung Beschwerden hatte und drei Monate gebraucht habe, bis ich wieder richtig gehen konnte. Da sagen unsere Leut’ dann, wenn der Bär das nicht derpackt, wie soll ich das dann derpacken?" Und dass sich da jetzt Parteien auf das Thema setzen, ist ihm auch verständlich: "Die Impfpflicht war der größte Blödsinn. Wir sind eine Demokratie, keine Diktatur. Das muss jeder für sich entscheiden", sagt der Stadtchef. Dieser Fehler hänge jetzt nach und nutze den Freiheitlichen, die damit auch Stimmen von seiner Partei lukriere.

Der Gasthof, in dem Herbert Kickl seinen Auftritt haben wird.
Foto: Guido Gluschitsch

Die großen Überwerfungen bei der Landtagswahl sieht er aber nicht. Ja, die Roten würden ein wenig verlieren, die Blauen ein wenig dazugewinnen: "Fast jede Gemeinde ist froh, dass wir den Kaiser als Landeshauptmann haben." (Guido Gluschitsch, 13.2.2023)