Neue Fahrzeuge, die auf Europas Straßen unterwegs sind, müssen künftig sauberer werden – und das noch vor dem Aus für Verbrenner ab 2035. Schließlich blasen Autos nicht nur klimaschädliche Emissionen in die Luft. Der Straßenverkehr trägt zudem zu einem Gutteil der Luftverschmutzung bei, was wiederum die Gesundheit der Bürger und Bürgerinnen bedroht. Und das laut EU-Kommission erheblich.

"Wir können keine Gesellschaft akzeptieren, in der die Belastung durch Luftverschmutzung allein in der EU-27 jährlich für mehr als 300.000 vorzeitige Todesfälle verantwortlich ist", sagte die für die Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsidentin Margrethe Vestager. Im vergangenen November hat die EU-Kommission ihre Vorschläge für eine schärfere Abgasnorm vorgelegt. Dieser Tage lief eine Frist für Stellungnahmen ab, was in Autoländern wie Deutschland zu heftigen Diskussionen führte. Nicht zu schaffen, so lautete der Tenor in der Autoindustrie. Jobs seien bedroht, Autos würden viel teurer.

Der Marktanteil von E-Fahrzeugen steigt. Deswegen sollen auch sie von der neuen Abgasnorm erfasst werden.
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Doch was ist geplant? Derzeit regelt die Abgasnorm Euro 6, wie viele Schadstoffe ein neu zugelassenes Fahrzeug verursachen darf, geht es nach der Kommission, wird sie ab Juli 2025 von der Euro-7-Norm abgelöst. Sie betrifft Pkws ebenso wie Lkws, Kleinlastwagen und Busse, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß und Geschwindigkeit. Und es geht weniger um Klima und CO2-Ausstoß als vielmehr um gesundheitsschädliche Stickoxide. 35 Prozent weniger Stickoxidemissionen (NOx) durch Pkws bis 2035 lautet das Ziel von Euro 7. Bei Bussen und Lkws soll der Wert ab 2027 um mehr als die Hälfte (56 Prozent) sinken.

Bremsen und Reifen

Gibt es bisher getrennte Emissionsvorschriften für Pkws und leichte Nutzfahrzeuge (Euro 6) sowie Lkws und Busse (Euro VI), sollen mit der neuen Norm die Emissionsgrenzwerte für alle Kfz gelten. Es gelten also die gleichen Limits, unabhängig davon, ob ein Fahrzeug durch Benzin, Diesel, Strom oder alternative Kraftstoffe angetrieben wird. Grundsätzlich sollen nur noch Dieselfahrzeuge zugelassen werden, die nicht mehr als 60 Milligramm Stickoxid pro Kilometer ausstoßen – so viel wie Benzinautos heute.

Und die Norm geht über die Regulierung der Auspuffemissionen hinaus und legt zusätzliche Grenzwerte für Partikelemissionen von Bremsen und Vorschriften für Mikroplastikemissionen von Reifen fest. Auch E-Autos wären von den Regeln damit betroffen. Das Argument der Kommission: Reifen- und Bremsenabrieb würden bei E-Fahrzeugen die größten Emissionsquellen darstellen. Nicht unerheblich angesichts wachsenden Marktanteils.

Die EU-Kommission will, dass die Grenzwerte unter allen Bedingungen eingehalten werden: auch auf kurzen Strecken, bei Kälte oder bei der Fahrt auf den Berg. Zur Erinnerung: Abschalteinrichtungen waren Auslöser für den Dieselskandal.
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Die Partikelemissionen aus dem Auspuff sollen um 13 Prozent bei Pkw und Transportern sowie um 39 Prozent bei Bussen und Lkws sinken, während jene aus den Bremsen eines Pkw um 27 Prozent reduziert werden sollen. Der Vorschlag regelt auch die Haltbarkeit der in den Stromern verbauten Batterien, "um das Vertrauen der Verbraucher in batteriebetriebene Elektrofahrzeuge zu stärken", wie die Kommission begründet. Nach fünf Jahren oder 100.000 Kilometern dürfte demnach die Speicherkapazität der Batterie nicht unter 80 Prozent des Anfangswerts fallen, nach acht Jahren nicht unter 70 Prozent.

Verschärfte Bedingungen

Dazu kommt ein weiterer Punkt. Die EU-Kommission will, dass die Grenzwerte unter allen Bedingungen eingehalten werden: auch auf kurzen Strecken, bei Kälte oder bei der Fahrt auf den Berg. Zur Erinnerung: Abschalteinrichtungen waren Auslöser für den Dieselskandal. Utopisch, kontert der deutsche Branchenverband VDA und warnt vor Produktionsausfällen und Angebotsengpässen.

Zweifel gibt es auch an den von der Kommission veranschlagten Mehrkosten: für Pkws um durchschnittlich 120 Euro, für Lkws um 2700 Euro. Das deutsche Verkehrsministerium kommt jedoch auf 400 Euro für ein Mittelklasseauto und zwischen 2500 und 4000 Euro für schwere Nutzfahrzeuge. Bis sich EU-Staaten und Europaparlament auf eine gemeinsame Linie verständigen, könnte sich an dem Vorhaben aber ohnehin noch einiges ändern. (Regina Bruckner, 13.2.2023)