Wer nicht in der freien Wildbahn übernachtet, darf sich nun auch im Winter viel Komfort auf Campingplätzen erwarten.

Foto: Camping Seiser Alm / Fabian Dalpiaz

Kitzbühel, Davos, Seiser Alm – wohin man auch blickt, die Camper erobern gerade die Nobelskiorte. Wer in der Früh die Gondelbahn betritt, sieht auf dem Parkplatz der Talstation jemanden aus einem Wohnmobil steigen; wer beim Langlaufen an gnädig eingeschneiten Campingplätzen vorbeizieht, erblickt viele belegte Stellplätze. Und wer in der Sauna überhaupt nur auf Camper trifft, ist wahrscheinlich selber einer – denn immer mehr Campingplätze bieten ihrer Kundschaft in der kalten Jahreszeit Wellness als zusätzliches Lockmittel.

Wohnmobile boomen

Wintercampen hat seinen Freakfaktor in der Pandemie abgelegt und ist seither zu einem mehrheitsfähigen Phänomen geworden. In der vergangenen Saison wurden auf heimischen Campingplätzen zwischen November und April bereits mehr als 700.000 Nächtigungen gezählt. Aber wen wundert’s bei so viel neu angeschafften Fahrzeugen. Alleine im ersten Pandemiejahr (bis April 2021) wurden in Österreich gut 200 Prozent mehr Wohnmobile zugelassen als im Jahr davor. Auch beim Nachbarn Deutschland schnellten die Neuzulassungen in die Höhe. Betrug die Zahl vor der Pandemie noch rund 50.000, cruisten 2021 schon mehr als 80.000 nagelneue Wohnmobile jährlich herum.

Der Grund dafür lag auf der Hand: Wohnmobile zählten zu den wenigen legalen Möglichkeiten, selbst im Lockdown zu verreisen. Die Nachfrage und die Anschaffungskosten stiegen folglich stark an, viele Hersteller kamen kaum mehr hinterher mit der Produktion. Jetzt, im ersten Winter, der wieder alle Reisefreiheiten bereithält, stellen die Neovagabunden fest: Ist schon ein bisserl teuer, so ein fahrendes Heim zum Herumstehenlassen. Also wird neuerdings auch im Winter die Welt im Wohnmobil erkundet.

Neue Nähe

"Viele haben die Vorteile des naturnahen Urlaubs erkannt und lassen sich nicht von niedrigen Temperaturen abschrecken", sagt Tomas Mehlmauer, Präsident des Österreichischen Camping Clubs, über den Trend. Doch nicht nur die Nähe zur Natur ist entscheidend, sondern auch jene zur Wintersportinfrastruktur. Etliche Campingplätze befinden sich in der Nähe zu Pisten oder Loipen.

Warum also zusätzlich zum teuren Skipass noch eine Unterkunft bezahlen, wenn der beheizbare Camper nur darauf wartet, endlich auch im Skiurlaub ausgefahren zu werden. So sind die Kitzbüheler Alpen nicht nur wegen der Streif ein Begriff, sondern auch bei Familien beliebt. Manche quartieren sich nun nahe der Talstation des Skigebiets Fieberbrunn ein, das zu einer der größten Skischaukeln Österreichs gehört. Dort existiert mit dem Camp Tirol ein komplett wintertauglicher Platz, auf dem auch bei niedrigen Temperaturen Fließwasser und sogar ein Direktanschluss für Gas zum Heizen zur Verfügung steht. Wer trotzdem nicht im Fahrzeug duschen will, bucht einen Stellplatz mit eigenem Bad oder erfrischt sich im Ganzjahresfreibad und wärmt sich danach wieder in der Saunalandschaft auf.

Skifahren und Wellnessen

Insgesamt mehr als 1200 Pistenkilometer nehmen skifahrende Camper ins Visier, die winters auf dem Campingplatz Seiser Alm in Südtirol festmachen. Dabei bietet alleine das Gebiet Gröden / Seiser Alm direkt vor der Wohnmobiltür genügend Pisten – mit dem Dolomiti Super Skipass kann man aber auch die elf anderen Gebiete im Verbund nutzen.

Auf Campingplätzen wie der Rinerlodge in der Schweizer Region Davos-Klosters kommen trotz fünf Skigebieten in der Nähe immer mehr Gäste, auch wegen alternativer Wintersportangebote – neben den Pisten sind hier auch Loipen, Eisfelder und Schlittenbahnen nachts beleuchtet.

Doch nicht nur die Eigentümer von Wohnmobilen nutzen ihre Fahrzeuge vermehrt im Winter, es gibt auch Menschen, die Camper als rollende Unterkunft neuerdings extra für den Ski- oder Outdoorurlaub anmieten. Das stellen jedenfalls vermehrt Anbieter wie Roadsurfer oder My Vanture fest, die Vans tage-, wochen- oder monatsweise vermieten.

Wintertaugliche Campingplätze

Mit großem Abstand am beliebtesten unter Wintercampern ist laut Österreichischem Camping Club übrigens Tirol. Gut die Hälfte aller Nächtigungen auf Campingplätzen im Winter entfällt auf dieses Bundesland. Zum einen hängt das mit der sehr guten Infrastruktur für Wintersportler zusammen, zum anderen dürften die tollen Nächtigungszahlen aber auch an einer der strengsten gesetzlichen Regelungen Europas liegen: In Tirol und weiteren Bundesländern ist Campieren außerhalb von Campingplätzen verboten. Während anderswo Tourengeher, die früh auf den Berg wollen und deshalb auf Parkplätzen in der Nähe übernachten, geduldet werden, ist das in Tirol gänzlich unerwünscht. Die Bergbahnbahnbetreiber in manch anderen Bundesländern haben sich dennoch daran gewöhnt, dass über Nacht Wohnmobile auf den Parkplätzen stehen – weil die Insassen die Ersten auf der Piste sein wollen.

Wer sich aber nicht nur geduldet, sondern dezidiert willkommen fühlen will, greift eben auf die wachsende Anzahl an wintertauglichen Campingplätzen zurück. (RONDO, Sascha Aumüller, 20.2.2023)