Der Konflikt zwischen der EU und der Regierung Polens hat auch bereits zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen das Land geführt.

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Brüssel – Im Streit mit Polen über die Prinzipien von Rechtsstaatlichkeit hat die EU-Kommission Klage beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) eingereicht. Ausgelöst wurde der Schritt durch Urteile des polnischen Verfassungsgericht vom Juli und Oktober vergangenen Jahres, mit denen Vorgaben von EU-Verträgen als verfassungswidrig eingestuft und ausdrücklich der Vorrang von EU-Recht vor nationalem Recht infrage gestellt wurden. Die EU-Kommission erklärte am Mittwoch, mit diesen Entscheidungen habe das polnische Verfassungsgericht gegen allgemeine Grundsätze verstoßen – wie den Grundsätzen der einheitlichen Anwendung von Unionsrecht und der Bindungswirkung von Urteilen des EuGH.

Anhaltender Konflikt

Die seit 2015 in Polen amtierende nationalistische und euroskeptische Regierung liegt mit der EU in größerem Stil in Fragen der Rechtsstaatlichkeit über Kreuz. Der Konflikt hat bereits dazu geführt, dass die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen das Land eingeleitet und Gelder zurückgehalten hat.

Im September hatte die Regierung in Warschau die Vorwürfe der EU-Kommission, die nun zu der Klage geführt haben, zurückgewiesen. Das polnische Verfassungsgericht selbst hatte Anfang Oktober unterstrichen, dass es das Recht habe, nicht nur die Verfassungsmäßigkeit des EU-Rechts zu überprüfen, sondern auch die Urteile des EuGH.

Die EU-Kommission erklärte am Mittwoch, nach Änderungen am Verfassungstribunal durch die Regierungspartei PiS entspreche das Gremium nicht mehr den Anforderungen eines unabhängigen und unparteiischen Tribunals. Dies sei auf Unregelmäßigkeiten bei Ernennungsverfahren von Richtern Ende 2015 und der Auswahl des Vorsitzenden Ende 2016 zurückzuführen. (Reuters, 15.2.2023)