Khartum ist die Hauptstadt eines wirtschaftlich am Abgrund stehenden, intern zerrissenen riesigen Landes – und gleichzeitig im Zentrum regionaler, sogar globaler Politik. Anfang Februar war der israelische Außenminister Eli Cohen zu Besuch im Sudan: Dabei wurde bekanntgegeben, dass das Abraham-Abkommen – der Normalisierungsvertrag – zwischen Israel und Sudan nun doch finalisiert werden soll. Ebenfalls konkretisiert wurden die Pläne, die beim Besuch des russischen Außenministers Sergej Lawrow vor wenigen Tagen öffentlich wurden: Russland will im Sudan am Roten Meer eine Militärbasis bauen.

Israels Außenminister Eli Cohen bei Sudans Juntachef Burhan.
Foto: Sudan Sovereignty Council Press Office/Handout via REUTERS

Über Ersteres – Sudans Frieden mit Israel – wird sich Washington freuen, über Letzteres weniger. Auf der anderen Seite liegt Saudi-Arabien mit fünf US-Stützpunkten.

Normalisierung mit Israel

Ursprünglich war der Sudan der dritte von vier arabischen Staaten, die sich ab Sommer 2020 zu einer Normalisierung mit Israel bekannten, nach den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Bahrain und noch vor Marokko. Eingefädelt hatte das US-Präsident Donald Trump im Rahmen seines "Deals des Jahrhunderts", der Israel und Arabern Frieden bringen sollte.

Der Sudan wurde für seine Zustimmung zu den "Abraham Accords" von der US-Liste der "State Sponsors of Terrorism" gestrichen und kam endlich an internationale Gelder. Allerdings blieb es bei einer Erklärung, die Umsetzung des im Sudan nicht populären Abkommens stockte. Manche im Sudan beklagten "Erpressung" durch Trump.

Mit dem Sturz der Regierung von Premier Abdalla Hamdok durch die Militärs im Oktober 2021 wurde der Prozess auch von außen gestoppt. Die internationale Hilfe vertrocknete nach dem Militärputsch auch wieder: bei einer sich verschlechternden sozialen und wirtschaftlichen Situation – unter anderem durch die schon vor dem Ukraine-Krieg anziehenden Lebensmittel- und Energiepreise – ein Desaster.

Burhan und sein Vize

Die Chefs der Militärjunta, General Abdel Fattah al-Burhan an der Spitze und sein aus dem Darfur-Krieg als Milizengründer bekannter Vize Mohammed Hamdan Dagalo (genannt Hemeti), stehen unter großem Druck, die Beziehungen zur zivilen Revolutionsbewegung Forces of Freedom and Change (FFC) zu normalisieren. Es braucht wieder einen zivilen Regierungschef. Das wissen auch die externen Sponsoren der Militärs, wie die VAE.

Allerdings tauchen immer öfter Uneinigkeiten zwischen Burhan und Hemeti auf. Ersterer gilt als der Mann Ägyptens, das eine Beteiligung von Zivilisten skeptisch sieht, Letzterer soll dem emiratischen Präsidenten Mohammed bin Zayed nahestehen.

Anfang Dezember wurde ein "Rahmenabkommen" zwischen Militärs und Teilen der FFC geschlossen, das zu einer Rückkehr der zivilen Regierung und zu Wahlen führen soll. Das wäre eine Voraussetzung für die offizielle Unterzeichnung des ausformulierten Abraham-Abkommens mit Israel – aber laut Militärs soll auch der Beginn des Baus der russischen Militärbasis so lange warten. Moskau wäre da wahrscheinlich nicht so heikel.

Ungenauer Fahrplan

Allerdings sind Fahrplan und Ziele des Rahmenabkommens vage, und gut zwei Monate nach dem Abschluss hat sich nicht viel getan. Für die interne Stabilität wichtige politische Kräfte machen nicht mit. Und es gibt Demonstrationen sowohl gegen den Deal der FFC mit den Militärs als auch gegen eine Normalisierung mit Israel.

Für Premier Benjamin Netanjahu, der Burhan bereits vor drei Jahren in Uganda traf, wäre sie nicht nur ein persönlicher Erfolg, sondern auch eine wichtige regionalpolitische Entwicklung. Im Fall des Sudan ist der Begriff "Friedensabkommen" wirklich zutreffend: Khartum war an den Kriegen gegen Israel aktiv beteiligt und 1967, nach dem Sechs-Tage-Krieg, Schauplatz des Treffens der Arabischen Liga, bei dem die "drei Nein" beschlossen wurden: kein Friede, keine Anerkennung, keine Verhandlungen mit Israel (allerdings ist diese Position der Liga längst revidiert).

Irans Tor nach Gaza

Der Sudan war in den 1990er-Jahren Aufenthaltsort von Osama bin Laden und Basis für den Iran bei seinen Waffenlieferungen an die Hamas im Gazastreifen. Deshalb gab es im Laufe der Jahre mehrere israelische Angriffe, auch direkt in Khartum, auf eine Munitionsfabrik. Israel engagierte sich zu der Zeit auch stark für einen unabhängigen Südsudan, der als strategischer Partner den Norden hätte ausgleichen sollen. Das jüngste Uno-Mitglied versank jedoch nach der Gründung 2011 in Chaos und internen Konflikten.

Die Iran-freundliche Politik wurde allerdings noch von Diktator Omar al-Bashir aufgegeben, der die Iraner 2016 aus dem Sudan warf und sich Saudi-Arabien zuwandte. Al-Bashir wurde im April 2019 nach dreißig Jahren an der Macht durch Massenproteste gestürzt. Danach begann das lange Ringen der Zivilisten mit den Militärs um Beteiligung an der Regierung.

Die Militärs konnten schon beim Umsturz 2019 auf Unterstützung der Muslimbrüder-feindlichen Staaten der arabischen Welt wie die VAE, Ägypten und Saudi-Arabien zählen: Denn es ging auch darum, den türkischen und den katarischen Einfluss in der Region zu schwächen.

Interne Verhältnisse normalisieren

Nun muss der Sudan aber, um wieder an Finanzhilfe zu kommen, die internen Verhältnisse normalisieren. Das heißt, er braucht zumindest eine zivile Fassade. Aber auch wenn das Rahmenabkommen umgesetzt werden sollte, wird sich das Militär der zivilen Kontrolle weiter zu entziehen wissen.

Burhan und Hemeti sollen ihre Posten an der Spitze eines Militärrats behalten. Das müssen sie auch, um ihre Immunität zu behalten: Teile der revolutionären FCC fordern hingegen, dass sie für die Tötung von Demonstranten und Demonstrantinnen – Frauen haben immer eine wichtige Rolle in der sudanesischen Zivilgesellschaft gespielt – zur Verantwortung gezogen werden.

Die Abraham-Abkommen der Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrains mit Israel, die im September 2020 in Washington unterzeichnet wurden, waren die ersten arabischen Friedensschlüsse seit jenem Jordaniens im Jahr 1994. Der erste war Ägyptens 1979 – zwölf Jahre nach den "drei Nein" von Khartum –, das dafür von der Arabischen Liga schwer bestraft wurde. (Gudrun Harrer, 17.2.2023)