Foto: APA/Eva Manhart

Vor einer Premiere ist Bogdan Roščić gemeinhin aus dem Häuschen. Das gibt der Staatsoperndirektor offen zu. Obwohl ihm am Donnerstag eine solche Premiere ins Haus stand, war Roščić – im Frack herausgeputzt auf dem roten Teppich stehend – dann doch nur "leicht angespannt", als wieder Ballgäste die Feststiege hinaufschritten. Roščić ist zwar bereits seit 2020 im Amt, wegen zweijähriger Corona-bedingter Zwangspause war der Opernball 2023 für ihn aber der erste in der Rolle als Gastgeber.

VIDEO: Jane Fonda präsentierte sich in weißer Ballrobe
DER STANDARD

Und als solcher hatte Roščić bei der Wiederbelebung des "Balls der Bälle" auch den einen oder anderen Zwischenfall wegzuatmen. Der vernachlässigbare war, dass die 171 Blumenarrangements und 480 Gestecke zwar rechtzeitig, aber nicht ganz so pünktlich in der Oper eingetroffen waren wie geplant.

Jane Fonda fühlte sich wie Cinderella, wie sie in einem der raren Interviews erklärte.
Foto: Regine Hendrich

Um einiges mehr fielen zwei andere Ereignisse auf: Klimaaktivistin Lena Schilling und ein Mitstreiter hatten es vor Ballbeginn auf den roten Teppich vor der Oper geschafft – und hielten ein Plakat mit den Worten "Ihr tanzt, wir brennen" hoch. An ihrer Seite: Schauspieler Michael Ostrowski – er verlangte "Power to the people". Später wurde auch auf der Stiege in der Oper ein Transparent entrollt.

Interviewscheue, aber angetane Fonda

Einer Aktivistin gelang es sogar, bis zu den Logen vorzudringen – wenn auch in einer anderen Funktion: Jane Fonda, Schauspielerin und diesjähriger Promiballgast von Richard Lugner. Sie hatte im Vorfeld die Staatsoper angefleht, "kein Geld mehr von einer Ölgesellschaft zu nehmen". Die 85-Jährige hat sich seit einiger Zeit dem Umweltschutz verschrieben, erst in Wien habe sie erfahren, dass die OMV den Ball unterstützt. Direktor Roščić fand das wenig charmant: Die Oper sei "ja keine Petro-Dollar-Waschmaschine", bemerkte er.

Die Verstrickungen von Ball und OMV waren für Fonda nicht die einzige Überraschung: Selbst als Lugner die Mimin im Grand Hotel nach einer Stärkung mit Schnitzel abgeholt hatte, offenbarten ihre Blicke noch eine gewisse Ratlosigkeit. Interviews verweigerte sie weitgehend – zeigte sich von dem Trubel aber durchaus angetan und fühlte sich "wie Cinderella".

Die versammelte Staatsspitze in der Mittelloge.
Foto: Regine Hendrich

Neben Lugners Balkon zog die Mittelloge die Aufmerksamkeit auf sich: Von dort verfolgte die österreichische Staatsspitze den Ball. Bundespräsident Alexander Van der Bellen nahm dort ebenso Platz wie Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), der den belgischen Premierminister Alexander De Croo zu Gast hatte. Ob der größte Klimaaktivist des Abends nicht der Bundespräsident sein sollte? "Na ja", sagte Alexander Van der Bellen im Gespräch mit dem STANDARD. "Sie bemüht sich sehr, die Jane Fonda."

Rote Provokation

Nicht zum Besuch des Opernballs durchringen konnte sich die große Mehrheit der grünen Regierungsmitglieder. Das habe sich "so ergeben", erklärte Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer. Wohl mit ein Grund: Die Grünen waren einst an den Demos um den Ball, der schon immer auch als Politikum gilt, beteiligt. Diese Proteste feierten dieses Jahr, organisiert von der Kommunistischen Jugend und der Partei Links, ebenfalls ein Comeback.

Die Opernballdemo feierte ein Comeback, mobilisiert hatten die Kommunistische Jugend und die Partei Links.
Foto: Christian Fischer

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) lobte den Opernball als "wichtige kulturelle Tradition" – und sorgte mit seinem Gast Alexander Wrabetz für Gerede. Der langjährige ORF-Generaldirektor und aktuelle Rapid-Präsident gilt neuerdings als Anwärter auf die rote Bundesparteispitze – ein Gerücht, das der Stadtchef mit der Einladung befeuerte.

Sein Büro dementierte derartige Spekulationen: Ludwig schätze den bekennenden Sozialdemokraten Wrabetz, derzeit werde über die künftige Finanzierung des ORF debattiert. Wrabetz Anwesenheit sei als Zeichen zur Stärkung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens zu verstehen, hieß es.

Schwarz-weißes Wechselspiel: Blick von oben in den Saal.
Foto: APA/Helmut Fohringer

Glatt lief alles bei der Eröffnung des Balls durch 288 Debütantinnen und Debütanten. Deren Darbietung und die darauffolgenden Auftritte von Staatsballett und Tanznachwuchs standen ganz im Zeichen von hundert Jahren Wiener Tanzmusik und Operette. Traditionsbewusst zeigten sich schließlich auch die insgesamt 5.150 Ballbesucherinnen und -besucher: Es wurde gewalzt wie eh und je. (Oona Kroisleitner, Katharina Mittelstaedt, Stefanie Rachbauer, 17.2.2023)