Seit Sommer 2022 lädt die Ausstellung "Was hat die Verfassung mit mir zu tun?" zur Auseinandersetzung mit Demokratie und Bundesverfassung ein.

Foto: Sophie Mooseder

Was hat die Verfassung mit mir zu tun? Eine Antwort auf diese Frage ist mitunter nicht so leicht zu finden. Vor allem Kinder und Jugendliche haben Schwierigkeiten, die österreichische Bundesverfassung zu verstehen und nachzuvollziehen, inwiefern diese im Alltag eine Rolle spielt. Aus diesem Grund will eine niederschwellige Ausstellung in der Wiener Seestadt Aspern Antworten liefern: Gleichheit, Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat werden in Comics auf bunten Bannern, die an Bauzäunen entlang des Seeufers befestigt sind, erklärt.

"Beim Spazierengehen, Joggen oder Sonnen sollen die Menschen zum Nachdenken angeregt werden", sagt Kuratorin Adina Seeger vom Jüdischen Museum Wien zum STANDARD.

Schwarzwälder Kirschtorte und Baiser erklären Menschen beim Spazierengehen, Joggen, Sonnen oder Baden, was die Verfassung im Alltag bewirkt.
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Dabei helfen die Lieblingsmehlspeisen von Hans Kelsen, dem sogenannten Architekten der österreichischen Verfassung. Schwarzwälder Kirschtorte und Baiser beantworten etwa die eingangs gestellte Frage: Die Verfassung "regelt nicht nur, wie der Staat funktionieren soll, sondern sie gibt uns allen auch Rechte."

Durch die kreative Aufbereitung sollen vor allem Jugendliche zu einer Auseinandersetzung mit diesem Thema angeregt werden. "So treffen wir eine Zielgruppe, die sonst vielleicht nicht in unser Museum gegangen wäre", sagt Barbara Staudinger, Direktorin des Jüdischen Museums.

Zahl der Wahlberechtigten sinkt

Folgt man den Bannern weiter, wird näher auf das allgemeine Wahlrecht, das Frauenwahlrecht sowie den Kampf für Homosexuellenrechte eingegangen. Ersteres ist vor allem in der Seestadt ein großes Thema: Bei der Bundespräsidentschaftswahl 2022 waren mehr als 40 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner nicht wahlberechtigt. "Aber Demokratie ist mehr als wählen gehen. Du kannst zum Beispiel deine Meinung sagen und dich für etwas einsetzen", ermutigt die Schwarzwälder Kirschtorte. "Ah, politisches Engagement", resümiert das Baiser.

"Demokratie ist mehr als wählen gehen", sagt die Schwarzwälder Kirschtorte.
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Nichtsdestotrotz findet die Politikwissenschafterin Tamara Ehs klare Worte für die hohe Zahl an Nicht-Stimmberechtigten: "Das ist ein demokratiepolitischer Skandal." Dem stimmt auch der Wiener Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) zu: "Wien wächst, es gibt aber immer weniger Menschen, die wählen dürfen. Das führt zu einem Demokratiedefizit." Daher sei es besonders wichtig, den Leuten zu zeigen, was Demokratie noch alles beinhaltet.

Ende in Sicht

Noch bis Anfang März können die Comics besichtigt werden, dann müssen die Banner Baggern und Co Platz machen, weil die Seestadt erweitert wird. Doch laut dem Jüdischen Museum Wien sind bereits Ausstellungen an weiteren Standorten in Wien geplant. "Für jedes Museum ist es wichtig, in die Community zu gehen. Das ist moderne Kulturarbeit", sagt Staudinger. (Sophie Mooseder, 22.2.2023)