Infineon-Austria-Chefin und FEEI-Vize Sabine Herlitschka setzt auf Chips made in Austria.

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Hochtechnologien gelten als die Zukunftsbranchen. Europa will hier den Anschluss nicht verlieren und sich auch gegen Nachschubprobleme und Produktionsengpässe wegen ruckelnder Lieferketten besser wappnen. Mit dem "European Chips Act" will die EU-Kommission gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten mehr als 40 Milliarden Euro freimachen, um die Produktion deutlich zu steigern. Die Wirtschaftskammer (WKO) fordert eine umgehende Umsetzung. Doch die Mitgliedsstaaten stimmen sich noch ab.

Grüne Wende

Die Technologien – von Halbleitern über Mikrochips bis hin zu eingebetteter Software – finden sich nicht nur in Gebrauchsgegenständen wie Mobiltelefonen, Laptops, Autos, Reisepässen oder E-Cards. Sie sind auch unverzichtbar, will man die grüne und die digitale Wende erfolgreich umsetzen. Photovoltaik-Anlagen, nachhaltige Produktion, E-Mobilität – all das benötigt Hochtechnologie.

Die EU kämpft hier nicht nur gegen ostasiatische Giganten an, sondern auch gegen die USA. Dort fließen über den US-Chips-Act mehr als 50 Milliarden Dollar, um die Produktion abzusichern, zu modernisieren und auszubauen. Europa will seinen Anteil an der weltweiten Produktion von Halbleitern dank des europäischen Chip-Gesetztes auf 20 Prozent verdoppeln.

2020 wurden weltweit eine Billion Chips hergestellt – davon zehn Prozent in der EU. Die Nachfrage dürfte sich bis 2030 verdoppeln. In Österreich gilt beispielsweise das deutsche Unternehmen Infineon mit seinem Standort in Villach in Kärnten als einer der modernsten und größten Chiphersteller.

Konkurrenzfähig

"Der europäische Chips Act bietet jetzt die Chance, Österreich noch attraktiver für Hochtechnologien zu machen", sagte der Chefökonom des IT-Giganten Fujitsu, Martin Schulz, am Mittwoch bei einer Veranstaltung der Wirtschaftskammer und des FEEI, dem Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie. "Europas Stärken liegen in der spezialisierten Einbindung in globale Lieferketten für Halbleiter in Zukunftsmärkten, wie der Elektromobilität, nachhaltigen Produktion, KI und Edge-Computing. Der Chips Act kann hier Türen öffnen, die dann von den Unternehmen mit dem zielgerichteten Aufbau von globalen Partnerschaften genutzt werden", so der Experte.

Die globale Chipkrise habe zu einem weltweiten Weckruf geführt, sagte Schulz. Halbleiterproduktion dürfe während der digitalen Transformation nicht vergessen oder dem billigsten Anbieter überlassen werden.

Der letzte Chipmangel führte direkt zu Produktionsausfällen in Europa. Betroffen waren – und sind zum Teil auch noch – alle Wirtschaftsbereiche wie Automotive, Kritische Infrastrukturen, Energiesysteme, Medizin oder Maschinenbau. Darob drängt der scheidende Siemens-Österreich-Chef und WKO-Vizepräsident Wolfgang Hesoun, den European Chips Act umgehend umzusetzen und diesen auch mit ausreichend finanziellen Mitteln zu dotieren: "Vor dem Hintergrund einer beunruhigenden Gemengelage aus gestiegenen Energiekosten, geopolitischen Risiken und instabilen Lieferketten müssen jetzt alle Energien darauf gerichtet werden, eine ausfallsichere Produktion in Europa zu gewährleisten." Dafür brauche es einen europäischen Schulterschluss und eine gesamteuropäische Strategie, die innereuropäische Fairness garantiert.

Kampfansage

Infineon-Austria-Chefin und FEEI-Vize Sabine Herlitschka hob Austro-Innovationen im Chipsektor hervor. "Allein im Jahr 2020 wuchs der weltweite Internet-Datenverkehr um über 40 Prozent. Dank innovativer Chips made in Austria bleibt der Energieverbrauch aber annähernd gleich." Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) meinte, dass der Wirtschaftsstandort Österreich im Bereich der Halbleitertechnologie einer der führenden Standorte in Europa sei. "Dadurch werden langfristig hochqualitative Arbeitsplätze gesichert und Wohlstand generiert." Ein Austausch mit Branchenvertreterinnen sei wichtig, um mit den richtigen Maßnahmen zu unterstützen – und "um unseren Wettbewerbsvorteil zu halten".

Das EU-Chip-Gesetz, das durch politikgesteuerte Investitionen in Höhe von 43 Milliarden Euro flankiert werden soll, soll zusätzliche öffentliche und private Investitionen in Höhe von mehr als 15 Milliarden EUR bewirken. Aus Sicht der EU-Kommission sei damit zurechnen, dass eine ähnliche Summe durch langfristige private Investitionen noch dazu komme. (APA, 23.2.2023)