LASK-Spieler Marin Ljubicic feiert sein Elfertor gegen Austria Lustenau. Den Penalty hätte es nicht geben dürfen.

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Wien – Keine Saison ohne Schiedsrichterdiskussion. Die jüngsten zwei Runden der Fußball-Bundesliga hatten es für die Unparteiischen in sich. Nach der 18. Runde vor einer Woche räumte die Liga drei grobe Fehleinschätzungen ein. Am vergangenen Wochenende war es ein kurioser LASK-Elfer zum 1:0-Sieg gegen Austria Lustenau, der für Aufregung sorgte. Schiedsrichter-Chef Robert Sedlacek sah "Fehler, die nicht hätten passieren dürfen". Die betroffenen Lustenauer fordern einen runden Tisch.

"Sie sind im Großen und Ganzen einfach schlecht, das muss man jetzt einfach einmal so sagen", zürnte Verteidiger Raffael Behounek von der WSG Tirol am Sonntag über Österreichs Referees. Den Tatbestand einer Beleidigung sah die Liga dadurch nicht erfüllt. Behounek muss nicht mit einer Strafe rechnen, wie Vorstandschef Christian Ebenbauer am Montagabend in der Sky-Sendung "Talk & Tore" erklärte. Zum Fehler, der beim Spiel in Linz passiert sei, gebe es keine zwei Meinungen, so Ebenbauer. "Die Fehlentscheidung war leider eine fatale."

"Folgenschwerer Fehler"

Mehr Verwunderung als über seinen Pfiff herrschte darüber, warum Referee Harald Lechner sich die entscheidende Szene nicht selbst auf dem Bildschirm angeschaut hatte. Sein Videoassistent (VAR) Christian-Petru Ciochirca hatte ihn nicht dazu veranlasst – ein "folgenschwerer Fehler", wie dieser auf Sky gestand. Lechner hätte ihm seine Wahrnehmung von Beinstellen geschildert, nur dem sei er nachgegangen. Eine Einstellung hätte diese Interpretation zugelassen, erklärte Ciochirca. "Ich habe das große Ganze aus dem Blick verloren durch die Prüfung der Bilder und bin auf die falsche Fährte gekommen."

Sowohl Lechner, Österreichs bester Referee, als auch Ciochirca haben sich bei den Lustenauern entschuldigt. Er wolle sich in Zukunft weniger Zeitstress auferlegen, lautete Ciochircas Erkenntnis. Es gelte, "nicht die Qualität der Arbeit der Geschwindigkeit wegen zu vernachlässigen". Der VAR sei grundsätzlich eine große Hilfe für Schiedsrichter. "Diese Entscheidung war leider keine Werbung, dessen bin ich mir bewusst."

Dabei ist Ciochirca laut Sedlacek ein Mann mit guten Zeugnissen. "Er wird auch von der Uefa angefragt und bei Europa-League-Spielen oder Länderspielen als VAR eingesetzt. Er ist keiner, der es nicht kann", betonte der Vorsitzende der ÖFB-Schiedsrichterkommission. Er sah eine Häufung von Fehlern. Der Blick müsse nun nach vorne gehen: "Es nützt jetzt nichts, irgendwen zu bestrafen. Wir können nur schauen, was wir verbessern können."

"Hemmschwelle" für den Gang zum Schirm

Ein Kritikpunkt bleibt, dass die Hauptschiedsrichter im Fall einer "on-field review" einen kleinen Abzug in ihrer Gesamtnote erhalten. Dies ist von der Fifa so vorgegeben. "Die Note kann nicht besser werden, wenn man es im zweiten Versuch löst", sagte Sedlacek zum Prozedere. Beinbruch sei dies grundlegend keiner. Es gebe aber nach wie vor eine "Hemmschwelle", den Gang zum Schirm anzutreten. Diesbezüglich sei es wichtig, bei den Lehrgängen der Unparteiischen weiter darauf hinzuweisen, dass Fehler passieren können. Wichtiger sei, diese auch mithilfe der neuen Möglichkeiten auszubügeln.

Dass der VAR prinzipiell das Leben der Schiedsrichter leichter macht, bewies die Partie zwischen dem WAC und Rapid (1:2) am Sonntag. Zwei Tore der Wiener wurden nach minutenlangem Videostudium auf mögliche Abseitsstellungen gegeben. Werden solche Entscheidungen durch die Technik erleichtert, bleiben jene bei strittigen Situationen im Strafraum oder Foulvergehen jedoch Ermessenssache. Grundlegend sah Sedlacek den Umgang mit dem VAR in Österreich vergleichsweise im europäischen Mittelmaß. "Wir liegen im Durchschnitt. Es gibt pro Runde eineinhalb, zwei Entscheidungen, die hinterfragt werden."

Eine oft geforderte Professionalisierung des Schiedsrichterwesens in Österreich sieht Sedlacek als schwieriges Unterfangen. Über 15 Schiedsrichter müssten ihrer Arbeit dann hauptamtlich nachgehen. Es bleibt die Frage, wer für die Gehälter aufkommen soll. "Sicher wünschen wir uns einen Profispielbetrieb. Aber ob das machbar ist, ist fraglich." Laut Ebenbauer sei die Frage, ob man überhaupt genug Schiedsrichter finde, die bereit wären, den Job hauptberuflich zu machen.

"Deutlicher Optimierungsbedarf"

Als Hauptpunkt sieht der Ligavorstand die Rekrutierung neuer Referees. "Das Problem ist, dass wir in der Basis schon keine Schiedsrichter haben", meinte Ebenbauer. "Wir müssen diesem Berufsbild und dieser Freizeitaktivität mehr Ansehen verleihen." Eine breitere Basis habe auch mehr Qualität zur Folge. Am VAR will er festhalten – auch wenn die Kosten mit 1,5 Millionen Euro jährlich massiv sind. "Es ist unfragwürdig, dass der Videoschiedsrichter wichtig und gut ist. Aber dass er besser werden muss, auch", sagte Ebenbauer.

Das sieht auch Austria Lustenau. "Aus unserer Sicht hat sich aber in den letzten Wochen gezeigt, dass es beim VAR in Österreich deutlichen Optimierungsbedarf gibt", hieß es in einer von Bernd Bösch gezeichneten Stellungnahme des Klubvorstandes. Die Lustenauer regten einen runden Tisch von Vertretern von Klubs und Schiedsrichtern an. Ziel der Initiative seien mehr Klarheit rund um den Einsatz der "on-field review", eine Verbesserung des Bewertungssystems der Schiedsrichter und eine transparentere Darstellung der VAR-Entscheidungen für die Öffentlichkeit.

"Es wird durchgehend gesprochen. Wir haben keine Woche, in der wir nicht mit dem ÖFB und den Schiedsrichterverantwortlichen des ÖFB sprechen", entgegnete Ebenbauer. Zuletzt sei Sedlacek vor eineinhalb Jahren bei einer Klubkonferenz der Liga zugegen gewesen. Ebenbauer: "Das werden wir wieder machen, weil der direkte Austausch wichtig ist." (APA, 28.2.2023)