Der Kärntner ÖVP-Obmann Martin Gruber sieht sich als "bodenständig" und als durchaus "moderner Politiker". Er will in jedem Fall weiterregieren.

Foto: Ferdinand Neumüller

Der Kärntner Landesrat Martin Gruber ist verkühlt, aber da muss er durch. In wenigen Tagen wird gewählt, und es wird auch die Frage geklärt werden, ob die ÖVP stark genug werden wird, um noch einmal als Koalitionspartner für die SPÖ infrage zu kommen. Gruber lässt, wie auch Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), erkennen, dass er einer Fortsetzung der Regierungszusammenarbeit nicht abgeneigt ist. Obzwar SPÖ und ÖVP etwa in der Frage der Zukunft des Flughafens diametral auseinanderliegen. Gruber will den Airport wieder zur Gänze ins Landeseigentum zurückführen, Kaiser ist dagegen. Politisch sieht sich Gruber als "bodenständig", vom Gendern hält er relativ wenig.

STANDARD: Warum tut sich die ÖVP in Kärnten so schwer? Bis auf den kurzen Aufschwung mit Sebastian Kurz kommt die Partei seit Jahren nicht vom Fleck.

Gruber: Das ist historisch so gewachsen. Wir waren nie die stärkste Partei. Ich kann es nicht wirklich erklären und nachvollziehen. Wir haben aber zweimal den Landeshauptmann gestellt, aus der dritten Position heraus. Das war allerdings eine andere Konstellation. Es ging damals darum, einen freiheitlichen Landeshauptmann zu verhindern. Miterlebt habe ich das seinerzeit ja noch nicht. Ich bin 39 Jahre alt, damals habe ich noch, als der Landeshauptmann unsere Gemeinde besucht hat, als Schüler ein Gedicht aufgesagt.

STANDARD: Im Rückblick auf die letzten Jahre: Hat es mit der SPÖ in der Koalition gepasst? Empfiehlt sich die Zusammenarbeit für eine weitere Periode? Landeshauptmann Peter Kaiser scheint ja nicht abgeneigt zu sein.

Gruber: Ehrlich gesagt, die Zusammenarbeit war grundsätzlich keine schlechte, auch wenn wir in gewissen Punkten weit unterschiedlicher Auffassung waren. Aber die Kooperation war auf Augenhöhe. Für die Zukunft möchte ich aber nicht einem Entscheid der Wählerinnen und Wähler vorgreifen, das maße ich mir nicht an. Vor dem Wahltag schließe ich die Zusammenarbeit ganz grundsätzlich mit niemandem aus.

STANDARD: Das heißt, Sie wollen in jedem Falle, mit wem auch immer, weiterregieren?

Gruber: Natürlich, das ist auch unser erklärtes Ziel, in der Regierung mit am Tisch zu sitzen. Vor allem auch als bürgerliches Korrektiv. Ich denke da nur an den Genderleitfaden für die Landesverwaltung, der dann zurückgezogen worden ist. Ich meine, ich bin ein Nebenerwerbslandwirt und lasse mich nicht als "Beschäftigter einer Land- und Forstwirtschaft" bezeichnen. Das ist eine Verhunzung der deutschen Sprache sondergleichen. Und eine ideologische Bevormundung.

STANDARD: Auch Team-Kärnten-Chef Gerhard Köfer möchte gerne Landeshauptmann werden. Das ginge nur, wenn es eine Mehrheit jenseits der SPÖ gäbe und Sie für ihn stimmten. Könnten Sie sich vorstellen, Köfer zum Landeshauptmann zu wählen?

Gruber: Meine Leitlinie ist: Gespräche mit allen führen. Wer weiß, was sich am Wahlabend ergibt? Aber ein Wort zu Gerhard Köfer: Seinen Anspruch, Landeshauptmann werden zu wollen, – Köfer liegt momentan noch bei fünf Prozent –, halte ich wirklich für vermessen.

STANDARD: Sie wollen den Flughafen zur Gänze zurück in den Landesbesitz führen, quasi reverstaatlichen. Ist das für eine Unternehmerpartei wie die ÖVP nicht etwas seltsam? Das würde man doch eher von der SPÖ vermuten.

Gruber: Da geht's um Grundsätzliches. Es gilt, den Airport abzusichern, und das sehe ich mit dem privaten Mehrheitseigentümer, dem Investor Franz Peter Orasch, nicht. Eine Unternehmerpartei wie die ÖVP kann es nicht verantworten, dass Vermögen, das der Allgemeinheit anteilig gehört, weit unter dem Wert verscherbelt wird – und trotzdem zum Schluss kein Flugverkehr stattfindet. Die Flüge werden ausgedünnt, es findet keine Entwicklung des Airports statt. Es geht vor allem um Grundstücke beim Airport. Im schlimmsten Fall, wenn der Flughafen insolvent wird, ist es die Pflicht des Landes, die Anteile wieder zu übernehmen. Dann hätte die Politik in Kärnten es geschafft, die Grundstücksgewinne zu privatisieren und die Aufgaben und das Risiko zu verstaatlichen. Warum da SPÖ und FPÖ mitspielen, weiß ich nicht, und ich verstehe es auch nicht. Ich sehe viel Potenzial in einem neuen Management, das vom Fluggeschäft eine Ahnung hat.

STANDARD: Sie glauben also, dass ein Flughafen Klagenfurt umringt von regionaler Konkurrenz bestehen kann?

Gruber: Auf jeden Fall. Wir haben ja starke Industrien und quasi Flugpendler, die internationale Hubs brauchen.

STANDARD: Sie plakatieren, Sie seien "Der Mutmacher". Wem wollen Sie denn Mut machen? Der ÖVP, Ihrer Partei?

Gruber: Nein, den Kärntnerinnen und Kärntnern, damit sie nicht auf die linkslinken Träumer und auf die rechten Hetzer hören. Die permanent sagen, dass die Welt untergeht.

STANDARD: Sie werben auch für sich als einen bodenständigen Menschen. Was ist für Sie "bodenständig"?

Gruber: Das bedeutet für mich verbunden und verwurzelt sein in der Region. Ich bin ein Politiker, der bei Wünschen auch einmal Nein sagt. Was man bei Politikern schon selten sieht. Und: Ich bin durchaus ein moderner Mensch.

STANDARD: Die ÖVP hatte zuletzt 15,5 Prozent. Laut Umfragen wird das nicht zu halten sein. Ihr Tipp?

Gruber: Erstens steht fest, dass ich Umfragen grundsätzlich nicht glaube. Natürlich, unser Stand ist ein schwieriger. Wir werden in der Regierung für alles verantwortlich gemacht. Und da spielt auch das Angstmachen von der Opposition, das Teufel-an-die-Wand-Malen eine Rolle. Wenn ich dem Herrn Kickl zuhöre, dann steigt mir die Ganslhaut auf.

STANDARD: Es ist zu hören, dass es innerhalb der ÖVP schon einige Obmanndebatten gibt. Vor allem wenn die Wahl schlecht ausgeht, sollen Diskussionen um die Parteiführung losbrechen.

Gruber: Das Einzige, was wir in der ÖVP niemals hatten, war eine Führungsdiskussion. Ich bin wirklich so gefestigt in der Partei. Ich habe nicht einmal im Ansatz irgendeine Diskussion darüber vernommen oder gehört. (Walter Müller, 1.3.2023)