Fart-House-Cinema oder Grammys – Weird Al Yankovic ist überall. Am kommenden Montag erstmals in Wien.

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Zu den ehernen Gesetzen des Rock 'n' Roll gehören diese beiden: Du wirst nichts mit einer Coverband. Höchstens ein Loser, du Loser. Und: Grab ein tiefes Loch, und schmeiß dein verdammtes Akkordeon hinein. Und wenn du noch eine Polka spielst, landest du ebenfalls dort.

Mit wenigen großzügig betrachteten Ausnahmen halten diese beiden Vorgaben bis heute. Nur einer hat sie vollkommen über den Haufen geworfen. Alfred Matthew Yankovic, "Weird Al" Yankovic genannt. Er hat mit Polka-Medleys am Akkordeon einerseits und Coverversionen Karriere gemacht, und das ist tiefgestapelt. Weird Al Yankovic ist ein Popkulturphänomen, ein Weltstar. Er ist eine Figur wie sein Namensvetter Alfred E. Neumann, wie Homer Simpson, wie … wie Weird Al Yankovic.

Nichts ist zu blöd

An die 15 Millionen Platten hat er verkauft, in dem er populäre Hits zu populären Coverversionen entfremdete und liebevoll vertrottelte. Dabei zehrte er von einem Humor, der sich an dem erwähnten Alfred E. Neuman aus den Mad-Comics ebenso geschult hat wie an brachialen-originellen Satireformaten wie Saturday Night Live. Nichts ist zu blöd, wenn jemand deshalb lacht.

Weird Al Yankovic, Phänomen, Weltstar.
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Seit den frühen 1980er-Jahren begleiten seine Coverversionen die Popmusik wie ein Schatten: Damals machte er aus Michael Jacksons Beat It ein hüftgoldenes Eat It, aus Madonnas Like a Virgin einen intensivmedizinischen Notfall (Like a Surgeon) oder aus Queens Another One Bites the Dust das seine Karriere lostretende Another One Rides the Bus. Nun kommt dieses seltsame Original erstmals nach Österreich: Kommenden Montag gastiert Weird Al Yankovic im Wiener Gasometer.

Einen Fitnessteller, bitte.
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Der Kalifornier mit kroatischen Vorfahren spielt als Weird Al den Außenseiter, den Geek. Die Natur hat ihn mit argen Locken geprüft, lange unterstrich ein zeitlos ungeiler Oberlippenbart den Look des Leptosomen. Hinzu kamen Hemden, wie sie übermütige Pensionisten bei Partys im betreuten Alterswohnsitz in Florida tragen. Doch Yanko erwies sich als Außenseiter auf der Überholspur.

"Bad" wird "Fat"

Seine Karriere verlief entlang der Segnungen, die MTV brachte. Er coverte nicht nur Hits and Shits, er produzierte dazu angepasste Video-Persiflagen. Michael Jackson Bad wurde bei ihm zu einem fettarschigen Fat – samt einer dazupassenden Gang, die ihre Bodys nicht durch den U-Bahn-Zugang bringt.

Verdammte U-Bahn-Schranken!
Topaz Addict

Über 150 solcher Parodien hat er veröffentlicht, streberhafterweise hat der juvenile 63-Jährige über die Jahre auch einige Originalsongs in sein Repertoire geschummelt. Nobody is perfect.

Yankovics Parodien waren bald so populär, dass sie von den betroffenen Acts als Auszeichnungen wahrgenommen wurden. Als er aus Smells Like Teen Spirit ein Smells Like Nirvana schuf, frohlockten Kurt Cobain und Co: Jetzt hätten sie es wirklich geschafft.

Fart House Cinema

Sogar Michael Jackson erwies sich als großzügiger Fan und ließ ihn Originalrequisiten nutzen, Madonna soll ihm den Titel zur Parodie Like a Surgeon selbst eingeflüstert haben – etwas, das er sich sonst stets verbietet. Bloß der kleine Prince erwies sich als Prinzessin und verweigerte sich Yankovics Avancen.

Als Nirvana es wirklich geschafft hatten.
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Einen seiner größten Hits hatte der privat als schüchtern beschriebene, vielfache Grammy-Gewinner mit Amish Paradise, eine Deutung von Coolios Gangsta's Paradise, wegen der der Rapper Coolio Yankovic zuerst gram war – später bereute er sein Verhalten.

Das Phänomen Yankovic sickerte schnell in andere Bereich der Popkultur. Er tauchte in der Fart-House-Cinema-Trilogie Die nackte Kanone auf, in Halloween II von Rob Zombie und etlichen TV-Serien – meist als er selbst – und zog so Kreise von erstaunlicher Breitenwirkung und kompensierte damit zugleich die abnehmende Bedeutung von MTV.

Fanboy Daniel Radcliffe

Al Yankovic ist vielleicht der einzige Kreative da draußen, der mit Paul McCartney, David Bowie und der Jon Spencer Blues Explosion gespielt hat. Der einzige, der nach einer Top-Fourty-Parodie eine auf Polka getrimmte Nummer der Hardcore-Band Bad Brains spielt.

Coolio fand das zuerst gar nicht funny, ruderte aber dann zurück.
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Über vier enorm produktive Jahrzehnte haben dem mit Frau und seiner 19-jährigen Tochter in Los Angeles lebenden Star eine immense Fanbasis beschert. Zu der zählt Daniel Radcliffe.

Bio-Picture mit Geschmack

Der frühere Harry Potter-Darsteller spielte im Vorjahr die Rolle des Weird Al in der Biografie Weird: The Al Yankovic Story. 18 Drehtage waren für den Film anberaumt. Radcliffe erzählte in einem Porträt in der New York Times, dass er bei Harry Potter oft zwei Wochen an einer Einstellung gedreht hätte.

Daniel Radcliffe und seine Realvorlage Weird Al.
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Daneben arbeitet Yankovic als Stimme für Serien und Spiele, schreibt Bücher, veranstaltet Webauftritte und, und, und. Eine Tour muss wie ein Urlaub für ihn sein. Das Wien-Konzert ist das letzte seiner Europatournee. Nach Vienna, Austria, geht’s weiter nach Melbourne, Australia. Wie groß seine Fanbase hierzulande ist? Keine Ahnung.

In Australien ist sie riesig. Vielleicht ist der Auftritt in Wien nur ein "lucky mistake". – Egal. Man sollte die Gunst der Stunde nutzen. Vielleicht kommt sie nie wieder. (Karl Fluch, 2.3.2023)