Eine Führungskraft des ORF klagt den ORF, der habe sie beruflich benachteiligt.

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Wien – Kommenden Freitag befasst sich das Arbeits- und Sozialgericht Wien in einer zweiten Verhandlung mit der Klage einer ORF-Managerin, die sich vom ORF in ihrem beruflichen Fortkommen benachteiligt sieht. Die ORF-interne Gleichbehandlungskommission befasste sich nach STANDARD-Infos bereits mit Vorwürfen der Managerin über eine behauptete verbale Belästigung durch einen früheren Chef. Die Kommission konnte nicht feststellen, ob diese Belästigung stattgefunden habe.

Worum geht es?

Ein ORF-Mitarbeiter und eine ORF-Mitarbeiterin arbeiteten über viele Jahre und berufliche Funktionen im öffentlich-rechtlichen Medienkonzern zusammen, er über einige Managementpositionen, sie als Stellvertreterin oder unmittelbare Mitarbeiterin.

2017 kommt es zum Konflikt zwischen den beiden, der auch ORF-intern dokumentiert ist. Laut der auf Arbeitsrecht spezialisierten, den ORF vertretenden Rechtsanwältin Katharina Körber-Risak erhob die Mitarbeiterin 2019 Vorwürfe, der damalige ORF-Manager habe sie in Gesprächen verbal belästigt.

"Verdacht sexuell konnotierter Wortwahl"

Sie wendet sich an die interne Gleichbehandlungskommission des ORF. Diese kommt laut Körber-Risak zum Schluss, sie könne nicht feststellen, ob eine Belästigung stattgefunden habe. Sie schreibt von einem "Verdacht sexuell konnotierter Wortwahl". Die Kommission empfahl eine Mediation zwischen den beiden (zu der sich beide bereiterklärt hatten, zu der es aber dann nicht kam) und eine "Genderschulung" des Managers sowie eine Erinnerung an beider Vorgesetzten, der in der Sache nicht aktiv geworden war. Laut Körber-Risak wurde der Manager vom damaligen ORF-General mehrfach ermahnt. Der Manager selbst räumt einen Konflikt ein, bestreitet aber, dass es zu einer Belästigung gekommen sei oder er sie respektlos behandelt habe.

Der Manager erklärt, er sei Ende 2021 über die Einstellung des Verfahrens mangels Beweisen informiert worden. Der Manager hat den ORF inzwischen verlassen.

Der ORF reagierte damals auf die Vorwürfe der Mitarbeiterin und setzte unter anderem die Empfehlungen der Gleichbehandlungskommission um; sie verlangte zudem über ihren damaligen Anwalt eine neue Führungsfunktion – in einer anderen ORF-Direktion – und eine Aufsichtsratsposition bei einem Tochterunternehmen.

Vergleich über neuen Führungsjob

Der ORF kam diesen Forderungen mit einer Vereinbarung von Februar 2021 nach, laut Körber-Risak vollinhaltlich. Die Managerin wurde in eine andere ORF-Direktion versetzt, sie wurde mit der geforderten neuen Führungsaufgabe betraut (die sie bis heute innehat), bekam Mitarbeiterinnen zugeordnet, ihre Vertragskonditionen blieben aufrecht. Die zwischen dem ORF und der Mitarbeiterin geschlossene Vereinbarung sah vor, dass der Konflikt mit dem Manager beigelegt und alle allfälligen Ansprüche bereinigt und verglichen seien; man vereinbarte Stillschweigen. Und die Vereinbarung sah zudem einen Verzicht vor auf Beschwerde bei der externen Gleichbehandlungskommission sowie auf Klage bei Gericht über Sachverhalte, die vor der Vereinbarung stattgefunden haben.

Die Managerin klagte inzwischen beim Arbeits- und Sozialgericht. Über die Klage der ORF-Managerin berichtete zunächst "Die Presse". Ebenso befasste sie die Gleichbehandlungskommission im Bundeskanzleramt. In beiden Verfahren haben bereits erste Verhandlungen stattgefunden. Das Arbeits-und Sozialgericht verhandelt wieder am kommenden Freitag. Geplant ist eine Aussage von ORF-General Roland Weißmann, bei weiteren Verhandlungen offenbar auch des früheren ORF-Generaldirektors Alexander Wrabetz.

Ausschreibungspflichtige Jobs

ORF-Anwältin Körber-Risak verweist auf die Vereinbarung mit der ORF-Managerin, die umgesetzt sei. Nun bestehe die Klägerin vor Gericht auf einem besseren Job. "Sie redet aber von ausschreibungspflichtigen Posten, die man in einem Vergleich nicht einfach zusagen kann", erklärt Körber-Risak dem STANDARD. Zudem klage die ORF-Managerin, dass sie den Posten ihres früheren Chefs nicht bekommen hat. "Es gab ein Ausschreibungsverfahren, wobei eine andere Person besser bewertet wurde. Das kann man gerichtlich überprüfen lassen", erklärt Körber-Risak.

"Vorwurf von Untätigkeit wird entschieden zurückgewiesen"

Der ORF erklärt auf Anfrage zu dem Verfahren und den vorangegangenen Belästigungsvorwürfen: "Jedem Mitarbeiter und jeder Mitarbeiterin steht es frei, zur Durchsetzung ihrer Interessen die Gerichte zu bemühen. Aus Sicht des ORF bestand in der gegenständlichen Angelegenheit kein Anlass für eine weitere Auseinandersetzung."

Begründet wird das so: "Der ORF hat – wie bei Vorwürfen von Mitarbeiter/innen üblich – entsprechend reagiert und zum damaligen Zeitpunkt die Angelegenheit für alle Beteiligten zufriedenstellend gelöst. Der Vorwurf von Untätigkeit wird entschieden zurückgewiesen."

DER STANDARD bat die Managerin um Stellungnahme, sie wird bei Vorliegen ergänzt.

  • Update: Eine für Freitag, 10. März, vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien angesetzte weitere Verhandlung in dem Verfahren wurde wegen Verhinderung des Gerichts kurzfristig abgesagt. (Harald Fidler, 3.3.2023)