Wien – Die grüne Wende wird auch die Arbeitswelt kräftig durcheinanderwirbeln. Jobs rund um den Klimawandel und die Energiewende, Tätigkeiten, die die Nachhaltigkeit fördern und Emissionen reduzieren, sind gefragt, wer heute Spezialist für Ölheizungen ist, tut gut daran, sich künftig umzuorientieren. Fachkräfte für den Heizungs- und Thermentausch, die Gebäudesanierung oder den Erneuerbaren-Ausbau sind eher auf der Überholspur unterwegs.

13.300 offene Stellen – und damit mehr als zehn Prozent der gesamten offenen Jobs – seien beim Arbeitsmarktservice (AMS) den sogenannten Green Jobs zuzuordnen, sagt Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) bei einer Präsentation einer OECD-Studie in der ÖBB-Zentrale in Wien. Dort kommt heute der Rat neue Arbeitswelten zum Thema "Green Jobs und Green Transition am Arbeitsmarkt" zusammen, ein beratendes Gremium im Wirtschaftsministerium.

Männer sind hierzulande in den umweltbelastenden Jobs überrepräsentiert, Frauen in grünen Jobs zu wenig vertreten.
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Studienautor und OECD-Ökonom Lukas Kleine-Rüschkamp hat erhoben, wie die Voraussetzungen für Österreichs Arbeitsmarkt in Sachen Transformation sind. Kleine-Rüschkamp hat sich mit folgenden Fragen beschäftigt: Wie wirkt sich die Transformation auf den Arbeitsmarkt aus? Wo steht Österreich beim Thema Green Jobs und Green Transition?

Es gibt Licht und Schatten. Gut ein Fünftel aller heimischen Jobs ist demnach bereits "grün" im weiteren Sinn. Damit liegt Österreich über dem EU-Schnitt. Und "über den jeweiligen Quoten in Deutschland, Italien oder Ungarn, um ein paar Nachbarländer herauszugreifen", sagte Kocher.

Umweltbelastende Jobs

Die weniger gute Nachricht: Auch der Anteil an umweltbelastenden Jobs liegt mit gut 15 Prozent einige Prozentpunkte über EU-Schnitt. EU-weit liegt der Anteil bei rund zwölf Prozent. Das sei auch dem Umstand zuzuschreiben, dass Österreich eine starke Industrie habe, "nicht nur eine Dienstleistungswirtschaft, die eher grüner und leichter nachhaltig organisierbar ist", erklärt der Minister.

Noch ein Ergebnis zeigt, dass es Handlungsbedarf gibt: Frauen sind in den Green Jobs unterrepräsentiert – was darauf zurückzuführen ist, dass viele dieser Berufe in technischen Bereichen angesiedelt sind. Der OECD-Schnitt liegt bei 28,3 Prozent Frauenanteil in Green Jobs, in Österreich liegt er bei 23,5 Prozent. Dadurch würden Frauen Gehalts- und Karrierechancen entgehen, da durch die Green Transition vor allem gut bezahlte Jobs in technischen Berufen entstehen würden, sagt Eva Landrichtinger, Generalsekretärin im Arbeitsministerium.

Der Umbau in Richtung grünerer Wirtschaft könnte neue Gräben aufreißen, denn nicht überall, wo alte Jobs wegfallen werden, werden auch die neuen Jobs entstehen.
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Männer sind hingegen in den umweltbelastenden Jobs überrepräsentiert, die durchaus zu den gut bezahlten gehören, so OECD-Experte Kleine-Rüschkamp. Und diese Jobs seien oft in weniger wohlhabenden Regionen angesiedelt. "Falls diese Jobs wegfallen sollten, gibt es eine doppelt negative Konsequenz: Es fallen gut bezahlte Jobs weg in Regionen, wo die Wirtschaft sowieso schon weniger stark ist als in anderen Bereichen."

Ohne politische Unterstützung könnten also durch den grünen Wandel neue Ungleichheiten entstehen, warnt der OECD-Forscher. Das könnten einerseits geografische Ungleichgewichte sein zwischen florierenden Regionen, in denen neue grüne Jobs entstehen, und andererseits Regionen, in denen Arbeitsplätze verlorengehen. Zusätzliche Gräben könnten zwischen Männern und Frauen entstehen und zwischen Menschen mit unterschiedlichen Qualifikationen.

Ohne entsprechende Maßnahmen werde es Gewinner und Verlierer geben, ist Kleine-Rüschkamp überzeugt. Wirtschaftsminister Kocher nennt hier etwa die 600 Millionen bis zum Jahr 2026, die die Bundesregierung in die Klima- und Transformationsoffensive der Wirtschaft investieren will. Ziel sei es, die Weichen sowohl bei kleinen und mittleren als auch bei großen Unternehmen in Richtung mehr Nachhaltigkeit zu stellen. (rebu, 7.3.2023)