US-Informatiker Vinton Gray Cerf, Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) und Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP).

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Das Leitungsgremium des Internet Governance Forum (IGF) der Vereinten Nationen tagt derzeit in Wien. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP), eines der Mitglieder des 15-köpfigen Gremiums, betonte am Dienstag vor Journalisten: "Österreich steht für ein offenes, freies, sicheres, kompatibles, ungeteiltes, globales Internet."

Sie unterstrich die Bedeutung eines offenen Zugangs zum Internet, den Schutz der Menschenrechte, aber auch den "Schutz vor den Schattenseiten des Internets" wie Gewalt und Hass im Netz. "Das Internet ist kein rechtsfreier Raum", betonte sie erneut und verwies dabei auch auf das österreichische Kommunikationsplattformengesetz von 2020, einen Teil des so genannten "Paketes gegen Hass im Netz".

"Die Gesellschaft in Ordnung bringen"

Vorsitzender des IGF-Leitungsgremiums (Leadership Panel) ist der US-Informatiker Vinton Cerf. Der mittlerweile fast 80-Jährige hat wichtige Standards der digitalen Datenübermittlung ausgearbeitet und gilt damit als einer der "Väter des Internet". "Das Internet ist ein Spiegel unserer Gesellschaft", betonte Cerf in Wien. Wenn uns etwas im Internet nicht gefällt, "müssen wir eigentlich das in Ordnung bringen, was das Internet nur widerspiegelt", nämlich die Gesellschaft. Er unterstrich gemeinsam mit Edtstadler, dass das Internet "sicher, zuverlässig, nachhaltig, leistbar und zugänglich" sein müsse.

Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP) betonte seinerseits, dass "der Mensch im Mittelpunkt der technischen Innovationen stehen" müsse. Zudem dürfe es keine unterschiedlichen rechtlichen Standards geben: "Was offline gilt, muss auch online gelten." Österreich setze sich bereits seit längerem für einen "digitalen Humanismus" ein – ein Anliegen, das "immer mehr an Bedeutung gewinnt". Technologie müsse ethisch und moralisch eingesetzt werden, forderte er.

Fokus auf die digitale Entwicklung Äthiopiens

Die äthiopische Staatssekretärin für Innovation und Technologie, Huria Ali Mahdi, ist als Vertreterin des IGF-Gastgeberlandes 2022 Mitglied des Leitungsgremiums. Im Gespräch mit der APA schilderte sie das Programm "Digital Ethiopia 2025" ihrer Regierung. Insbesondere setze man auf den Ausbau der Infrastruktur, um den Zugang zum Internet breiten Bevölkerungsschichten möglich zu machen. Die Umsetzung eines digitalen Identitätsnachweises und anderer digitaler Nachweise stehe derzeit in der Pilotphase.

Weiters versuche man die digitale Verwaltung, den Internethandel, aber auch die Cybersicherheit auszubauen. Freilich sei das 115-Millionen-Einwohner-Land Äthiopien sowohl von der Fläche als auch von der Bevölkerung her sehr groß, außerdem "sind wir Spätkommende", merkte sie an. Ein zentrales Thema sei auch die "digitale Spaltung" im Land, zumal es nicht nur bei digitaler Kompetenz, sondern auch schon bei der grundlegenden Alphabetisierung große Unterschiede in der Bevölkerung gebe. Sie betonte, dass Äthiopien deshalb die Kooperation mit digital weiter entwickelten Ländern in der ganzen Welt suche.

Internationaler Digitalisierungspakt

Das Leadership Panel des IGF wurde im August 2022 von UNO-Generalsekretär António Guterres initiiert und soll die Kommunikation zwischen den im Internet Governance Forum vertretenen Interessensgruppen einerseits und den Regierungen und internationalen Organisationen andererseits verbessern. Als Beispiele dafür nannte Cerf etwa die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die Gruppe der größten Industrienationen (G7) oder die Gruppe der größten Industrie- und Schwellenländer (G20). Dem Leadership Panel gehören zehn ernannte Mitglieder als Repräsentanten von Regierungen, Zivilgesellschaft und Unternehmen an – darunter Cerf als Vorsitzender und Edtstadler als Regierungsvertreterin. Dazu kommen fünf Mitglieder von Amts wegen.

Derzeit laufen die Vorbereitungen für einen internationalen Digitalisierungspakt (Global Digital Compact), der im September 2024 bei einem UNO-"Zukunftsgipfel" (Summit of the Future) in New York verabschiedet werden soll. Dessen Ausarbeitung erfolgt allerdings nicht unter der Ägide des IGF, sondern des Technologiebeauftragten des UNO-Generalsekretärs, Amandeep Singh Gill, wie Edtstadler betonte. (APA, 7.3.2023)