Erwerbseinkommen haben Auswirkungen auf die Pension. Teilzeitarbeit kann zur Armutsfalle in der Pension werden.

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Nicht allen sei die drohende Altersarmut bewusst warnt Ingrid Korosec, Bundesvorsitzende des ÖVP-Seniorenbundes.

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Jahr für Jahr trudeln im Sommer, konkret zum Equal Pension Day, ähnliche, aus Frauensicht deprimierende, Zahlen ein: Frauenpensionen liegen in Österreich durchschnittlich bei 1.239 Euro. Die Pensionen der Männer betragen im Durchschnitt 2.103 Euro brutto. Der Unterschied liegt damit bei 41,06 %. Im OECD-Durchschnitt haben Frauen um 26 Prozent weniger Pension, am geringsten ist der Unterschied in Estland mit unter fünf Prozent.

Österreich hat also ein gewaltiges Frauenproblem: erst bei den Erwerbseinkommen, dann bei den Pensionen. Dass man dieses dringend lösen muss, ist auch Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) bewusst. Er sorgte vor kurzem mit seinem Vorstoß für Aufsehen, Teilzeit, das bevorzugte Arbeitsmodell von Frauen in Österreich, zurückdrängen zu wollen – mit umstrittenen Methoden. Kocher kann sich nämlich vorstellen, Teilzeitkräften, die keine Betreuungspflichten haben, weniger Sozialleistungen zu gewähren. Das zumindest lehnt Ingrid Korosec, Bundesvorsitzende des ÖVP-Seniorenbundes, ab. Korosec: "Das käme einer Bestrafung gleich." Allerdings, sagt Korosec, spreche Kocher das Richtige an: "Teilzeitarbeit kann zum Problem werden, wenn sie zu lange dauert." Denn dann drohe: "Armut im Alter".

Moderne Vollzeit

Für Korosec ist der Bevölkerung dieser Zusammenhang immer noch zu wenig bewusst. Teilzeit sei dort wichtig, wo sie wirklich gebraucht werde – etwa weil Betreuungspflichten bestehen. Früher, sagt die heute 82-Jährige, sei es auch tatsächlich ein Fortschritt gewesen, Teilzeit arbeiten zu dürfen: "Die Arbeitswelt bestand aus Vollzeitjobs, und es gab viel zu wenige Kinderbetreuungseinrichtungen." Bis heute gebe es diesbezüglich viel Luft nach oben, aber, so fordert sie: "Man muss die Frauen aufklären, was das später für sie bedeutet."
Auch das Recht auf Elternteilzeit bis zum siebten Lebensjahr des Kindes sieht sie kritisch: "In der Praxis sehen wir oft nicht Elternteilzeit, sondern Frauenteilzeit – und da sind sieben Jahre eine sehr lange Zeit."

Korosec fordert, in Alternativen zu denken: "Wir brauchen moderne Vollzeitmodelle." Das reiche von der Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich, dort, wo diese möglich sei – bis hin zu intelligenten und flexiblen Homeoffice-Varianten. Korosec: "Hier ist die Gewerkschaft gefordert, aber auch die Betriebe, mit ihren Mitarbeiterinnen flexible Arbeitszeiten zu vereinbaren." Wenn beide Seiten nur wollten, appelliert die Seniorensprecherin, dann sei vieles möglich. Dass das Pensionsantrittsalter für Frauen nun sukzessive auf 65 Jahre angehoben wird, sei eine Chance: "Bisher haben Männer mit 50 noch Karriere gemacht, Frauen gelten in diesem Alter schon als ältere Arbeitnehmerinnen." Diese Zuschreibung habe weitreichende Konsequenzen: Frauen werden keine Weiterbildungen mehr angeboten, sie werden tendenziell "aufs Abstellgleis geschoben". Korosec: "Wenn nun Frauen wie Männer mit 65 in Pension gehen, gibt es wirklich keine Ausrede mehr für diese Ungleichbehandlung." Die ÖVP-Politikerin fordert eine diesbezügliche Veränderung von Unternehmens-, aber auch AMS-Kultur.

Ansetzen bei der Pflege

Korosec kritisiert zudem, dass die Care-Arbeit in Familien noch immer zum Großteil "Frauensache" sei – das gelte auch für die Pflege älterer Familienmitglieder. Hier müsse man an der Wurzel ansetzen: "Man muss früh mit Prävention beginnen, damit die Menschen möglichst lange selbstständig bleiben. Und wenn sie Unterstützung brauchen, dann muss die so gewährt werden, dass Senioren nicht ins Bett gepflegt werden." Korosec schwebt hier das "nordische System" vor, das ältere Menschen vor allem in der Erhaltung ihrer Selbstständigkeit unterstützt. Dieser Zugang helfe auch pflegenden Angehörigen. Korosec: "In Dänemark hat man das vor Jahrzehnten umgestellt. Jetzt funktioniert es gut. Wir sollten in Österreich endlich damit beginnen." (Petra Stuiber, 8.3.2023)