Giorgia Meloni will mit höheren Strafen die Überfahrten übers Mittelmeer eindämmen.

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Man kann beinahe darauf wetten: Wenn etwas Schlimmes passiert, das die Öffentlichkeit aufwühlt, und es ist weit und breit keine Patentlösung in Sicht, dann wird von rechten Politikern erst einmal "die Schraube angezogen". Genau das konnte man auch wieder beim Flüchtlingsdrama vor der kalabrischen Küste beobachten: Mit den neuen, drakonischen Strafen für die Schlepper demonstriert die Regierung Giorgia Meloni Härte und erweckt zugleich den Anschein, sie beuge damit künftigen Tragödien vor. Und sie konnte, als willkommener Nebeneffekt, auch gleich noch die Schuldigen für das Unglück präsentieren: die Schlepper eben.

Zweifellos kann man die Schleuser und Menschenhändler gar nicht hart genug anfassen. Aber sie sind nicht die Ursache der Migrationsströme (und damit der Bootsunglücke), sondern nur die zynischen Profiteure der Not der Flüchtlinge. Außerdem wird man, wenn überhaupt, immer nur die kleinen Fische zu fassen bekommen, die sich selber auf die gefährliche Überfahrt begeben. Die Hintermänner des tödlichen Geschäfts gehören der türkischen, russischen, libyschen und, ja, auch der italienischen Mafia an: Die Drahtzieher zu fassen und zur Verantwortung zu ziehen ist ungleich schwieriger.

Legale Wege als Anfang

Die Androhung härterer Strafen ist reine Symbolpolitik in einem Bereich, wo es keine einfachen Lösungen gibt. Das gilt auch für die Behinderung und Kriminalisierung der Flüchtlingsretter: Auch die Schikanen gegen die NGOs werden, wie die höheren Strafen gegen die Schlepper, kein einziges Flüchtlingsboot am Ablegen hindern. Dass Propaganda und Symbolpolitik alleine nicht ausreichen, um das Problem zu lösen, zeigt ein Blick nach Lampedusa: Als Meloni die neuen Maßnahmen ankündigte, landeten auf der Ferieninsel mit 31 Booten 1.308 Flüchtlinge. An einem einzigen Tag.

Wenn dieser Ansturm in geordnete und vor allem ungefährlichere Bahnen gelenkt werden soll, muss sich Meloni – und mit ihr die EU – noch etwas anderes einfallen lassen als härtere Strafen gegen Schlepper. Die von Meloni ebenfalls angekündigte Erleichterung der legalen Einwanderung ist immerhin ein Anfang. (Dominik Straub, 10.3.2023)