Der designierte niederösterreichische SPÖ-Landeschef Sven Hergovich will keine Präferenz für die Führung der Bundespartei "ausrichten".

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Der designierte niederösterreichische SPÖ-Landesparteichef Sven Hergovich betonte Samstagmittag unter mehrfachem Verweis auf "Ehrlichkeit" als eine seiner zentralen Leitlinien, dass er nicht vorhat, womöglich schon bald die SPÖ-Führungskrise im Bund persönlich zu lösen: "Ich werde selbstverständlich in Niederösterreich bleiben", wies Hergovich in der Ö1-Reihe "Im Journal zu Gast" die von einigen ins Spiel gebrachte Variante, er könnte als Überrasschungskandidat den Dauerkonflikt zwischen Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner und dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil beenden, zurück.

In Niederösterreich hat derweil die ÖVP von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner am vergangenen Donnerstag die Verhandlungen mit der sozialdemokratischen Partei über ein Arbeitsübereinkommen nach der Landtagswahl abgebrochen, nachdem die SPÖ fünf Forderungen deponiert hatte – "weil die FPÖ bereit und offensichtlich für die ÖVP interessanter war", vermutet Hergovich. Die SPÖ "wäre eigentlich sehr interessiert" gewesen an einer Koalition.

Fünf Forderungen für eine Hand

Gefragt, ob er sich mit seinen fünf Forderungen und der etwas drastischen Untermauerung, wie ernst ihm diese seien – er sagte in der ZEIT: "Bevor ich ein Übereinkommen unterzeichne, in dem nicht alle diese Punkte enthalten sind, hacke ich mir die Hand ab." – verspekuliert habe, meinte Hergovich: "Nein, ich bin einfach ehrlich geblieben." Genau diese Art der Politik mit "Hinterzimmerdeals, dass man Koalitionsverhandlungen so führt, dass niemand etwas sagt, und am Ende, egal, was rauskommt, tun alle so, als wäre das ihre Wunschvorstellung", habe er nie machen wollen: "Das ist doch einfach nur unehrlich."

Die fünf roten Eckpfeiler, die der SP-Landeschef in einem schwarz-roten Arbeitsübereinkommen auf jeden Fall verankert sehen wollte sind: kostenlose Kinderbetreuung, Heizkostenstopp, damit kein Haushalt mehr als fünf Prozent des Haushaltseinkommens dafür ausgeben müsse, Anstellung der pflegenden Angehörigen, eine Ausweitung des Pilotprojekts Jobgarantie für Langzeitarbeitslose, das er als AMS-NÖ-Chef eingeführt hat, und eine Strukturoffensive für "die vernachlässigten Regionen, weil es nicht sein kann, dass wir 90 Gemeinden haben, wo es nicht einmal mehr einen Bankomaten gibt", wo Wirtshäuser schließen und Polizeisinspektionen zugesperrt werden. "Das sind Punkte, die wir ändern wollen."

Das sind aber auch Punkte, die die ÖVP als "standortschädlich" bezeichnet. "Ich wüsste nicht, welche das sein sollen", konterte Hergovich mit der Gegenfrage, wo etwa Kinderbetreuung oder besser versorgte Regionen einen Standort schädigen würden.

"Über die Form kann man streiten"

Die Abgehackte-Hand-Metapher verortete Hergovich ebenfalls im Ehrlichkeitsspektrum: "Ich glaube, dass Ehrlichkeit und Transparenz der richtige Weg sind. Über die Form kann man streiten. Aber ehrlicherweise verstehe ich die Aufregung nicht hundertprozentig, denn ich habe nichts anderes getan als zu sagen, dass ich bei meinem Wort bleibe", betonte der SPÖ-Landeschef.

Die SPÖ habe viel Zeit in vertrauensbildende Maßnahmen investiert, man habe einander zugehört und die Forderungen auch reduziert, nachdem die ÖVP die SPÖ "gebeten hat", die ursprünglich auf 28 Seiten formulierten Forderungen auf die fünf wichtigsten zu konzentrieren. "Das haben wir getan und dann eine Woche gut und konstruktiv verhandelt", berichtete Hergovich. Eine Woche später habe die FPÖ offenbar ein attraktiveres Angebot gemacht – und die ÖVP habe die Gespräche mit der SPÖ "sistiert", oder laut Hergovich "vorläufig gestoppt. Wir warten ab, so sie sich wieder melden. Wir werden beim ehrlichen Weg bleiben. Es wird von uns kein Jein geben."

Präsidium, Parteitag oder Mitgliederbefragung

So wie es von ihm kein Jein gab, ob er vielleicht nach Wien geht. Die Probleme dort, in der Bundespartei, will der niederösterreichische Landesparteichef so schnell wie möglich bereinigt sehen. Die nächste Gelegenheit bietet sich schon beim Bundesparteipräsidium am Mittwoch, weitere Möglichkeiten wären ein Sonderparteitag oder auch eine Mitgliederbefragung.

Jedenfalls hätten die ganzen Debatten um die Führung der Partei "sicher geschadet". Jetzt müsse die Situation geklärt werden, auf welchem Weg, "ist mir gar nicht so wichtig". Darüber hinaus stellte er klar: "Ich richte nichts öffentlich aus." Er halte auch nichts von "öffentlicher Lagerbildung". Er werde sich erst dann äußern und sagen, wen er unterstütze, wenn klar sei, wer mit welchen Inhalten antrete.

Klar und unabdinglich ist für Hergovich nur eines: "Das öffentliche Hickhack muss jedenfalls enden." Und danach müssten alle in der SPÖ "wieder an einem Strang ziehen." (nim, 11.3.2023)