Verbunden ist mit der Priesterweihe das Ablegen des Zölibats (lat. coelebs/ehelos). Also keine Ehe, keine Kinder, kein Sex.

imago images/ZUMA Wire

Daran hat auch Papst Franziskus bisher nichts geändert.

Foto: Imago / Evandro Inetti

Wien – Seit 1139 ist die aus religiösen Gründen gewählte Ehelosigkeit Voraussetzung für die Priesterweihe in der lateinischen Kirche. Kein Dogma, vielmehr oft die Basis für den krampfhaften Erhalt einer römisch-päpstlichen Hierarchie.

Doch bereits im Neuen Testament gibt es verheiratete Bischöfe, Priester und Diakone. Und die Tradition setzt sich fort: Heute gehört zur römisch-katholischen Kirche eine Vielzahl an kirchlich verheirateten Priestern, die dennoch ihr Amt ausüben dürfen. Wenn etwa verheiratete Geistliche der anglikanischen Kirche in das römisch-katholische Lager wechseln, dürfen sie weiterhin verheiratet und im Amt aktiv bleiben. Auch wenn Christen aus evangelischen Kirchen konvertieren, gibt es Ausnahmen. In Wien wurde 2007 der frühere evangelische Pfarrer Gerhard Höberth zum römisch-katholischen Priester geweiht. Höberth ist verheiratet und Vater von vier Kindern.

Entlassung aus Liebe

Den offiziell anerkannten Eheringträgern am Altar stehen aber etwa in Österreich rund 600 Priester ohne Amt gegenüber: Pfarrer, die wegen eines Verstoßes gegen den Zölibat aus dem Amt entlassen worden sind. Sie sind dennoch meist höchst aktiv. Einer von ihnen ist Herbert Bartl. Für den heute 80-Jährigen ist das vorsichtige Rütteln von Papst Franziskus am Pflichtzölibat längst gelebte Praxis.

Ein Jahr nach seiner Priesterweihe, 1968, lernte Herbert Bartl Rosie kennen. Er Kaplan, sie zuständig für Jugendarbeit. Kurz darauf wird geheiratet, Rosie ist da schon schwanger. Das Jawort hat den jungen Geistlichen damals das Amt gekostet. Bartl ist mit der Erlaubnis Roms eine Ehe eingegangen, darf aber deswegen sein Priesteramt eigentlich nicht mehr ausüben. Doch Bartl, heute Vorsitzender der Organisation Priester ohne Amt, ist seit mittlerweile über 50 Jahren "glücklich verheiratet" – und regelmäßig als Pfarrer aktiv. Der geweihte Priester liest einmal pro Woche die Messe in einem Wiener Altenheim. Die aktuelle Debatte findet Bartl im STANDARD-Gespräch durchaus amüsant: "Ich bin dieser Tage 80 geworden. Vielleicht war es ein Geschenk des Papstes, dass er sich jetzt verheiratete Priester vorstellen kann."

Langer Nachdenkprozess

Wenn der Heilige Vater "zu denken" beginne, sei dies eine "durchaus erfreuliche Angelegenheit. Bartl: "Aber es ist die zweite Sache, wie lange er letztlich brauchen wird, um zu einem konkreten Ergebnis zu kommen. Da bin ich in Sachen innerkirchliche Nachdenkprozesse nicht sehr verwöhnt, dass das schnell geht." Er sei selbst schon über 50 Jahre "in einem bescheidenen Maß um eine diesbezügliche Änderung bemüht". Ob ihn der päpstliche Schwenk vom Zölibat als "Geschenk" hin zu einer möglichen Änderung überrascht habe? "Ich bleibe vorsichtig optimistisch mit einer Portion Skepsis. Wenn es so ist, dann ist es eine erfreuliche Wendung. 75 bis 80 Prozent der Katholiken können sich heute eine Abschaffung des Pflichtzölibats vorstellen." Nur die verschwindende Minderheit der Bischöfe und der Papst könnten sich "nur schwer damit anfreunden".

An der Basis würde das Thema aber ohnehin keinen mehr jucken: "Das ist so weit weg von den Interessen der breiten Christenmasse." Er trage mit Stolz während der Messe seinen Ehering: "Und es hat noch nie jemanden gestört." (Markus Rohrhofer; 12. 03. 2023)