Zwei kleine Stiche und man ist lebenslang geschützt – die Masernimpfung wird seit über 50 Jahren verabreicht, man hat jahrzehntelange Erfahrung damit.

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In Wien, Oberösterreich, Kärnten und der Steiermark wurden zuletzt Masernfälle gemeldet, mittlerweile sind es 61. Sie alle dürften auf einen Cluster in der Steiermark mit 52 Infizierten zurückgehen. In Graz fand bereits im Februar eine große Hochzeit mit bis zu 400 Gästen statt, von denen ein guter Teil ungeimpft war. Eine infizierte Person – die sich wiederum bei einer Reiserückkehrerin angesteckt hatte – steckte dort gut 20 weitere Personen an. Da die Gästeschar nicht nur aus der Steiermark stammte, gehen auch die Fälle in den anderen Bundesländern auf diese Hochzeit zurück.

Das Problem dabei: Masern sind alles andere als eine harmlose Kinderkrankheit, auch wenn sie gerne als solche abgetan werden Sie sind hoch ansteckend und werden über Tröpfchen, Husten oder Niesen übertragen. 98 von 100 Personen, die mit dem Virus in Kontakt treten und nicht immun sind, stecken sich an. Die Inkubationszeit, also die Zeit zwischen Ansteckung und dem Auftreten erster Beschwerden, beträgt dabei im Schnitt zehn bis 14 Tage. Andere infizieren kann man bereits vier Tage vor dem ersten Auftreten von Symptomen und bis vier Tage nach dem Erscheinen des typischen Hautausschlags. Die Infektion kann schwere Nebenwirkungen auslösen bis hin zu Masernenzephalitis: Das Gehirn entzündet sich, es kann zu Bewusstseinsstörungen oder auch Krampfanfällen und sogar einseitigen Lähmungen kommen. Und etwa ein Kind von tausend stirbt an einer Infektion.

Einfaches Impfschema

Zusätzlich gebe es mehrere Langzeitfolgen, betont die Kinderärztin und Leiterin der Neugeborenenstation an der Privatklinik Goldenes Kreuz in Wien, Monika Resch: "Eine Erkrankung löscht das bis dahin erworbene Immunsystem regelrecht, es dauert bis zu drei Jahre, bis es sich wieder aufgebaut hat." Auf die Masern folgt deshalb eine lange Zeit mit hohem Risiko für schwerwiegende Infektionskrankheiten bis hin zur Lungenentzündung. Bis zu zehn Jahre nach der Erkrankung besteht außerdem die Gefahr einer subakut sklerosierenden Panenzephalopathie (SSPE). Das ist eine entzündliche neurodegenerative Erkrankung des Gehirns mit fortschreitender Symptomatik, die durch eine Slow-Virus-Infektion hervorgerufen wird. Sie kann nicht therapiert werden und verläuft immer tödlich. Davon ist immerhin eine Person von 100.000, die an Masern erkranken, betroffen.

Im Schnitt verläuft eine von zehn akuten Infektionen mit Komplikationen, auch im Grazer Cluster mussten einige Kinder ins Spital. Die Impfung verhindert solche Komplikationen. Verabreicht wird ein Lebendimpfstoff, ein Dreifachimpfstoff, der auch gegen Mumps und Röteln (MMR) schützt. Ab dem vollendeten 9. Lebensmonat sind insgesamt zwei Impfdosen im Abstand von mindestens vier Wochen empfohlen. Die Impfung ist Teil des nationalen Impfprogramms, sie ist im Eltern-Kind-Pass enthalten und steht an öffentlichen Impfstellen für alle Altersgruppen kostenfrei zur Verfügung. Sie kann sogar in einem kurzen Zeitfenster nach Kontakt zu Masern verabreicht werden.

Ausrottung bei 95 Prozent

Es handelt sich dabei um einen Lebendimpfstoff mit abgeschwächten Viren, der für eine vollständige Immunisierung zweimal gegeben werden muss. Eine spätere Auffrischung ist nicht nötig. Weil es sich um eine Lebendimpfung handelt, muss man dafür völlig gesund sein, in den vier Wochen danach sollte nichts anderes geimpft werden. Unangenehme Nebenwirkungen wie sogenannte Impfmasern können auftreten, sind aber harmlos. Den Impfstoff gibt es bereits seit über 50 Jahren, man hat große Erfahrung damit. Impfschäden sind keine bekannt. Man kann die Impfung – oder den zweiten Stich – bei Bedarf auch im Erwachsenenalter nachholen. Schwangere und Immunsupprimierte dürfen aber Lebendimpfungen nicht erhalten.

Die Ausrottung der Masern ist auch eines der Ziele der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Dafür wäre eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent nötig. Jene, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können, wären dann automatisch mitgeschützt. In Österreich sinkt der Durchimpfungsgrad aber permanent, wie eine Evaluierung der Masernimpfung durch das Gesundheitsministerium zeigt. Die Durchimpfungsrate der Zweijährigen im Jahr 2021 lag bei 84 Prozent für die erste Teilimpfung und bei 74 Prozent für die zweite Teilimpfung. Bei den Zwei- bis Fünfjährigen liegt die vollständige Immunisierung mit zwei Impfungen bei 88 Prozent, Tendenz sinkend. Am besten sind die Zehn- bis 18-Jährigen geimpft, diese Gruppe erreicht die angestrebte Immunität von 95 Prozent. (red, 13.3.2023)