Vergangenen Sommer war Fuchs in erster Instanz schuldig gesprochen worden, das Oberlandesgericht Innsbruck hob den Schuldspruch aber auf.

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Innsbruck/Wien – Der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, Johann Fuchs, ist am Dienstag am Innsbrucker Landesgericht vom Vorwurf der Verletzung des Amtsgeheimnisses und der Falschaussage vor dem Ibiza-U-Ausschuss freigesprochen worden. Vergangenen Sommer war er in erster Instanz für schuldig befunden worden, das Oberlandesgericht Innsbruck (OLG) hat den Spruch aber aufgehoben. Daher musste die Causa neu verhandelt werden.

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Das Urteil ist vorerst nicht rechtskräftig, da Staatsanwalt Andreas Leo volle Berufung angemeldet hat. Fuchs' Verteidiger Martin Riedl sagte im Anschluss gegenüber Journalisten, dass er das nunmehrige Urteil erwartet habe und einer Berufung keine Chancen einräume. Solange das Verfahren laufe, sei auch ein disziplinarrechtliches Verfahren aufrecht, meinte er zur beruflichen Zukunft von Fuchs, dem die Aufsicht über die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) entzogen worden war.

Für Richter Gerhard Melichar war die Weitergabe von Dokumenten über eine WKStA-Anzeige gegen eine ehemalige "Presse"-Redakteurin im Dezember 2020 durch Fuchs an den suspendierten Sektionschef Christian Pilnacek zwar "erwiesen". Dass er mit ihm darüber gesprochen hatte, räumte Fuchs selbst ein. Allerdings sah das Gericht dadurch keine öffentlichen oder privaten Interessen verletzt, die Handlung sei auch nicht dazu geeignet gewesen. "Jedes Entscheidungsorgan im Gericht oder im Ministerium muss in der Lage sein – selbst wenn etwas durchsickert – noch eine unbefangene Entscheidung zu treffen", führte Melichar aus. Zudem hätte die Anzeige für die Investigativjournalistin auch ein "Sprungbrett" in ihrer Karriere sein können, meinte er. Eine mögliche "Stigmatisierung" der Frau, wie sie das Erstgericht gesehen hatte, konnte Melichar nun nicht feststellen.

Aussagenotstand festgestellt

Im zweiten Anklagepunkt – der Falschaussage vor dem Ibiza-U-Ausschuss, wo Fuchs angegeben hatte, sich an die Weitergabe der Dokumente nicht mehr erinnern zu können – stellte das Gericht nun einen Aussagenotstand fest. Zum Zeitpunkt der Aussage im Jahr 2021 seien zahlreiche Anzeigen und Suspendierungsaufforderungen von politischen Parteien gegen den Angeklagten vorgelegen, zudem sei ein Ermittlungsverfahren gelaufen. "Er hat mit seinen Aussagen versucht, die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung von sich abzuwenden", hieß es in der Urteilsbegründung. Er komme daher in den "Genuss" des Aussagenotstandes, den das Erstgericht verneint hatte, weil Fuchs nicht selbst Teil des Untersuchungsgegenstandes gewesen sei.

Fuchs räumte im Prozess einmal mehr ein, dass er mit Pilnacek zwar darüber gesprochen, aber die Dokumente nicht weitergeleitet habe. Der Sektionschef sei "nicht meine Kummernummer" gewesen, sondern er habe mit ihm einen "vertrauensvollen, gegenseitigen Austausch gepflegt". Ihn verbinde mit Pilnacek eine "berufliche Freundschaft". "Der Punkt, der mich belastet hat und wozu ich ihn konsultiert habe, war, dass Staatsanwälte und die Leitung der WKStA versucht haben, kritische Berichterstattung in den Medien zu kriminalisieren", beschrieb Fuchs seine Beweggründe.

Im Untersuchungsausschuss sei er unter einem "Riesendruck" gestanden, weil er von einer Verdachtsprüfung der Staatsanwaltschaft Innsbruck erfahren hatte, so Fuchs. Er habe allerdings nicht gewusst, worum es ging. Er habe seine Aussage so gestaltet, um sich selbst nicht zu belasten. Wie sich später herausstellte, hatte die mittlerweile eingestellte Ermittlung mit seinem Verhalten rund um das Aufkommen der Ibiza-Affäre zu tun gehabt.

"Zwei Haare in der Suppe"

Staatsanwalt Leo wiederum meinte in seinem Schlussplädoyer, dass der Aussagenotstand Fuchs nicht zugestanden habe, weil dieser kein politischer Entscheidungsträger sei und es im U-Ausschuss darum ging, politische Verantwortlichkeiten zu klären. Er sah in der Weitergabe der Dokumente jedenfalls eine abstrakte Eignung, Interessen zu verletzen. "Das OLG hat zwei Haare in der Suppe gesucht und gefunden: Begründungsmängel und rechtliche Erwägungen zum Aussagenotstand", meinte er. Für ihn sei die Aufhebung durch das OLG "doch einigermaßen überraschend gewesen" und er ging weiterhin von der Schuld des Angeklagten aus.

Grund für die Aufhebung durch das OLG waren vorwiegend Begründungsmängel gewesen. Pilnacek selbst war in derselben Causa von einem Wiener Gericht rechtskräftig freigesprochen worden. Ihm wurde zur Last gelegt, wiederum einer "Kurier"-Redakteurin von der Anzeige erzählt zu haben. Das Gericht sah aber auch hier keine Verletzung von Interessen. (APA, 14.3.2023)