Man müsse für die Bundesregierung einspringen. Mal wieder. So lautet zumindest die Erzählung der Wiener SPÖ im burgenländischen Frauenkirchen. Im Fokus der traditionellen Klubklausur standen am Dienstag Maßnahmen, um Wien durch diese "krisenhaften Zeiten zu steuern". Mit dabei: Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner, die zusammen mit Wiens Bürgermeister Michael Ludwig in den Seminarraum der St.-Martins-Therme zu Tina Turners "Simply the Best" einzog.

VIDEO: Rendi-Wagner warnt bei der SPÖ-Klubtagung vor Rechtsruck in der eigenen Partei.
DER STANDARD

Zunächst stand der parteiinterne Zwist in der SPÖ zwischen Rendi-Wagner und Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil im Fokus – auch wenn Doskozil bei der Tagung der Wiener in seinem Bundesland nicht dabei war und sein Name auf der Bühne nicht erwähnt wurde. Aber es war nicht schwer, zwischen den Zeilen zu lesen. Zu deutlich waren die Aussagen.

So warnte Rendi-Wagner in ihrer Rede vor einem Rechtsruck: Wer der SPÖ empfehle, ein bisschen nach rechts zu rücken, meine es nicht gut mit der Partei, sagte sie. Angesprochen dürfte sich ihr Kontrahent Doskozil fühlen, der ja einen schärferen Kurs in Asylfragen vertritt. Die SPÖ habe im "widerlichen Wettlauf" zwischen der ÖVP und der FPÖ, wer jetzt mehr Kinder abschiebe, nichts verloren, machte Rendi-Wagner ihren Standpunkt deutlich.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig und SPÖ-Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner trafen sich in voller Einigkeit im Burgenland.
Foto: APA / Robert Jaeger

Explizit bedankte sich die Parteichefin bei Bürgermeister Ludwig für dessen Unterstützung im parteiinternen Flügelstreit "nicht nur in den letzten Tagen". Das sei nicht selbstverständlich. Rendi-Wagner schätze das nicht nur als Bundesparteivorsitzende, sondern auch als Mensch. Ludwig sei ein Mensch "mit Charakter und Anstand".

Ludwig selbst wurde ebenfalls deutlich und mahnte die Partei zur Geschlossenheit: Wenn man eine Person wähle, dürfe diese Person Unterstützung erwarten. Gemeinsam müsse alles dafür getan werden, dass Rendi-Wagner nach der nächsten Nationalratswahl Kanzlerin werde.

Wiener Unterstützungspaket mit fünf Punkten

Erst danach wurden inhaltliche Maßnahmen vorgestellt. Nachdem die Corona-Pandemie nun langsam in den Hintergrund trete, betonte Ludwig, würden das Land und die Stadt mittlerweile andere Herausforderungen treffen. Stichwort: Teuerung. Stichwort: Mieten. Und weil sich Türkis-Grün bisher nicht auf eine Mietpreisbremse einigen konnte, stellte die Stadt-SPÖ ein eigenes Unterstützungspaket mit fünf Punkten vor.

Aufgrund des sozialen Wohnbaus seien die Mieten in Wien "im Vergleich zu vielen anderen internationalen Metropolen" immer noch günstig, betonte Ludwig. Aber auch in der Stadt habe die Teuerung ihre Spuren hinterlassen. Besonders der Anstieg der Mieten auf dem privaten Wohnungsmarkt habe ein Ausmaß erreicht, wo man handeln müsse.

Die Richtwertmieten im Gemeindebau einzufrieren würde zu kurz greifen, findet Ludwig. Denn in Wien unterliegen zwar rund 210.000 Wohnungen dem Richtwertmietzins – allerdings nur rund 80.000 davon im Gemeindebau. Der "Wiener Wohnbonus", einer der fünf Punkte im vorgestellten Programm, soll sich an alle Mieterinnen und Mieter in der Bundeshauptstadt richten.

130 Millionen Euro für Wohnbonus

So sollen bis zu 650.000 Wiener Haushalte einen "Wohnbonus" in Höhe von 200 Euro beantragen können. Angelehnt an den Wiener Energiebonus, mit dem für 2022 und 2023 ebenfalls jeweils 200 Euro an die betroffenen Haushalte ausgeschüttet werden, ist auch beim neuen Zuckerl das Jahreseinkommen 2022 ausschlaggebend dafür, ob man ihn beantragen kann. Die Grenzen: Einpersonenhaushalte mit einem Einkommen von bis zu 40.000 Euro und Mehrpersonenhaushalte mit bis zu 100.000 Euro brutto sind anspruchsberechtigt. Die Auszahlung ist für Sommer 2023 vorgesehen, die Fördersumme umfasst bis zu 130 Millionen Euro.

Ludwig verwies darauf, dass diese Unterstützung "unabhängig vom Wohnverhältnis" ausgezahlt wird – also sowohl an Mieter als auch Eigentümer geht, die unter die Einkommensgrenzen fallen. Er wolle "keine Bevorzugung einer Personengruppe", sagte der Bürgermeister.

Gemeindebaumieter erhalten zusätzliche finanzielle Hilfe

Nur wenige Augenblicke später gab es diese aber doch: Denn neben dem Wohnbonus sollen zusätzlich auch die rund 220.000 Mieterinnen und Mieter einer Gemeindewohnung eine "Sondergutschrift" in der Höhe einer halben Nettomonatsmiete erhalten: Das ist die Miete ohne Betriebskosten und Umsatzsteuer. Im Schnitt seien das rund 120 Euro, hielt die SPÖ fest. Mit dieser Maßnahme werden weitere rund 26,4 Millionen Euro ausgeschüttet.

Über einen Stufenbonus sollen dann auch noch all jene mit den geringsten Einkommen gefördert werden. Mit Ende des Kalenderjahrs 2023 bekommen jene Gemeindebau-Bewohnenden, deren Miete in den Jahren 2022 und 2023 angehoben wurde, eine zusätzliche Gutschrift im Verhältnis zu ihrer Mietzinssteigerung.

Für Mieterinnen und Mieter, die in Zahlungsrückstand geraten sind, soll es weitere Erleichterungen mit einer allfälligen Ratenvereinbarung geben, um den drohenden Wohnungsverlust abzuwenden.

Zusätzlich sollen abseits des Gemeindebaus weitere Gelder für Mieterinnen und Mieter mit geringem Einkommen von der MA 40 (Soziales) zur Verfügung gestellt werden.

Insgesamt werden mit dem vorgestellten Gesamtpaket für den Bereich Wohnen rund 200 Millionen Euro als Unterstützungsgelder ausbezahlt, sagte Ludwig am Dienstagnachmittag.

Grüne kritisieren ÖVP-Blockadehaltung bei Mietpreisbremse

Die Wiener Grünen begrüßten in einer Stellungnahme zwar die Entlastung der Mieterinnen und Mieter durch die vorgestellten Unterstützungszahlungen. "Allerdings bekämpfen die angekündigten Maßnahmen nur einmalig Symptome, sie lösen jedoch das Problem der davongaloppierenden Mieten nicht", sagten die beiden Parteivorsitzenden Judith Pühringer und Peter Kraus. Die SPÖ schütte Geld ins System. Das sei "der falsche Weg", denn das treibe die Inflation weiter in die Höhe.

Eine echte Lösung wäre eine Mietpreisbremse. Für diese ist freilich die türkis-grüne Bundesregierung zuständig. Hier gibt es aber weiter keine Einigung. Die ÖVP müsse "ihre unverantwortliche Blockadehaltung im Bund beenden", kritisierten Pühringer und Kraus von Wien aus den grünen Koalitionspartner im Bund. (Oona Kroisleitner, David Krutzler, 14.3.2023)