Dem Wildbiologen Hackländer zufolge gibt es aktuell rund 70 Wölfe in Österreich.

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St. Pölten – In Niederösterreich wird die seit Ende 2018 bestehende Wolfsverordnung adaptiert. Abschreckung und Entnahme von "Problemwölfen" werden nun rascher und unter genauen Vorgaben ohne vorherige behördliche Anordnung möglich sein, wie Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) vor Journalisten erklärte. Die neue Regelung sei am Dienstag einstimmig von der Landesregierung beschlossen worden. In Kraft treten wird die Verordnung am 3. April, sie ist vorerst für zwei Jahre befristet.

Bisher waren mögliche Schritte bei Wolfsaktivität in einer nun sogenannten ersten Verordnung zum niederösterreichischen Jagdgesetz geregelt. Im Anhang dazu angeführt sind die Szenarien unbedenkliches, auffälliges, unerwünschtes und nicht zuletzt problematisches Verhalten des Wolfes. Maßnahmen zur Abwendung von Schäden an Nutztieren sind demnach Vergrämung oder Abschuss. Sie sollen in den Stufen drei (unerwünschtes Verhalten) und vier (problematisches Verhalten) zur Anwendung kommen. In den beiden niedrigeren Stufen sind Information der Bevölkerung und Überwachung vorgesehen. Vergrämungen und Abschüsse müssen generell behördlich angeordnet werden.

Abschuss nach Tötung eines Hundes in Siedlung

Hier bringt die sogenannte zweite Wolfsverordnung eine Änderung. Eine behördliche Anordnung wird nicht mehr benötigt. Festgelegt werden hingegen exakte Verhaltensweisen des Raubtieres, die entsprechende Handlungen zur Folge haben dürfen. Bei Vergrämungen durch Jäger in Form von Warn- oder Schreckschüssen ist dies unter anderem, dass sich ein Wolf mehr als zweimal binnen einer Woche auf unter 100 Meter an eine Siedlung annähert und dabei beobachtet wird. Die Verordnung greift auch, wenn das Tier öfter als zweimal innerhalb von sieben Tagen eine vom Menschen geschaffene Futterquelle – etwa Kompost oder Biomüll – aufsucht. Zu Vergrämungen kann es nach unerwünschtem Verhalten eines Wolfes kommen.

Zeigt ein Wolf problematisches Verhalten, ist eine Entnahme binnen vier Wochen in jenem Jagdgebiet möglich, in dem diese Aktivität registriert wurde. Zu einem Abschuss führen kann unter anderem, wenn sich ein Wolf öfter als zweimal binnen einer Woche "während der Aktivitätszeit des Menschen", also von 6.00 bis 22.00 Uhr, in einer Siedlung oder bei bewohnten Gebäuden aufhält. Ebenfalls zur Entnahme kommen kann es, wenn das Tier einem Menschen trotz Vertreibungsversuchen folgt oder einen Hund in einer Siedlung beziehungsweise in bewohntem Gebiet tötet.

Risszahlen "fast verdoppelt"

Generell ist auch eine "Vertreibung durch jedermann" durch optische und akustische Signale von der neuen Verordnung gedeckt. Nach jeder solchen Handlung – genauso wie infolge einer Vergrämung oder Entnahme – ist der Jagdausübungsberechtigte des jeweiligen Gebiets unverzüglich zu informieren. Zudem muss binnen 24 Stunden eine telefonische oder schriftliche Meldung an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde gehen. Von dieser wird dann die Untersuchung beziehungsweise Probennahme übernommen.

Laut Pernkopf gibt es derzeit sieben Wolfsrudel in Österreich, davon sind vier im niederösterreichischen Waldviertel ansässig. Hinzu kämen durchziehende Individuen, die Risszahlen von Nutz- und Wildtieren hätten sich seit 2020 "fast verdoppelt". Die Entnahme bleibe weiterhin "letzter Ausweg", betonte der Landesvize.

Nach Angaben des Landes gab es in Niederösterreich bis dato keinen Abschuss eines Wolfes. Vergrämungsbescheide sind im Bundesland demnach 2018 (für zehn Jagdgebiete) und 2022 (in neun Jagdgebieten) ausgestellt worden.

Waldhäusl begrüßt Novelle

Für Wildbiologe Klaus Hackländer muss der aktuelle Schutzstatus des Wolfes "der Realität angepasst und abgeschwächt werden". Die Population wachse in Europa um ein Drittel pro Jahr, seit Jahren sei das Tier "nicht mehr gefährdet". In Österreich gibt es laut einer Schätzung von Hackländer – Rudel und Einzeltiere zusammengefasst – aktuell 70 Individuen.

Der auch für Tierschutz zuständige FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl begrüßte die Novelle am Dienstag als "eine Lösung mit Hausverstand". Der Schutzgedanke dürfe nicht beim Wolf enden, man müsse unter anderem "auch an die durch ihn gefährdeten Tiere denken". (APA, red, 14.3.2023)