Trotz Kritik von Eltern, Wissenschaft und Politik hält man im indonesischen Kupang am frühen Schulstart fest.

Foto: APA/AFP/ELIAZAR BALLO

Man stelle sich folgendes Experiment vor: Der Wecker klingelt um vier Uhr, Schüler und Schülerinnen stehen nicht mit, sondern vor dem Sonnenaufgang auf. Um 5.30 Uhr müssen sie in der Schule sein – pünktlich zu Unterrichtsbeginn.

Ein solches Experiment wird derzeit als Pilotprojekt in Indonesien durchgeführt. In Kupang, der Hauptstadt der Provinz Ost-Nusa Tenggara, beginnt der Unterricht für Oberstufenschüler an zehn Schulen seit Februar um 5.30 Uhr. Das Programm soll nach Angaben der Behörden die Disziplin der Kinder stärken. Normalerweise beginnt die Schule in Indonesien zwischen sieben und acht Uhr morgens und endet um 15.30 Uhr.

Kritik von Eltern

Die geänderten Schulzeiten sorgen vor allem auf Elternseite für Kritik. "Es ist extrem schwierig, sie müssen jetzt schon im Dunkeln das Haus verlassen. (…) Ihre Sicherheit ist nicht gewährleistet, wenn es dunkel und ruhig ist", sagte Rambu Ata, die Mutter einer 16-Jährigen, der Nachrichtenagentur AFP. Ihre Tochter müsse seit Beginn des Pilotprojekts um vier Uhr aufstehen. Wenn sie nach Hause kommt, sei sie erschöpft und würde sofort einschlafen, kritisiert die Mutter.

Abgeordnete forderten die Regierung bereits auf, das Projekt in Kupang einzustellen. Sie bezeichneten es als haltlose Politik. Auch das Ministerium für die Stärkung der Rolle der Frau und den Schutz des Kindes sowie die indonesische Kinderschutzkommission haben laut der indonesischen Nachrichtenagentur Kompas eine Überprüfung der Regelung gefordert.

Anderer Schlaf-Wach-Rhythmus

"Das hat nichts mit den Bemühungen zu tun, die Qualität der Bildung zu verbessern", sagte Marsel Robot, ein Bildungsexperte der Nusa Cendana Universität. Langfristig könne der Schlafmangel laut dem Experten die Gesundheit der Schüler gefährden und zu einer Veränderung im Verhalten führen. Dass der Schlafbedarf je nach Mensch individuell ist und sich im Laufe des Lebens verändert, ist in der Schlafforschung allgemein bekannt. Der Schlaf-Wach-Rhythmus, der sogenannte zirkadiane Rhythmus, verschiebt sich nämlich je nach Alter.

Laut der amerikanischen Zeitschrift "Scientific America" wandert der Rhythmus in der Pubertät weiter nach hinten. Das heißt, Jugendliche werden nachts später müde und wachen morgens später auf. Im Erwachsenenalter kehrt sich diese Verschiebung wieder um. Der "Guardian" zitiert eine 2014 von der American Academy of Pediatrics veröffentlichte Studie, die einen Unterrichtsstart in Mittelschulen und Gymnasien um 8.30 Uhr oder später empfiehlt.

Auch Behörde muss früher aufstehen

Trotz Kritik aus Politik und Wissenschaft hält die indonesische Kommunalverwaltung an dem Experiment fest. Es wurde indes sogar auf die örtliche Bildungsbehörde ausgedehnt, wo die Beamten nun ebenfalls um 5.30 Uhr ihren Tag beginnen. Dort könnte das Projekt aufgrund des Altersunterschieds zu den Schülerinnen und Schülern positiver aufgenommen werden.

Die Beamtin Rensy Sicilia Pelokilla sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass der frühere Start in den Tag gesund für sie sei, da sie nun an Gruppenübungen in ihrem Büro teilnehmen müsse, die sie früher verschlafen habe. "Als Beamtin bin ich bereit, die Verordnung einzuhalten und mein Bestes zu geben", sagte Pelokilla.

Auch in Österreich bietet der Schulstart immer wieder Anlass für Diskussionen. Hierzulande wird aber eher von einem Wecker geträumt, der später – und nicht früher – klingelt. (awie, 15.3.2023)