Die zum Ausstellungsraum umfunktionierte ehemalige Dornbirner Montagehalle für Wasserkraftturbinen ist eine für die Arbeiten von Fegerl prädestinierte Bühne.
Foto: Günter Richard Wett

Dornbirn – Hält sie die Spannung? Die Frage ist hier weniger auf den dramaturgischen Bogen gemünzt, es geht vielmehr um elektrische Spannung. Würde diese nachlassen, hätte das durchaus dramatische Folgen: Die massiven in den Raum geneigten Stahlstelen, die Judith Fegerl in den Kunstraum Dornbirn gestellt hat, würden auseinanderfallen. Denn die einzelnen Elemente jeder Stele werden durch starke Elektromagneten zusammengehalten.

Die zum Ausstellungsraum umfunktionierte ehemalige Dornbirner Montagehalle für Wasserkraftturbinen ist eine für die Arbeiten der Wiener Medienkünstlerin prädestinierte Bühne. Wobei Räume für Fegerl selten nur Bühnen sind, sondern Orte, deren elektrische Eingeweide sich anzapfen und umpolen lassen. Mit Starkstrom überlastete Leitungen werden bei ihr mitunter auch zu Zeicheninstrumenten, die Linien in Wände brennen.

In ihrer Vorarlberger Schau mit dem Titel on/ probt die zuletzt mit dem Dagmar-Chobot-Skulpturenpreis ausgezeichnete Künstlerin nun die Energiewende. Sie hat die Südfassade des Gebäudes mit einer vierzig Quadratmeter großen Photovoltaikanlage ausgestattet. Durch eine geöffnete Tür kann man vom Inneren des Ausstellungsraums in die Eingeweide des Solarkraftwerks schauen, offenliegende Kabel schlängeln sich zu Installationen, die das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Werk und Energie vorführen.

Die einzelnen Elemente jeder Stele werden durch starke Elektromagneten zusammengehalten.
Foto: Günther Richard Wett

Bis zum Stromausfall

Energieautark wird der Kunstraum durch die eingespeiste Sonnenenergie zwar nicht, es reicht aber, um an die längst auch im Kunstbetrieb angekommenen Fragen zum Umgang mit Ressourcen und Nachhaltigkeit anzudocken. In erster Linie lotet Fegerl die Energie aber als Material aus, aus dem sich funktionale, ästhetische und formale Spannungsverhältnisse erzeugen lassen.

Die Wandskulptur last light besteht aus Solarpaneelen, die von der technischen Entwicklung längst überholt und folglich ausrangiert sind. Ihr zweites Leben als künstlerische Artefakte ist aber kein Grund, das erste gänzlich aufzugeben: Im Geheimen wird hier immer noch Strom produziert.

Faszinierend sind auch die skulpturalen Formen, die ein an einem elektrischen Seilzug montierter Elektromagnet aus Eisengranulat erschafft. Sie halten so lange, bis der Strom ausfällt. (Ivona Jelcic, 18.3.2023)