Urahn aller Mercedes-SUVs ist der Supergeländewagen G von 1979. Gab es zunächst auch als Puch G – und der war bei uns beim Präsenzdienst ebenso beliebt (kam überall hin) wie verhasst (unkomfortabel).

Foto: Mercedes-Benz

Erster SUV nach heutigem Verständnis und einer der Mitbegründer der Gattung überhaupt war dann die M-Klasse von 1997. Lausige Qualität und made in USA. Die Baureihe heißt aktuell GLE.

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Der EQS SUV ist das Gegenstück zur konventionell motorisierten Top-SUV-Baureihe GLS, aktuelle Generation seit 2019. Deren Luxusableger ist der Maybach GLS, lanciert im Jahre 2020.


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Wie EQS, EQE und EQE SUV steht der EQS SUV auf einer eigenen Elektro-Plattform namens EVA II. Anders als BMW verfolgt Mercedes damit eine Strategie ähnlich wie VW-Konzern und Hyundai-Kia.

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Die schwarze Stirnglatze ist ein Haupterkennungsmerkmal der EQ-Baureihe, auch der EQS SUV macht da keine Ausnahme. Fährt sich: wie auf Wolken.
Foto: Andreas Stockinger

Was nervt, ist dieses Geplinge. Immer wenn man in der 30er-, 50er-, 80er- oder sonst welcher Zone über das gerade angesagte Tempolimit kommt, macht es dreimal lautstark pling. Umso nerviger, wenn die Geschwindigkeit falsch detektiert wurde, was wie bei allen diesen Verkehrszeichenerkennungssystemen nicht eben selten der Fall ist.

Der Mercedes EQS SUV wartet mit einer integrierten Black-Panel-Bildschirmfront auf.
Foto: Andreas Stockinger

Luxuriöses Gefährt

Ansonsten ist das natürlich ein höchstgradig luxuriöses Gefährt, die elektrische S-Klasse in SUV-Form. Die gibt es derzeit als hinten angetriebenen 450+ (265 kW) sowie in den Allrad-Versionen 450 4matic, 500 4matic (330 kW) und 580 4matic (400 kW), und wer Mercedes kennt, weiß: Ganz und gar nicht unwahrscheinlich, dass da auch noch die Hochleistungsabteilung AMG mitmischen wird.

Wir hatten die Möglichkeit, den 450 4matic auszuführen, das Basismodell also, aber mit Allradantrieb. Doch was heißt schon Basis. Da ist praktisch schon alles drin, was das Herz von Reich und Schön begehren mag, vermutlich auch etliches, von dem die noch gar nicht wussten, sie würden es begehren.

Hat alles, was das Motorenherz begehrt: der Mercedes EQS SUV.
Foto: Andreas Stockinger

Die volle Breite

Auffällig ist das von Chefdesigner Gorden Wagener forcierte Bestreben, technische Inhalte und traditionelle Materialien – manches Detail, wie die Lüftungsdüsen, auf regelrecht kunsthandwerklichem Niveau – symbiotisch zu vereinen. Hölzer, Leder, Metalle stilsicher arrangiert, dazu diese riesige integrierte Black-Panel-Bildschirmfront, die sich in drei Etappen über die gesamte Breite zieht, da wird auch die rechte Seite per Tatsch bespaßt, und am Lenkrad sei noch auf das pro Querspeiche zweigeteilte Multifunktionskonzept verwiesen, das manche mögen, manche gar nicht. Generell vermisst man bei all dem ablenkenden Touch-Klimbim den traditionellen Dreh-Drück-Bedienknopf, je länger, desto mehr.

Im Wellness-Kapitel setzt Mercedes, wie nicht anders zu erwarten, auf das volle Programm, da kann man wählen aus einem guten Dutzend Massagemöglichkeiten, entspannenden oder konzentrationsfördernden Düften und Ambientebeleuchtung in zahlreichen Farben – bringt in finsteren Zeiten Atmosphäre in den Raum. Und als absoluter Höhepunkt: Das Burmester-3D-Surround-Soundsystem sorgt für akustischen Höchstgenuss.

Ein Kofferaum mit fürstlicher Größe.
Foto: Andreas Stockinger

Ähnlich gestrickt

Technische Inhalte: Mercedes setzt derzeit konsequent auf den doppelten Ansatz – konventionell motorisierte Gerätschaft und batterieelektrische auf je eigenen Plattformen. Hauptkonkurrent BMW favorisiert die Mischplattform – gerade beim direkten Konkurrenten zum EQS SUV, beim 18 cm kürzeren iX, aber wieder nicht: Der ist ein Solitär auf eigener technischer Architektur und somit grundsätzlich ähnlich gestrickt wie der Stuttgarter.

Wenngleich mit deutlich weniger Platz. Die Verhältnisse beim Mercedes auf der Rückbank sind geradezu fürstlich, der Kofferraum fasst beim Fünfsitzer 645 bis 2100 Liter, lediglich die hohe Ladekante mag bekrittelt werden, geht aber nicht anders wegen der unterflur verbauten Batterie (und des Stauraums für die Ladekabel). Deren 108,4 kWh Kapazität, ein dem Fahrzeug angemessener, allerdings irre ressourcenintensiver Brocken, bringt einen im Normtestfall 600 km weit, winters und bei österreichüblichem Autobahntempo reicht’s für etwa die Hälfte. Und die 400-Volt-Technologie mag derzeit noch ausreichen, Mercedes wird aber der Ladezeiten wegen gut beraten sein, sich bald dem 800er-Thema zu widmen.

Foto: der Standard

Wendiger Wagen

Fahrkapitel: Die Ausfahrt aus unserer Redaktionsgarage ist stets ein Gradmesser für Wendigkeit, unlängst beim Honda Civic Type R mussten wir ein zweites Mal ansetzen – beim 5,13-Meter-Riegel EQS SUV kein Problem, die Allradlenkung macht’s möglich.

Der Wagen fährt sich staatstragend, dank ausgefuchsten (Luftfeder-)Fahrwerks überragend komfortabel, nur das Bremsgefühl ist doch ein wenig synthetisch. Und ja, 2,8 Tonnen, die sind halt überall fühlbar. Laster des Reichtums. Das, was Ferdinand Piëch vor Einführung des Alu-A8 bei Audi (1994) mit "Umkehrung der Gewichtsspirale" forderte, ist heute dringender nötig denn je. (Andreas Stockinger, 10.4.2023)