St. Pölten: Kritik am Schweinsgalopp in die Bredouille.

Filip Van Roe

Eine verlässliche Eigenschaft der Zukunft ist, dass sie kommt – und zwar so lange, bis die Zeit bricht. Und als Gemeinsamkeit so gut wie aller Kulturen gilt der Drang, irgendwie vorherzusehen, was der Fall sein wird. Wenigstens in der nahen Zukunft, um die es in dem Tanzstück Futur proche des renommierten Choreografen Jan Martens geht, das am Samstag im Festspielhaus St. Pölten zu sehen ist.

Martens, geboren 1984 in Belgien, gehört zu jenen Kunstschaffenden, die ihre Sorgen um unsere Fähigkeit nicht verschweigen, den Herausforderungen der Gegenwart so zu begegnen, dass später alles noch gut ausgeht. Um dies zu unterstreichen, bringt er bei Futur proche neben 16 erwachsenen Tänzerinnen und Tänzern vom Opera Ballet Vlaanderen auch zwei Jugendliche auf die Bühne.

Cembalo statt Computer

Anders als Politik oder Aktivismus nähern sich Kunstwerke einem Thema im besten Fall aus einer unvermuteten, auf den ersten Blick vielleicht sogar absurd erscheinenden Perspektive. So reist Futur proche nicht mit Computer und KI in die Zukunft, sondern mit dem Cembalo – einem auch Zupfklavier genannten Instrument, das mehr als ein Jahrhundert lang vergessen war. Dabei geht es natürlich nicht um konservatives Abfeiern alter Dinge, sondern sehr konkret um Kritik an jenem blinden Schweinsgalopp, mit dem wir unseren Planeten immer tiefer in die Bredouille reiten.

Dementsprechend räumt Martens ein, dass sein Stück durchaus eine Herausforderung für das Publikum sein kann. Das Festspielhaus hat den Choreografen daher eingeladen, vor der Aufführung selbst in Futur proche einzuführen.

Außerdem wird am Samstagnachmittag ein neues Diskursformat namens "Salon D" vorgestellt. Zum Auftakt unter dem Thema "Fragilität in der Gesellschaft" ist der herausragende bulgarische Politologe Ivan Krastev zu Gast. (ploe, 24.3.2023)