Ganz so übel, dass sich Teamchef Ralf Rangnick bei den Nachwuchsauswahlen um Aushilfe bemühen muss, ist es um den Gesundheitszustand des ÖFB-Teams noch nicht bestellt. Doch es fehlen mehrere Stützen.

Foto: APA/EXPA/REINHARD EISENBAUER

Da wir in Zeiten des Wettbewerbs leben, erhalten der Radetzky-Marsch und Reinhard Fendrichs I Am from Austria endlich Konkurrenz. Der österreichische Fußball braucht neben Erfolgen und einem vernünftigen Nationalstadion auch neue Lieder und Hymnen, zumal die Kundschaft jünger im Sinne von cooler wird. Die Herren Christopher Seiler, Paul Pizerra und Daniel Fellner zählen zur neuen Generation der Austropopper, also komponierten sie Hoch gwimmas (n)imma.

AUT of ORDA

Der Song soll die Nationalmannschaft auf dem Weg zur EM-Endrunde 2024 in Deutschland begleiten. Herr Seiler dachte ursprünglich, die Bundesbahn ÖBB und nicht der Fußballbund ÖFB sei der Auftraggeber, glücklicherweise habe sich das als Irrtum herausgestellt. Der Titel erinnert an den legendären Toni Pfeffer, der am 27. März 1999 in Valencia in der Halbzeitpause sagte: "Hoch gwimmas nimma." Zur Auffrischung: Spanien führte nach 45 Minuten 5:0, Endstand 9:0.

Selbstironie

Teamchef Ralf Rangnick, immerhin 64, findet das Lied 24 Jahre später "cool" und "selbstironisch". Er und David Alaba wirkten im Video mit, sagen: "Die nächste depperte Frag." Musikant Seiler legt Wert darauf, dass es nicht um kommerzielle Gewinne gehe. "Der Erfolg des Nationalteams zählt. So selbstlos sind wir. Das will ich lesen."

Am Freitag beginnt im neuen Linzer Stadion (20.45 Uhr, Servus TV) die Reise nach Deutschland. Gegner ist Aserbaidschan, die Nummer 121 in der Rangliste. Das zweite Spiel der Gruppe F bestreiten Schweden und Belgien, das klingt weitaus dramatischer. Am Montag macht Österreich gegen Estland weiter. Rangnick muss bekanntlich auf viele Stammkräfte (u. a. Marko Arnautovic, Xaver Schlager, Alaba ist erst für Estland ein kleines Thema) verzichten. Auch der Einsatz von Stefan Posch – der Bologna-Legionär ist rechts in der Viererkette vorgesehen – wackelt. Heinz Lindner wird sicher das Tor hüten.

"Wir haben ausreichend Qualität"

Die Beunruhigung beim Teamchef hält sich in Grenzen. "Wir haben ausreichend Qualität im Kader, sind gut vorbereitet." Kapitän Marcel Sabitzer, der bei Manchester United seinen Rhythmus gefunden hat, hält drei Punkte gegen Aserbaidschan (und auch drei gegen Estland) für alternativlos. "Wir haben den Gegner gut analysiert, wollen unbedingt gewinnen, aktiv sein, gegen den Ball arbeiten, pressen."

Aserbaidschan wird vom Italiener Giovanni Di Biasi betreut. Die Mannschaft versucht, Fußball zu spielen, nicht zu zerstören. Zuletzt gelang das mit fünf Siegen in Serie, äußerst beachtlich waren das 2:1 in der Slowakei und das 3:1 in Nordmazedonien.

Kapitän Emin Mahmudov von Neftci Baku (vorne) gibt der Mannschaft von Aserbaidschan Halt.
REUTERS

Di Biasi kann mit drei Legionären dienen, Stürmer Renat Dadashov von Grasshopper Zürich, Ozan Kökcü vom niederländischen Zweitligisten FC Eindhoven sowie Verteidiger Anton Krivotsyuk von Daejeon Hana aus Südkorea. Die Kapitänsschleife trägt Mittelfeldmann Emin Mahmudov von Neftci Baku.

ÖFB-Präsidium tagt

Am Vormittag steigt ebenfalls in Linz eine Art Vorspiel, das ÖFB-Präsidium tagt. Der niederösterreichische Landesverbandschef Johann Gartner ist nach dem nicht gerade freiwilligen Rücktritt von Gerhard Milletich im Jänner (Inseratenaffäre!) Boss auf Zeit, nun sollen die Weichen für die Nachfolge gestellt, das genaue Prozedere geklärt werden. Spätestens im Juni will der Fußballbund den Neuen zunächst wählen und dann präsentieren.

Es wird keiner aus dem inneren Kreis sein, zu viel Porzellan wurde zerschlagen, die neun Landespräsidenten ziehen bekanntlich an keinem Strang. Konkrete Namen von Kandidaten dürften noch nicht fallen, Uniqa-Vorstand Kurt Svoboda und Roland Schmid (ImmoUnited) sollen aber nicht abgeneigt und sogar interessiert sein. Die beiden sind Präsident und Vizepräsident sowie Sponsoren des ehrenwerten Zweitligisten Vienna. Schmid probierte es im Oktober 2021 schon einmal, unterlag aber Milletich.

Das Hauptspiel am 24. März 2023 sollte die im Idealfall "coole" ÖFB-Auswahl ganz und gar nicht verlieren. Fachmann Paul Pizzera sagt: "Ich wünsche mir ein 6:0, glaube aber nicht, dass es so eklatant wird." (Christian Hackl, 23.3.2023)

EM-Qualifikation, Gruppe F, 1. Runde: Österreich – Aserbaidschan (Raiffeisen Arena, 20.45 Uhr/live ServusTV, SR Bartosz Frankowski/POL)

Österreich: Lindner (FC Sion, 34 Länderspiele) – Mwene (PSV Eindhoven, 3/0 Tore), Danso (RC Lens, 11/0), Trauner (Feyenoord Rotterdam, 9/1), Wöber (Leeds United, 13/0) – Baumgartner (TSG Hoffenheim, 25/7), Laimer (RB Leipzig, 24/2), Seiwald (Red Bull Salzburg, 10/0), Sabitzer (Manchester United, 68/12) – Onisiwo (FSV Mainz, 20/1), Gregoritsch (SC Freiburg, 43/7)

Ersatz: Hedl (Rapid Wien, 1), Pentz (Bayer Leverkusen/GER, 4) – Auer (Rapid Wien, 0), Ulmer (Red Bull Salzburg, 31/0), Daniliuc (Salernitana, 0), D. Ljubicic (1. FC Köln, 4/1), Schmid (Werder Bremen, 3/0), Kainz (1. FC Köln, 21/0), Weimann (Bristol City, 21/1), P. Wimmer (VfL Wolfsburg, 1/0), Adamu (Red Bull Salzburg, 3/0)

Fraglich: Posch (Bologna, 20/1 – Magen-Darm-Virus), Prass (Sturm Graz, 1/0 – Wadenprobleme)

Es fehlen: Alaba (nach Muskelverletzung im Oberschenkel), A. Schlager (erkrankt), Lienhart (Muskelverletzung), X. Schlager (Syndesmosebandriss), Lazaro (Seitenbandriss im Knie), Honsak (Adduktorenprobleme), Arnautovic (Fußverletzung), Kalajdzic (Kreuzbandriss)

Aserbaidschan: Agayev (FK Qabala) – Haghverdi (Neftci Baku), Mustafazada (Karabach Agdam), Hasanalizada (FK Sabah), Jafarguliyev (Karabach Agdam) – Richard Almeida (Karabach Agdam), Israfilov (Neftci Baku) – Sheydayev (Karabach Adgam), Mahmudov (Neftci Baku), O. Kökcü (FC Eindhoven/NED) – Gurbanli (Karabach Agdam)

Ersatz: Balayev (FK Sabail), Imanov (Sabah FK) – Mutallimov (Sabah FK), A. Aliyev (Neftci Baku), Bayramov (Karabach Agdam), Nuriyev (Sabah FK), C. Hüseynov (FK Schamachi), Krivotsyuk (Daejeon Hana/KOR), Salahli (Neftci Baku), Ozobic (Karabach Agdam), Jamalov (FK Sabah), Isayev (FK Sabah), Alaskarov (FK Sabah), Dadashov (Grasshopper Club Zürich/SUI), Ahmadzada (Zira FK)

Es fehlen: Mahammadaliyev (Handbruch), Emreli (verletzt)

Parallelspiel am Freitag: Schweden – Belgien (Stockholm/Solna, 20.45 Uhr)

Nächste Runde am Montag: Österreich – Estland (Linz, 20.45 Uhr/live ORF 1), Schweden – Aserbaidschan (Stockholm/Solna, 20.45 Uhr)

Modus: Top 2 jeder Gruppe für die EM 2024 in Deutschland qualifiziert, Play-off um drei weitere Tickets nur über Nations-League-Platzierung aus dem Vorjahr