Haben wenig Zustimmung hinter und viel Gegnerschaft vor sich: Johanna Mikl-Leitner und Udo Landbauer.

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Linz – Es gilt als demokratische Usance, dass die jeweils stärkste Partei einer Wahl den Anspruch auf die Führung der nächsten Regierung stellen kann. Und im Normalfall wird das auch von der wahlberechtigten Bevölkerung so gesehen, wie die aktuelle Umfrage des Linzer Market-Instituts im Auftrag des STANDARD zeigt. Nur, wenn es um die FPÖ geht, gilt das nicht.

800 repräsentativ für die wahlberechtigte österreichische Bevölkerung ausgewählte Befragte bekamen folgende Frage vorgelegt: "In den letzten Wochen hat es ja zwei Landtagswahlen, nämlich in Niederösterreich und in Kärnten, gegeben. Zunächst zu Kärnten: Dort soll Peter Kaiser von der SPÖ nach starken Stimmenverlusten mit Unterstützung der ÖVP Landeshauptmann bleiben. Wie sehen Sie das: Ist es eher eine gute Entwicklung, dass Peter Kaiser mit Unterstützung der ÖVP Landeshauptmann bleibt ODER ist es eher eine schlechte Entwicklung, dass Peter Kaiser mit Unterstützung der ÖVP Landeshauptmann bleibt?"

Kaiser darf, Mikl-Leitner eher nicht

Das wird überwiegend positiv gesehen: 22 Prozent aller österreichischen Wahlberechtigten finden das auf jeden Fall positiv, weitere 45 Prozent eher positiv. 25 Prozent finden eine SPÖ-ÖVP-Zusammenarbeit in Kärnten eher schlecht und sieben Prozent sagen, es wäre auf jeden Fall eine schlechte Entwicklung – besonders kritisch sind erklärte FPÖ-Anhänger.

Market fragte weiter: "Und wie ist das in Niederösterreich? Dort soll Johanna Mikl-Leitner nach starken Stimmenverlusten mit Unterstützung der FPÖ Landeshauptfrau bleiben." Das finden nur zehn Prozent auf jeden Fall gut, 25 Prozent eher gut – aber je ein Drittel der Befragten findet das eher oder gar auf jeden Fall schlecht.

Kampagne gegen FPÖ zeigte Wirkung

Market-Wahlforscher David Pfarrhofer sagt bei näherem Blick auf die Daten: "Die breite Kampagne gegen die FPÖ-Regierungsbeteiligung in Niederösterreich hat bis weit in die ÖVP Wirkung gezeigt. Selbst unter den ÖVP-Präferenten sind bundesweit sechs von zehn gegen die Zusammenarbeit ihrer Partei mit der FPÖ in Niederösterreich. In der SPÖ-Anhängerschaft sind es sieben von zehn und bei Grün- und Neos-Präferenten acht bis neun von zehn."

DER STANDARD ließ eine Liste von Meinungen zur Niederösterreich-Koalition abfragen, darunter das Statement, dass die Zusammenarbeit von ÖVP und FPÖ "völlig normal" sei. Dem stimmen bundesweit nur 28 Prozent zu, eine Mehrheit hat die Aussage nur unter FPÖ-Anhängern. 55 Prozent lehnen sie ab – auch in dieser Fragestellung liegt die Ablehnung durch die bundesweite ÖVP-Wählerschaft über dem Durchschnitt.

Hauptgründe der Ablehnung sind, dass Kritiker der Corona-Maßnahmen und rechte Positionen zu viel Gewicht bekämen. Das meint rund die Hälfte der Befragten.

Nur ein Viertel der Befragten erwartet, dass die FPÖ durch die Regierungsbeteiligung in die politische Mitte rücken würde – wiederum gibt es dafür nur unter der freiheitlichen Anhängerschaft eine Mehrheit.

Zustimmung zu freiheitlichen Forderungen

Pfarrhofer: "Außer bei den FPÖ-Wählern überwiegt die Ansicht, dass die ÖVP der FPÖ zu sehr nachgegeben hätte. Das erstaunt insofern, als mehrere im ÖVP-FPÖ-Abkommen fixierte freiheitliche Forderungen durchaus akzeptiert werden." Immerhin 44 Prozent halten es für "eine gute Idee, dass in den Schulen in der Pause die deutsche Sprache vorgeschrieben werden soll", 38 Prozent (besonders Sozialdemokraten und Grüne) lehnen das ab. Die Hälfte der Befragten findet den von den Freiheitlichen favorisierten Straßenausbau gut und ein Viertel der Befragten kann sich auch bundesweit dafür erwärmen, Strafen für Verstöße gegen die Corona-Regeln zurückzuzahlen.

Nach dieser Einschätzung der Einbindung der Freiheitlichen in Niederösterreich erhob Market die Haltung zu einer Regierungsbeteiligung der FPÖ nach der nächsten Nationalratswahl. Das ist insofern bedeutend, als die FPÖ derzeit mit 29 Prozent die stärkste Partei in der hochgerechneten Sonntagsfrage ist (ÖVP 23, SPÖ 21, Neos 11, Grüne 10, Bierpartei 4, andere 2 Prozent).

DER STANDARD ließ fragen: "Soll die FPÖ nach der nächsten Wahl mit Ministerinnen und Ministern in der Regierung vertreten sein oder eher in der Opposition bleiben?"

Mehrheit für Ausgrenzung der FPÖ

Darauf sagten 28 Prozent, die FPÖ solle auf Bundesebene (mit)regieren, 60 Prozent sind strikt dagegen. Das Muster ist eindeutig: in der FPÖ-Wählerschaft sind etwa neun von zehn Befragten für eine freiheitliche Regierungsbeteiligung, in den anderen Parteiwählerschaften tragen jeweils acht von zehn Personen die Ablehnung mit.

Und weiter, weil es nach vielen übereinstimmenden Umfragen nicht ganz unrealistisch ist: "Angenommen, die FPÖ wird stimmenstärkste Partei: Soll die FPÖ dann den Bundeskanzler stellen oder eher nicht?" Darauf antworten nur 20 Prozent mit "auf jeden Fall", 14 Prozent mit "eher schon". Sicher keinen blauen Kanzler wollen 42 Prozent, weitere 17 Prozent wollen das eher nicht. Eine besonders harte Ablehung eines FPÖ-Kanzlers kommt aus der Grün-Wählerschaft. Aber auch unter den ÖVP-Wählern ist jeder Zweite strikt gegen einen Regierungsauftrag für Herbert Kickl. (Conrad Seidl, 26.3.2023)