Im Gastblog analysieren Lukas Feiler, Beat König und Ariane Müller, wie künstliche Intelligenz die Content-Creation-Industrie verändern könnte und vor welchen rechtlichen Herausforderungen die Branche steht.

Die Kunst-, Literatur- und Werbebranche sind ebenso von den Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) betroffen wie die Musikindustrie oder der IT-Sektor. Programme wie ChatGPT, Midjourney oder Music LM können Inhalte erzeugen, die teilweise nicht mehr von menschlichen Werken unterschieden werden können und oft einen tatsächlichen Mehrwert bieten. Dies bringt einerseits Chancen mit sich, andererseits geraten aber auch Inhaltsschaffende stärker unter Druck.

Der Einsatz von KI bei der Erstellung von Inhalten wie Bildern und Filmen führt zu einem Umbruch in den entsprechenden Branchen – und wirft auch rechtliche Fragen auf.
Foto: Getty Images/Yuichiro Chino

In Werke, die durch einen menschlichen Schöpfungsakt hergestellt werden, fließt oftmals sehr viel Zeit, Geld, Energie und Kreativität, während sich der Aufwand für die Erstellung eines zumindest passablen KI-Erzeugnisses vergleichsweise in Grenzen hält. Die richtige Formulierung von sogenannten. "Prompts", der Textanweisung an die KI, ist zwar nicht trivial, nimmt jedoch für geübte Benutzerinnen und Benutzer der KI-Software kaum Zeit und Ressourcen in Anspruch. Die Nutzerzahlen der KI-Programme zeigen, dass bereits sehr viele Menschen auf diese Dienste zurückgreifen – wie viele Zugriffe in einem beruflichen Kontext erfolgen, lässt sich dabei nur erahnen. Der Trend geht aber jedenfalls in Richtung Nutzung im kommerziellen Umfeld, vor allem, da die Programme bereits durchaus verwertbare Ergebnisse produzieren. Als Beispiel können bekannte Videostreaming-Plattformen genannt werden, wo bereits Teile animierter Filme von einer KI generiert wurden. Hierdurch lassen sich personelle Ressourcen einsparen und der Fokus kann mehr auf – zumindest derzeit noch – nicht ersetzbare Kernkompetenzen gelegt werden.

Andererseits sind KI-generierte Ergebnisse nicht immer direkt verwertbar beziehungsweise benötigen menschliche Überwachung. Die meisten KI-Systeme basieren auf Wahrscheinlichkeitsmodellen und können die produzierten Ergebnisse nicht inhaltlich nachvollziehen oder prüfen. Aus diesem Grund generieren diese bisweilen auch falsche Informationen oder sinnlose Inhalte, die nicht ohne Weiteres verwertet werden können. Für solch falsche KI-Ergebnisse hat sich der durchaus passende Begriff der "Halluzinationen" etabliert. Dennoch besteht das Risiko, dass durch die mit KI-Nutzung einhergehende Effizienzsteigerung Fachkräfte eingespart werden können und auch Endkundinnen und Endkunden weniger auf externe Dienstleister zurückgreifen. Vor allem in der Kunst- und Literaturbranche wird dadurch die Frage nach dem ökonomischen Wert künstlerischen Schaffens aufgeworfen.

Persönlichkeit und Marketing wertstiftend

Was macht ein konkretes Werk besonders wertvoll in den Augen der Konsumentinnen und Konsumenten? Welchen Werken messen wir besondere Bedeutung zu? Hier spielt oft die Persönlichkeit der Urheberinnen und Urheber eine große Rolle, schließlich ist die Geschichte hinter einem konkreten Werk und damit auch oft dessen Wert meist eng mit dieser verbunden. Der Personenkult, der um manche Kunstschaffende entsteht, und auch der Erfolg eines Werkes sind aber auch geschicktem Marketing geschuldet.

Am oben angeführten Beispiel der KI-unterstützten Filmproduktionen ist erkennbar, dass es doch einen Unterschied macht, ob ein Werk von Menschen geschaffen oder von einer KI generiert wird. Eine Videostreaming-Plattform sah sich nach dem Bekanntwerden der Produktionsmethode enormer Kritik ausgesetzt. Es scheint daher doch noch Hoffnung für die Kunstbranche zu geben – auch wenn Arbeiten, bei denen die Person der Schöpferin oder des Schöpfers nach außen hin als nicht relevant erscheint, wohl vermehrt durch KIs erledigt werden.

Keine Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Inhalte

Hinzu kommt, dass es keine generelle Kennzeichnungs- oder Offenlegungspflicht für KI-generierte Inhalte gibt. Oftmals wird es für die Konsumentinnen und Konsumenten daher auch gar nicht erkennbar sein, ob hinter einem bestimmten Werk ein Mensch steht. In rechtlicher Hinsicht ist Vorsicht angebracht, denn die Täuschung von Konsumentinnen und Konsumenten kann wettbewerbsrechtlich als irreführende Geschäftspraktik unzulässig sein (§ 2 UWG). Wurden diese etwa durch Irreführung zum Kauf eines KI-generierten Inhalts gebracht und hätten sie diesen Inhalt bei Kenntnis des KI-Ursprungs jedoch nicht erworben, läge eine irreführende Geschäftspraxis vor.

Vertraglicher Schutz für KI-Arbeitsergebnisse

Je offener die Gesellschaft für KI-generierte Inhalte wird und diese verwendet, desto mehr gewinnt ein weiteres Thema an Relevanz: Reine KI-Erzeugnisse, also solche, die ganz ohne einen menschlichen Schöpfungsakt rein durch Ablauf einer Programmlogik entstehen, genießen keinen Urheberrechtsschutz. Mit anderen Worten: Ein Programm kann kein Urheber sein. Daher ist etwa eine Vervielfältigung solcher KI-Erzeugnisse in der Regel sanktionslos möglich. Während also die KI selbst (als Computerprogramm) urheberrechtlichen Schutz genießen kann, bedarf es zum Schutz von KI-Erzeugnissen zusätzlicher Maßnahmen.

Möglich scheint ein vertragsrechtlicher Schutz entlang der Produktions- beziehungsweise Distributionskette. Wird beispielweise Inhalt durch eine KI generiert, kann sich die Nutzerin oder der Nutzer der KI durch einen Vertrag mit dem nachfolgenden Distributor gegen unerwünschte Vervielfältigung absichern. Auch allen nachfolgenden Gliedern der Distributionskette müssten die gleichen Verpflichtungen auferlegt werden. Dadurch könnten alle Beteiligten einer Art urheberrechtsähnlichem Regime unterworfen werden. Die praktische Möglichkeit der Rechtsdurchsetzung wird allerdings je nach Länge der Produktionskette variieren. Zusätzlich müsste der Missbrauch durch Personen, die diesen Schutzregelungen nicht unterliegen, durch begleitende technische Schutzmaßnahmen verhindert werden.

Strategie als Heilmittel für Halluzinationen

Fest steht: Die Content-Creation-Industrie ist im Umbruch. Diese Entwicklung wird trotz einiger Unsicherheiten nicht aufzuhalten sein. Zum konsequenten Schutz von KI-Erzeugnissen ist eine klare Strategie jedenfalls anzuraten. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Investitionen in die Vermarktung von Inhalten keinen Nutzen bringen werden und eine wirtschaftliche Verwertung nicht möglich ist. Ohne klare Strategie bliebe es bei einer möglichen wirtschaftlichen Verwertung von KI-Erzeugnissen nur bei einer Halluzination. (Lukas Feiler, Beat König, Ariane Müller, 30.3.2023)