Der britische König Charles III. spricht beim Staatsbankett im Bellevue-Palast in Berlin.

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Mögen sie auch eingeschlagen sein in Samt und verborgen in einer Melone – schwere Mehlsäcke auf dem Kopf zu jonglieren stellt für einen älteren Herrn sicher kein Vergnügen dar. Zur Vorbereitung auf seine Krönung schreitet Charles III. gelegentlich mit der ungewöhnlichen Kopfbedeckung einher, als Probe für die 2,2 Kilo schwere Krone, die ihm der Erzbischof von Canterbury aufsetzen wird.

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DER STANDARD

Derlei delikate Prüfungen stehen dem britischen König nicht bevor auf seinem Staatsbesuch in Deutschland, zu dem er am Mittwoch mit seiner Gattin Camilla nach Berlin flog. Beide Seiten sind zum Erfolg entschlossen. Die Londoner Regierung von Premier Rishi Sunak braucht dringend mehr Nähe zum Kontinent, dem sich die Insel durch den Brexit mutwillig entfremdet hat. Allzu klar treten die politischen und wirtschaftlichen Schäden der schweren strategischen Fehlentscheidung zutage.

Brexit als Stein des Anstoßes

Umgekehrt hat auch Berlin ein Interesse daran, das Königreich – Mitglied im UN-Sicherheitsrat, Besitzer von Atomwaffen, neben Frankreich die einzige ernstzunehmende Militärmacht Europas – wieder enger an die EU zu binden. Lange Zeit sah es ja aus Londoner Sicht so aus, als fühle sich die deutsche Elite durch den Brexit persönlich beleidigt.

Damit soll nun Schluss sein. Man wolle "ein neues Kapitel unserer Beziehungen" aufschlagen, teilte Präsident Frank-Walter Steinmeier schon zur Begrüßung mit. Immer wieder betont die deutsche Seite die Ehre, die der Bundesrepublik zuteilwerde: So wie Elizabeth II. 2015 für ihren letzten Staatsbesuch nach Deutschland reiste, so macht ihr Sohn seine erste Auslandsreise als König ins Land seiner Vorväter.

Viele Gemeinsamkeiten

Für die Generation der verstorbenen Queen standen oft Aussöhnung und Erinnerung im Mittelpunkt; diese bleiben wichtige Aspekte im Verhältnis der einstigen Weltkriegsgegner. Schwerer wiegt bei diesem Besuch ohne Zweifel die Vergewisserung der vielen Gemeinsamkeiten: im Kampf gegen die Klimakrise, im unermüdlichen Einsatz für eine auf Werten und Regeln aufbauende Weltordnung, in der gemeinsamen Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg.

Und wenn dann für die deutschen Verstandes-Republikaner noch ein wenig royaler Glamour abfällt, umso besser. Hauptsache, es ist kein Mehlstaub. (Sebastian Borger aus London, 30.3.2023)