In Wiener Neustadt hat Vario für die gemeinnützige EGW Heimstätte die Reihenhaussiedlung Sonnenheide errichtet und im vergangenen Februar übergeben.

Foto: Vario-Haus/filmpro.at/David Rudolf

Die gute Nachricht für Häuslbauer zuerst: Die österreichischen Fertighaushersteller führen die Fixpreisgarantie wieder ein. Die normalisierte Lage an der Materialfront habe das zugelassen, die Mitglieder des österreichischen Fertighausverbands haben deshalb kürzlich in einer Sitzung einstimmig dafür votiert, die Garantie wieder anzubieten, berichtet Christian Murhammer, Geschäftsführer des Fertighausverbands, dem STANDARD. Wer also demnächst ein Haus bei einem der 16 Hersteller, der Mitglied des Verbands sind, bestellt, hat für mindestens ein Jahr eine Garantie auf den angebotenen Preis.

Doch wegen der aktuellen Situation rund um die Teuerung, die hohen Zinsen und die strengen Kreditvergaberegeln, die am heutigen 1. April nur unwesentlich gelockert werden, können sich immer weniger Menschen ein Eigenheim leisten. Das spürt man naturgemäß auch bei den Fertighausherstellern, weshalb die Stimmung in der Branche "nach wie vor nicht gerade glücklich" sei, wie Murhammer sagt. Auch ohne die neuen Kreditvergaberegeln wäre die Stimmung nicht rosig, und ein so "selbstgemachtes Bremserl", wie er es nennt, lässt die Industrie nun um ihre Zukunft bangen.

Großes Interesse, schwierige Finanzierung

Noch seien die Auftragsbücher voll, und laut ersten Hochrechnungen dürfte die heimische Fertighausindustrie im vergangenen Jahr wieder mehr als 3.000 Häuser verkauft haben. Doch der Markt drohe einzubrechen, spätestens im Sommer würden "weitreichende Konsequenzen" drohen, schrieb der Verband im Februar in einer Aussendung, in der die Lockerung der Kreditvergaberegeln gefordert wurde.

Eine gänzliche Aufhebung der entsprechenden Verordnung der FMA ("KIM-VO") wäre ein "wichtiger Impuls", sagt Murhammer auch jetzt. Das Interesse an Fertighäusern sei nach wie vor groß, "die Frequenz in den Fertighauszentren ist nicht merklich eingebrochen". Das Interesse sei also da, doch es scheitere eben oft an der Finanzierung.

Nachfrage-Peak während Corona

Das bestätigt auch Daniel Gruber, Geschäftsführer des Herstellers Vario Haus. Die Nachfrage sei im Vergleich zu den ersten Corona-Jahren, "als alle aus der Stadt raus wollten", derzeit zwar um rund ein Fünftel geringer, aber immer noch stark vorhanden. Es scheitere oft an der Finanzierung; wenn man nichts geerbt habe, sei ein Einfamilienhaus für viele nicht mehr zu stemmen.

Es zeichnet sich deshalb schon ab, dass die Fertighausproduzenten heuer so wenige Häuser verkaufen werden wie seit Jahrzehnten nicht mehr. "Wenn sich nicht rasch etwas ändert, dann müssen die Unternehmen ihre Kapazitäten stark anpassen – und das würde nicht nur auf die Beschäftigungszahlen in der Branche starke Auswirkungen haben, sondern die gesamte Wertschöpfungskette bis hin zu Handwerkern und Baustoffhändlern massiv betreffen", warnt Murhammer.

"Düstere Zeiten"

Dass auf die Branche "düstere Zeiten" zukommen könnten, wurde erst vor wenigen Wochen in einer Branchenstudie der Wiener Unternehmensberatung Advicum Consulting betont. "Der aktuell geringe Baubedarf sowohl in den Städten als auch auf dem Land, die dramatisch gestiegenen Bau- und Materialkosten, steigende Zinsen und überzogen strenge Richtlinien für die Kreditvergabe stellen eine massive Gefährdung für die Branche dar", heißt es darin. Die Nachfrage nach Fertighäusern werde unter diesen Bedingungen in den nächsten Jahren mit Sicherheit geringer ausfallen.

Die Folgen des Ukrainekrieges und die Entwicklungen nach Corona hätten die Fertighausindustrie stark getroffen. "Rückgänge des Auftragsvolumens von 60 Prozent und mehr sind keine Seltenheit", berichtet Advicum-Equity-Partner Daniel Knuchel. Die Preise für Bauholz seien um rund 70 Prozent gestiegen, für Beton und Ziegel um rund 30 Prozent. Die Zinslast habe sich im letzten Jahr verfünffacht. Somit müssten für den Bau eines Hauses mit 150 Quadratmetern Wohnfläche heute um 235.000 Euro mehr aufgebracht werden als noch vor fünf Jahren, wurde für die Studie ausgerechnet.

Individualität als Norm

Lösungsansätze sehen die Unternehmensberater im Einsatz moderner Digitaltechnologie, um noch mehr in Richtung "standardisierter Individualisierung" vorzudringen. "Standardhäuser werden bald der Vergangenheit angehören", das Fertighaus der Zukunft sei das individuell konfigurierte Smart Home. "Die Nachfrage nach flexiblen Wohnformen und Grundrissen steigt deutlich", heißt es in der Advicum-Studie.

Und auch das Sanierungsgeschäft sei im Kommen. Dass sich der Leitgedanke der Nachhaltigkeit auch in der Fertighausbranche durchsetzt, dafür wäre es für Knuchel ohnehin hoch an der Zeit. "Während Anlageportfolios in Richtung null Treibhausgasemissionen steuern und private Bauherren immer häufiger auf Passiv- und Energie-plus-Häuser setzen, gibt es immer noch Marktteilnehmer, die mit 'Greenwashing' über die Runden kommen wollen."

Nachverdichtung und Objektbau als Chance

Verband-Geschäftsführer Murhammer sagt, dass die Branche künftig noch viel stärker ihr Heil etwa in Reihenhäusern oder auch in der innerstädtischen Nachverdichtung suchen werde müssen. "Manche unserer Unternehmen denken ohnehin schon sehr stark in diese Richtung." Aufstockungen von eingeschoßigen Häusern beispielsweise aus den 1980er-Jahren seien mit Fertigteilelementen gut machbar, die in der Branche übliche Holzbauweise würde das auch begünstigen.

Bei Hersteller Vario setzt man auch schon seit vielen Jahren stark auf den Objektbau, also auf den mehrgeschoßigen beziehungsweise großvolumigen Bereich, sowohl für Bauträger als auch in Eigenregie. Für die gemeinnützige EGW Heimstätte hat man in Wiener Neustadt soeben eine Reihenhaussiedlung mit 20 Wohneinheiten fertiggestellt und übergeben. Die Einheiten haben jeweils rund 115 Quadratmeter und verteilen sich auf fünf Objekte. Auch in Theresienfeld baut man zwei Doppelhäuser mit jeweils zwei Wohneinheiten. Der Objektbau mache mittlerweile ein gutes Drittel des Geschäfts aus, sagt Geschäftsführer Daniel Gruber.

"15 sehr gute Jahre gehabt"

Sein Unternehmen ist noch bis Anfang kommenden Jahres sehr gut ausgelastet, danach befürchtet auch er einen Einbruch. Was das für die Konjunktur bedeuten würde, hat die Politik seiner Ansicht nach zu wenig im Blick.

Doch dass es irgendwann wieder einmal nicht gar so rosige Zeiten geben würde, das wird wohl vielen in der Branche ohnehin klar gewesen sein. "Die Branche blickt auf 15 sehr gute Jahre zurück", sagt Verband-Geschäftsführer Murhammer. (Martin Putschögl, 2.4.2023)