Der 39-jährige Adam Pendleton legte in den letzten Jahren eine steile Karriere hin.
Foto: Matthew Placek

Scheinwerferlicht umkreist das Denkmal. Stroboskoplichter legen Details des monumentalen Reiters hoch zu Ross frei, der Sockel ist mit unzähligen, bunten Graffitis verunstaltet. Seit seiner Enthüllung stand das Monument des Konföderierten-Generals Robert E. Lee 130 Jahre lang problemlos in Richmond, Virginia. Die Black-Lives-Matter-Proteste brachten es zu Fall, 2021 wurde es schließlich aus dem öffentlichen Raum entfernt. Die Zeiten haben sich geändert.

Die Videoarbeit Toy Soldier von Adam Pendleton ist fragmentiert, setzt sich aus Material der Vergangenheit sowie der Gegenwart zusammen. Derart politisch sind seine Werke selten – das Problem des Rassismus in den USA ist jedoch Lebensrealität des 39-jährigen Künstlers. Selbst in Richmond aufgewachsen, lebt er seit seinem 18. Lebensjahr in New York. Heute gilt er als Star in der Kunstszene.

In den letzten Jahren legte er eine steile Karriere hin: Pendleton wird von der renommierten Pace Gallery vertreten, seine Werke befinden sich in Sammlungen des Guggenheim sowie der Londoner Tate, und 2021 zeigte das MoMA in New York eine aufsehenerregende Präsentation. Nun eröffnete das Wiener Mumok mit Blackness, White, and Light die erste Einzelausstellung des gehypten Künstlers in Europa.

Black Lives Matter: Ins Zentrum seiner Videoarbeit "Toy Soldier" stellt Pendleton das mittlerweile entfernte Denkmal des Konföderierten-Generals Robert E. Lee in seiner Heimatstadt Richmond.
Foto: Adam Pendleton, courtesy of the artist and Galerie Eva Presenhuber

Blackness und Avantgarde

Pendletons Palette ist breit: Er arbeitet mit Zeichnung, Malerei, Skulptur, Film und Text. Die Sprache seiner Kunst ist hingegen eine reduzierte und äußerst komplexe. Grundlage für einen Großteil der Werke ist die 2008 entstandene Idee des "Black Dada", die eine nie abgeschlossene Untersuchung der Beziehung zwischen Blackness, Abstraktion und Avantgarde darstellt. Das 2017 veröffentlichte Manifest des Konzeptkünstlers bringt europäische dadaistische Texte, die auf das Trauma des Ersten Weltkriegs Bezug nehmen, und Schriften aus dem Black Arts Movement zusammen, die auf rassistischer Gewalt der 1960er-Jahre basieren – und kombiniert sie.

Die Serie der Black Dada Paintings lässt sich also als Basis seines malerischen Schaffens verstehen, die Kuratorin Marianne Dobner an den Anfang ins Erdgeschoß des Mumok hängen ließ. Es sind abstrakte Großformate, die der Künstler zuerst in seinem Studio malt und sprayt, sie dann fotografiert, digital bearbeitet, collagiert und schließlich als Siebdruck auf die Leinwand bringt.

Beruhend auf seiner Idee des "Black Dada" schafft Adam Pendleton Malerei, Video und Skulpturen. Hier ein neues Werk aus seiner "Black Dada Painting"-Serie.
Foto: Adam Pendleton, courtesy of the artist

Worin besteht seine Sprache?

Frühe Werke dieser Serie kombinierten noch Buchstaben aus den Worten "Black Dada" sowie die Formensprache des Minimalismuskünstlers Sol LeWitt – übrigens einer der ersten Sammler Pendletons. In den ganz neuen Arbeiten finden sich keine Spuren mehr davon: Pendleton verzichtet auf Text, konkrete Bezüge zur Kunstgeschichte und durchbricht sein Schwarz-Weiß-Spektrum mit grellem Blau oder Gelb. Geometrische Formen, Drips und Street-Art-Farbgerinnsel überlagern einander. "Pendleton hat seine eigene Sprache gefunden", so die Kuratorin. Worin diese genau besteht, bleibt noch offen.

Außer bei diesem freien Farbauftrag wird Pendletons streng konzeptionelle Arbeit nur selten vom Zufall gestört. Seine Ausstellungen gelten als komponierte Gesamtkunstwerke. In dieser Logik bilden die Gemälde auch im räumlichen Kontext – gemeinsam mit rätselhaften Keramikskulpturen – die wortwörtliche Grundlage für die umfassende Ausstellung, die sich im zweiten Obergeschoß fortsetzt.

Dort durchschneiden schwarze Dreiecke den Raum und dienen als Wandflächen für Gemälde und zugleich als begehbare Kojen für Videoarbeiten. Letztere sind intime Porträts von Personen aus Pendletons Umfeld, darunter die Aktivistin Ruby Nell Sales, der Professor für Gender-Studies, Jack Halberstam, oder der Choreograf Kyle Abraham.

Schwarze Dreiecke durchschneiden den Ausstellungsraum. Sie dienen als Wandflächen für Gemälde und zugleich als begehbare Kojen für Videoarbeiten.
Foto: Klaus Pichler, © mumok

Fehlende Wegweiser

Ähnlich wie seine Bilder legt Pendleton die Filme als komplexe Collagen an. Allerdings sind auch hier die einzelnen Schichten ohne Erklärung nicht einfach zu sezieren. Hauptproblem dieser Ausstellung: Das strenge Gesamtkonzept lässt nur wenig Raum für Informationen zu den einzelnen Werken.

Anstatt die eigentlichen Inhalte und zahlreichen Quellen der Werke offenzulegen, bleibt man als Publikum unfreiwillig und etwas orientierungslos an der Oberfläche. Pendletons Ziel, mit der Schau in ein "Labyrinth der Visualität" zu locken, hat der Künstler jedenfalls erreicht. (Katharina Rustler, 3.4.2023)