Die Fußgängerzone Favoritenstraße auf der Höhe des Viktor-Adler-Markts.

Foto: Christian Fischer

Das Viertel zwischen Reumannplatz, Keplerplatz, Favoritenstraße und Viktor-Adler-Markt – es ist nur das jüngste Beispiel, das Karl Mahrer anführt, wenn er von "Brennpunkten" spricht. Die Debatte rund um die Frage, wie unsicher oder sicher die österreichische Hauptstadt und einzige Großstadt des Landes ist, kommt in regelmäßigen Wellen. Zumeist wird sie angestoßen von der FPÖ, die bei dem Thema gleich zwei ihrer Leibthemen verbindet: Kriminalität. Und Ausländer.

Aber auch die ÖVP hat Wien seit geraumer Zeit als gefährlich eingestuft. Zwar gilt die Stadt im internationalen Vergleich als durchaus sicher. Karl Mahrer, der türkise Landesparteiobmann, der vor seinem Einstieg in die Politik Vize-Polizeipräsident in Wien war, sorgt sich allerdings wegen "Zuständen wie in Berlin-Neukölln oder in den Vorstädten von Paris" und einer "Clan-Kriminalität wie in Malmö", wie er es formuliert. Ein Überblick über die Orte, die Mahrer dabei speziell im Visier hat:

Favoriten

In seinem jüngsten Video machte den "Brennpunkt Favoriten" aus. Einige Teile des zehnten Bezirks seien für autochthone Österreicherinnen und Österreicher nicht mehr attraktiv, da sie durch "Gewalt, Kriminalität sowie die Abschottung ethnischer Communitys abgeschreckt und verdrängt" würden, befanden er und zwei weitere ÖVP-Politiker darin. Das seien "genau die Anfänge sogenannter No-Go-Zonen, die es in anderen europäischen Großstädten bereits gibt". Schon im vergangenen Sommer hatte Mahrer in einem Posting auf Instagram davor gewarnt, Favoriten zu einem "Kriminalitätsghetto" verkommen zu lassen.

Brunnenmarkt

Auch den Brunnenmarkt in Ottakring hat Mahrer im März in den Fokus gerückt. In einem Clip auf seiner Facebook-Seite beklagte er, dass dieses "einstige Wiener Wahrzeichen" in den vergangenen Jahren verkommen sei. "Syrer, Afghanen, Araber haben die Macht über den Brunnenmarkt übernommen", sagt Mahrer in dem Video. Das seien zwar "fleißige Menschen, die tagtäglich dort arbeiten", aber: Die österreichische Kultur sei am Markt im 16. Bezirk nicht mehr vorhanden. Mahrer vermisst dort laut eigenen Angaben österreichische Stände, etwa von Landwirten. Er wolle "keine Abschottung" und "keine Parallelgesellschaft, sondern Vielfalt". Mahrer erwähnt in dem 55-Sekunden-Beitrag explizit einen Syrer, der fünf Stände auf dem Markt habe. STANDARD-Recherchen ergaben jedoch, dass es zwar durchaus Unternehmer gibt, die mehrere Stände auf dem Brunnenmarkt betreiben – was freilich nicht verboten ist. Ein Standler betreibt sieben Stände: Dieser ist aber weder "Syrer, Afghaner oder Araber", sondern ein türkischstämmiger Unternehmer, der seit 2002 am Brunnenmarkt vertreten ist.

U6-Stationen

Die fortschreitende Entwicklung von Unsicherheitszonen in Wien sieht Mahrer vom "Brunnenviertel ausgehend bis zur U6 Josefstädter Straße": In der Gegend stünden Polizeieinsätze, Drogenhandel und -konsum "an der Tagesordnung". Er führte "zahlreiche Straßenzüge" in Ottakring und im benachbarten Rudolfsheim-Fünfhaus als weitere Beispiele an. Im Sommer 2022 hatte Mahrer eine Reihe von Beiträgen auf Instagram gestellt, in denen er "Unsicherheitsorte" in Wien vorstellt.

Auf einem Kurzvideo ist bei der U-Bahn-Station Gumpendorfer Straße eine der größten Suchthilfeeinrichtung der Stadt zu sehen. Diese bezeichnet Mahrer als "Hotspot für Kriminalität, Alkohol- und Drogensüchtige". Rund um den Bereich würden "drogen- und alkoholabhängige Menschen Passanten belästigen", hält Mahrer in der Aufnahme fest. Vier Stationen weiter macht er wieder halt: Die Kamera zeigt dort, auf Höhe der U6-Station Josefstädter Straße, biertrinkende Menschen im Bereich einer Einrichtung für Obdachlose.

Mariahilf

Im innerstädtischen Bezirk Mariahilf meint Mahrer, andere Formen der Belastung entdeckt zu haben: verschmutzte Hauswände, Leerstände und Graffitis etwa. Sie seien "der Anfang von Unsicherheitszonen", wie in einem älteren Video festgehalten wird, die SPÖ "schaut einfach zu". In dem Beitrag führt er ein vermeintlich leerstehendes Geschäft in der Gumpendorfer Straße als Beispiel an. Bei diesem handelt es sich allerdings nicht um einen Leerstand, sondern ein Lager, wie der Falter damals richtigstellte. Das laut Mahrer "illegale" Bordell gleich daneben ist zwar ein Bordell, aber kein illegales. Graffitis gibt es in Mariahilf tatsächlich. (Anna Giulia Fink, 4.4.2023)