Das umfangreiche Kühlsystem ist äußerlich das Auffälligste an einem Quantencomputer.
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Niemand kann heute voraussagen, wer am Ende das Rennen machen wird: Sind es vielleicht die gefangenen Ionen? Oder ziehen Supraleiter an ihnen vorbei? Setzen sich doch am Ende Atome in Gittern aus Licht durch? Der Ausgang dieses Wettstreits ist völlig offen, das Ziel jedoch steht fest: ein Computer, der die seltsamen Phänomene der Quantenphysik nutzt, um herkömmlichen Rechnern ein Schnippchen zu schlagen.

Zwischen null und eins

Für einen solchen Quantencomputer müssen Physikerinnen und Physiker sogenannte Qubits realisieren. Dabei handelt es sich um Systeme, die ähnlich wie normale Bits zwei Werte annehmen können, sich im Gegensatz zu ihren klassischen Cousins aber auch in Überlagerungszuständen zwischen null und eins befinden können. Diese Überlagerung – gemeinsam mit Effekten wie Verschränkung – lässt Quantencomputer bei Aufgaben brillieren, die klassische Rechner in die Knie zwingen. Kein Wunder, dass Fachleute verschiedene Wege verfolgen, Qubits umzusetzen.

Eine vielversprechende Möglichkeit sind Supraleiter-Qubits: Dabei kreisen Elektronen in winzigen, supraleitenden Schleifen. Fließen die Teilchen beispielsweise im Uhrzeigersinn, codieren sie etwa den logischen Wert "null", die Gegenrichtung würde dementsprechend "eins" bedeuten. Das Besondere: Die Elektronen können so beeinflusst werden, dass sie in beide Richtungen gleichzeitig laufen – das Qubit befindet sich in einem Überlagerungszustand.

Quantendolmetsch gesucht

Weil Supraleiter-Qubits bequem auf Computerchips Platz finden, scheinen sie ein aussichtsreicher Kandidat dafür zu sein, künftig Quantenrechner anzutreiben – wären da nicht zwei Nachteile: Zum einen erfordern Supraleiter ein Kühlsystem, das ganze Lagerhallen füllt. Und zum anderen sprechen die Qubits eine Sprache, bei der andere Quantencomputer nur Bahnhof verstehen.

Sollen mehrere Computer zu einem Netzwerk verbunden werden, ist Licht das naheliegendste Mittel: In Glasfasern lassen sich Daten schnell und beinahe verlustfrei transportieren. Damit aber die Schaltkreise über Licht miteinander kommunizieren können, braucht es eine Schnittstelle, die den elektronischen Input in Licht umwandelt.

"Bei klassischen Schaltkreisen übernimmt diese Aufgabe das Glasfasermodem", erklärt Johannes Fink, Physiker am Institute of Science and Technology Austria in Klosterneuburg in Niederösterreich. Doch auch supraleitende Qubits schalten und walten in Frequenzen, die Mikrowellenstrahlung entsprechen. Und das ist ein Problem: Um verschiedene Quantencomputer miteinander zu verbinden, müssen Quantenzustände übertragen werden. Mikrowellen sind dafür jedoch nicht geeignet, denn ihre Energie ist so gering, dass sich Signale nicht gegen die allgegenwärtige Wärmestrahlung durchsetzen könnten.

Vielversprechende Anwendungen

Genau hier setzen Fink und sein Team an: "Wir wollen eine Art Glasfasermodem für Quantenzustände bauen", umreißt der Wissenschafter sein Projekt, das kürzlich mit einer Förderung des europäischen Forschungsrates ERC gewürdigt wurde. Diese Schnittstelle soll also aus der Mikrowellen-Muttersprache der supraleitenden Qubits in die gemeinsame Sprache der übrigen Quantencomputermodelle übersetzen, die bevorzugt mit Licht interagieren.

Mit diesem Modem könnte etwa Verschränkung zwischen zwei Qubits in verschiedenen Quantencomputern hergestellt werden – selbst wenn ein Computer auf gefangenen Ionen beruht und der andere mit supraleitenden arbeitet. "Die größte Herausforderung dabei ist, dass Photonen nicht gerne miteinander interagieren", erklärt Fink, "außer man zwingt sie." Ist das Quantenmodem ausreichend effizient, können supraleitende Qubits in Computernetzwerke integriert werden. Denn was für klassische Rechner Standard ist, steckt bei ihren Quantenverwandten noch in den Kinderschuhen – dabei hat es große Vorteile, mehrere Quantencomputer miteinander zu verbinden, nicht zuletzt deshalb, damit sie sich gegenseitig auf die Finger schauen.

Zukunftsmusik

Angenommen, ein voll funktionstüchtiger Quantencomputer führt eine Rechnung aus, für die herkömmliche Rechner Jahrzehnte brauchen würden – wie könnten wir überprüfen, ob das Ergebnis stimmt? "Man braucht einen anderen Quantencomputer, um zu kontrollieren, ob der Rechner überhaupt das macht, was wir wollen", sagt Fink.

Ob solche Netzwerke je die Dimensionen eines Quanteninternets annehmen, bleibt abzuwarten. Doch bereits jetzt steht fest: Mit Projekten wie diesem behaupten sich österreichische Forschende einmal mehr unter den Pionieren der Quantentechnologien. (Dorian Schiffer, 14.4.2023)