Stefanie Herkner – Zur Herknerin: "Das meiste ist doch nur Chichi"

Stefanie Herkner studierte Kulturmanagement in London und kehrte schließlich zu ihren Wurzeln – ihr Vater war die Wiener Kochlegende Heinz Herkner – zurück. In ihrem Lokal Zur Herknerin in Wien-Wieden kocht sie nicht nur Wiener Küche, sondern bringt Interessierten auch bei, wie man perfekte Knödel kocht.
Foto: Julia Rotter

"Wir sagen zu dem Ding Spachtel oder Schaufel. In Wahrheit heißt es, glaub ich, Spatel. Bin mir aber auch nicht sicher. In der Küche verwendet man oft Ausdrücke, die man sich halt angewohnt hat, so wie zum Beispiel das ‚Hangerl‘. Das Besondere an dieser Spachtel ist, dass sie mehr als 30 Jahre alt ist. Sie war schon im Betrieb meiner Eltern im Einsatz. Heutzutage werden solche Teile gar nicht mehr auf diese Art produziert. Inzwischen ist ihr Griff meistens aus Plastik. Das Coole an unserer Spatel ist außerdem ihr spezieller Winkel. Ich hab ein, zwei andere Spatel gekauft, aus Angst, dass die alte mal kaputt geht. Aber die Neuzugänge haben nicht die geringste Chance.

Wir verwenden das Werkzeug, das für uns absolut essenziell ist, in erster Linie bei der Zubereitung von knusprigem Rösti für den Tafelspitz – unser Klassiker und auch mein jährliches Geburtstagsessen. Die Spachtel verwenden wir zum Drehen und Wenden, sie funktioniert aber auch wie ein Messer zum Zerteilen des Rösti. Auch beim Zerkleinern vom faschierten Braten tut sie gute Dienste.

Emotionale Bindung

Die Schaufel ist immer im Einsatz, und wenn sie sich mal nicht an dem Platz befindet, an den sie hingehört, ist das jedes Mal ein kleines Drama. Dann hört man nur: ‚Wooo ist die Spachtel?‘ Trotz meiner emotionalen Bindung zu ihr, scheu ich mich aber nicht davor, sie zu verwenden. Klar habe ich aber auch Angst, dass sie irgendwann kaputt geht. Wenn ich irgendwo ein solches Modell sehen würde, ich tät sofort zuschlagen.

Es stimmt schon, dass mit Küchenutensilien viel Geld gemacht wird, vor allem seit dem Auftauchen von Jamie Oliver ist Kochen einfach unglaublich in. In den USA und in Japan ist das Angebot noch unüberschaubarer als bei uns. Meiner Meinung nach braucht man den Großteil dieser Dinge nicht. Ich mein, wer benötigt schon einen Avocado-Aushöhler? Das meiste ist doch nur Chichi.

Bei uns in der Küche ist alles sehr reduziert. Wir haben nicht einmal einen Dampfgarer, wie man ihn heute in jeder Gastroküche findet. Bei uns wird lediglich auf vier Flammen gekocht. Oldschool. So habe ich es gelernt. Das Modernste bei uns ist eine Induktionsplatte für Notfälle. Es braucht auch keine neuen Erfindungen. Wichtig ist die Qualität der Zutaten und viel Liebe."

www.zurherknerin.at

Silvio Nickol – Gourmetrestaurant Coburg: "Die größte Erfindung wäre ein Ersatz für Plastik"

Der gebürtige Deutsche Silvio Nickol kochte unter anderem bei Ikonen wie Harald Wohlfahrt und Heinz Winkler, bevor er 2007 in die Küche des Schlosshotels Velden und damit nach Österreich übersiedelte. Seit 2011 ist er Küchenchef im Silvio Nickol Gourmetrestaurant im Palais Coburg in Wien. Er ist unter anderem mit zwei Michelin-Sternen und fünf Gault-Millau-Hauben ausgezeichnet.
Foto: Julia Rotter

"In der engeren Auswahl für das wichtigste Ding in der Küche stand auch eine Pinzette. Ich hab’ mich schlussendlich aber doch für den Mixer entschieden. Mixer sind bei uns den ganzen Tag im Einsatz. Genauer gesagt verfügen wir über drei Thermomix-Geräte und seit einigen Monaten über ein Modell von Heinzelmann, das für Profiküchen entwickelt wurde. Wir brauchen ein Gerät, das stark genug ist, erhitzen kann und fein genug mixt. Er ist einfach eine unglaubliche Arbeitserleichterung, bei vielen Dingen, zum Beispiel bei der Herstellung von Kräuterölen. Möchte ich ein Melanzani-Kompott reduzieren, weil so viel Wasser darin ist, gebe ich das ins Gerät, stelle auf ‚Aroma‘ und dann reduziert das dort drinnen, ohne anzubrennen. In einem Topf müsste ich die ganze Zeit rühren. Das fällt weg.

Umso länger ich allerdings über das Wichtigste in der Küche nachdenke, desto eher komme ich zum Schluss, dass die Mitarbeiter das Bedeutendste sind. Eigentlich müsste man die vor die Kamera stellen. Gerade in der jetzigen Situation in der Gastronomie. Wir arbeiten in der Küche zu siebent für maximal 35 Gäste. Also noch mal: Meine Leute, die sind das Wichtigste.

Was den Überfluss an Küchendingen in einer Vielzahl von Geschäften betrifft, fällt mir Folgendes ein. Wenn man weiß, wofür die Werkzeuge gut sind, sich mit ihnen gründlich befasst und gerne kocht, dann kann man sie auch für Verschiedenes gebrauchen.

Fein wie Damenstrümpfe

Wenn ich Kochkurse abhalte, reiße ich die Leute mit und die bestellen dann gleich eine ganze Latte an Dingen. Ich sage ihnen allerdings schon, was Sinn macht und was nicht. Was sinnvoll ist? Zum Beispiel verschiedene Silikonmatten für alles Mögliche. Die ersetzen auch das Backpapier. Es geht ganz einfach darum, Arbeitsprozesse zu erleichtern und gleichzeitig an die Umwelt zu denken. Weiters verwenden wir in der Küche Siebe, die sind so fein wie Damenstrümpfe und sie lassen sich unter klarem Wasser abspülen. Auch so ein Ding, das ich empfehle.

Ich erkläre den Leuten auch, dass Originalverpackungen in der Küche nichts zu suchen haben. Dabei denke ich an die Notwendigkeit, sich gut zu organisieren. Man macht sich ein schönes System, und beschriftet die Behältnisse, dadurch wird alles ordentlicher und leichter auffindbar. Aber in Sachen Organisation und Struktur schlägt wohl auch das Deutsche in mir durch.

Es kommt immer wieder mal vor, dass ich in der Küche zu meinen Leuten sage: ‚Warum hat eigentlich dieses und jenes noch keiner erfunden?‘ Wir selbst haben einfach keine Zeit, auch noch Patente anzumelden. Deshalb vergesse ich die Ideen dann auch gleich wieder. Und unterm Strich sind wir mit Geräten sehr gut ausgestattet. Die absolut größte Erfindung wäre es, wenn endlich mal jemand draufkäme, wodurch man Plastik ersetzen kann."

www.palais-coburg.com

Eduard Dimant – Restaurant Mochi: "In meinen Sieben schwammen schon eine Menge Nudeln"

Eduard Dimant begann schon mit 16 neben der Schule in einer Berliner Sushi-Bar zu arbeiten, aber erst mit 24 Jahren entschied er sich, eine Kochlehre zu machen, danach ging er nach Paris und kochte unter anderem bei Pierre Gagnaire. Seit 2012 ist er Küchenchef des von ihm mitgegründeten Lokals Mochi in der Wiener Praterstraße, in dem der Fokus auf japanischer Küche mit internationalen Einflüssen liegt.
Foto: Julia Rotter

"Es ist gar nicht leicht, sich aus dem Trio Reiskocher, Stäbchen fürs Anrichten und Nudelsieb einen Favoriten herauszupicken. Ich nehme im Zweifelsfall das Nudelsieb. Es hilft mir, die Ramen-Nudeln punktgenau portionsweise zu kochen und abzuschrecken, bevor sie in der Schüssel landen. Das richtige Sieb verhindert, dass auch Wasser in der Schüssel landet. Das ist sehr wichtig. Nudelsiebe gibt es in vielen Regionen, sei es in Japan, China oder Italien. Meine stammen aus Japan, wo ich sie selbst ausgesucht habe.

Ich mag sie besonders, weil sie gut in der Hand liegen und einen schönen, tiefen Einsatz haben, sodass die Nudeln nicht an der Oberfläche, sondern weiter unten schwimmen. Außerdem eignen sie sich für verschiedene Formen von Nudeln. In unserer Ramen-Bar sind sechs Stück im Einsatz, zwei weitere verwende ich bei meinen Kochkursen. Ich glaube, sie haben 25 Euro pro Stück gekostet.

Natürlich gibt es große Unterschiede, auch preislich. Wenn man sie gut behandelt, halten die schon ein Weilchen, sicher zehn Jahre. Meine sind jetzt seit zwei Jahren im Einsatz, so gut wie an jedem Tag. Eine ganze Menge Nudeln also, die da drin schwammen. Ich lege großen Wert darauf, gut mit meinen Dingen umzugehen, egal ob es sich um Messer oder Siebe handelt. Auch meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sage ich, sie mögen die Küchenutensilien bitte so behandeln, als wären sie ihre eigenen.

Viel Schabernack

Ich denke schon, dass man als Koch zu manchen Utensilien eine Beziehung aufbaut, etwas, das über den bloßen Gedanken der Funktion hinausgeht. Bleiben wir beim Sieb. Wenn man jeden Tag damit arbeitet, ist man auch davon abhängig. Das gilt auch für eine Uhr oder eine scheinbar banale Zahnbürste. Der ganzen Sache wohnt auch etwas Ritualhaftes inne, so wie der tägliche Kaffee am Morgen. Man braucht es und will es haben.

Klar wird in Sachen Küchengeräte und Kochwerkzeug auch viel Schabernack getrieben. Die Industrie und der Handel reden der Kundschaft jede Menge unnützes Zeug ein, um ihr das Geld aus der Tasche zu ziehen. Schauen Sie sich doch nur die Auslagen der großen Geschäfte im Bereich Kulinarik an. Da weiß man bei manchen Dingen nicht einmal, wofür sie gut sein sollen. Dabei ist es natürlich auch ein Unterschied, ob man Profi ist, oder sich nur eine einfache Mahlzeit zubereiten will.

Als ich Lehrling war, hat sich mein Chef eines Tages die Finger an einer Pfanne verbrannt. Ich habe mir dann überlegt, dass es doch toll wäre, etwas zu erfinden, dass ein Signal gibt, wenn eine Pfanne heiß ist. Ein Kollege und ich sponnen dann weiter herum und dachten an eine Pfanne, die sich mit steigender Hitze rot verfärben würde. Irgendwie verschwand diese Idee dann wieder aus unseren Köpfen. Jahre später brachten dann die Marke Tefal die Produkte mit dem roten Punkt auf den Markt, der in der Mitte einer Pfanne anzeigt, dass sie heiß ist. Man hat immer wieder mal so Einfälle, die dann wieder entschwinden."

www.mochi.at

Christina Nasr – Alma Gastrothèque: "Der Hobel macht keine Zicken"

Christina Nasr stürzte sich 2018 als Quereinsteigerin mit der Eröffnung der Alma Gastrothèque in Wieden ins Abenteuer Gastronomie. Als Küchenchefin kredenzt sie alpin-maritime Gerichte, viele davon vegetarisch.
Foto: Julia Rotter

"Umgangssprachlich nennt man das Ding wohl Gurkenhobel. Wir nennen es Gemüsehobel. Oder überhaupt nur Hobel. Es handelt sich um ein ganz einfaches Objekt und kostet gerade mal sieben Euro. Mittlerweile gibt es das Teil auch in komplizierten Ausführungen, sogenannten Mandolinen mit allerlei Ein- und Aufsätzen. Die kosten bis zu 200 Euro. Mir sind die zu kompliziert.

Bei uns hat jeder seinen eigenen Hobel und in Reserve gibt’s dann noch einmal zehn bis 15 Stück. Ewig halten die Dinger nicht. Vor allem nicht bei uns. Die sind nonstop im Einsatz. Oder sagen wir jeden Tag mehrmals.

Wir verwenden Hobel für alles, was wir dünn bis durchsichtig hobeln, also Gurken, rote Rüben, Fenchel, Kohlrabi etc. Ich liebe dieses Teil und möchte sagen, dass Hobeln viel mit Sensorik zu tun hat. Gerät ein Fenchel zu dick geschnitten, entspricht er einer komplett anderen Geschmackswelt, schmeckt er, wie soll ich sagen, irgendwie derb. Ist er dünn gehobelt und man gibt ein bisschen Olivenöl, Salzflocken und Zitrone drauf, schaut die Welt ganz anders aus. Ich kann die Anschaffung eines Hobels also durchaus empfehlen. Es gibt auf jeden Fall Dinge in der Küche, die ich nicht so gern angreife wie ihn.

Der Hobel ist mein bester Freund, weil er mir immer gute Dienste leistet, ohne Zicken und Murren. Egal, was man mit ihm anstellt, es ist immer am Punkt.

Das erste Küchenutensil, an das ich mich erinnern kann, ist eine Salatschüssel von Riess-Emaille bei meiner Oma. Die war permanent in Verwendung. Durch sie hat sich wahrscheinlich schon sehr früh meine Liebe zu Gemüse und Salat manifestiert. Ich arbeite auch immer wieder mit Rezepten aus meiner Kindheit, die ich aufpeppe und ins Heute hole. Dabei gilt es darauf zu achten, dass das Gericht nicht seine ursprüngliche Seele verliert.

Optimale Pfanne

Was noch erfunden gehört, ist eine gute Frage. Also ich muss sagen, dass ich für mich bis heute nicht die perfekte beschichtete Pfanne gefunden habe. Wir haben sowohl privat als auch beruflich sehr viele ausprobiert, aber wie teuer sie auch sein mögen, eine jede hat ihre Schwachstelle. Also die optimale Pfanne, die suche ich noch.

Ich empfinde das mittlerweile unglaublich große Angebot an Küchenutensilien einerseits als positiv, da sich die Menschen wieder mehr mit dem Kochen beschäftigen. Das hat sicher auch mit den Lockdowns zu tun. Andererseits kommt es auf den Mix an. Ich sage immer, alles, was mehr als drei Teile hat, wird nie verwendet. Nichts spricht gegen eine tolle Küchenmaschine, aber ich denke, man sollte sich wieder mehr auf die einfachen Dinge besinnen, zum Beispiel auf einen Gemüsehobel. Ach ja, was ich auch für völlig überflüssig halte, sind diese Spaghetti-Abmessdinger." (Michael Hausenblas, RONDO, 17.4.2023)

www.alma-gastrotheque.at