Das – recht normal anmutende – Foto (s. unten) hat es in sich: ein Handschlag in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa, zwischen dem Abgesandten Saudi-Arabiens und dem Vertreter der Huthis. Im Grunde ist es der Moment einer Kapitulation: Saudi-Arabien findet sich offiziell damit ab, dass die international anerkannte jemenitische Regierung, zu deren Gunsten eine saudischgeführte Koalition 2015 militärisch im Jemen interveniert hat, nicht mehr an die Staatsspitze zurückkehren wird, zumindest nicht anstelle der Huthi-Rebellen.

Huthi-Vertreter Mahdi al-Mashat empfängt in Sanaa den saudischen Diplomaten Mohammed al-Jaber.
Foto: AFP/SABA

Gespräche zwischen den Huthis und Saudi-Arabien gab es schon seit einiger Zeit, wie auch diesmal unter Ägide des Oman. Die Abordnung aus Riad wurde von Mohammed al-Jaber, dem saudischen Botschafter im Jemen – bei der "anderen", der jemenitischen Regierung im Exil –, angeführt und von einer omanischen Delegation begleitet. Empfangen wurden sie von Mahdi al-Mashat, dem Vorsitzenden des Höchsten Politischen Rats der Huthis.

Die ausgetauschten Wangenküsse waren von hohem Legitimationswert für die Rebellengruppe. Die Huthis hatten die damalige Regierung von Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi 2014 aus Sanaa und später sogar aus Aden – das führte zum saudischen Eingreifen – vertrieben. Für die Saudis waren sie Vasallen der Islamischen Republik Iran.

Eine neue Dynamik

Schon länger ist klar, dass Saudi-Arabien den Krieg hinter sich lassen will, den der 2015 neu ins Amt gekommene Verteidigungsminister Mohammed bin Salman – mittlerweile mächtiger Kronprinz – total unterschätzt hatte. Aber durch die von China vermittelte Annäherung zwischen Riad und Teheran ist nun eine neue Dynamik entstanden.

Laut Uno-Sondergesandten Hans Grundberg war der Jemen seit Jahren "noch nie so nahe an einem echten Friedensprozess". Die Uno hat eine eigene, inklusive Vermittlungsschiene, die möglichst alle Gruppen einschließt. Denn bei einem reinen Saudi-Huthi-Arrangement besteht die Gefahr, dass sich ganze Sektoren der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen könnten.

Die politische und militärische Landschaft ist auf beiden Seiten fraktioniert. Die Huthis selbst – ein zaiditisch-schiitischer Clan, der zu einer religiös unterlegten Bewegung wurde – üben Macht durch Subgruppen aus, die alle auch wirtschaftliche Interessen haben. Auf der anderen Seite wurden Präsident Hadi und Vizepräsident Ali Mohsen al-Ahmar im April 2022 durch einen "Präsidentiellen Führungsrat" abgelöst. Ihn hat Saudi-Arabien mit handverlesenen Personen bestückt, die unterschiedliche politische Kräfte repräsentieren. Auch sie sind oft zerstritten – aber völlig von Riad abhängig.

Saudische Sicherheitsinteressen

Saudi-Arabien scheint bereit zu sein, mit den Huthis – und damit mit dem iranischen Einfluss – im Jemen leben zu lernen, solange seine Interessen, seine Grenzen und die Sicherheit gewahrt werden: Hunderte Raketen und dann auch Drohnen der Huthis gingen anfangs in der jemenitisch-saudischen Grenzregion nieder und später sogar auf den Flughafen Riad oder ab 2021 auf die Ölanlagen der Aramco. Damals warteten die Saudis vergeblich auf Hilfe vonseiten der USA.

Für die Huthis steht die Öffnung aller Häfen unter ihrer Kontrolle und des Flughafens in Sanaa im Vordergrund. Vor einem Jahr wurden im Rahmen eines Waffenstillstands erste Lockerungen vereinbart. Die Waffenruhe lief zwar im Oktober aus, hielt aber irgendwie doch, bis auf vereinzelte Kämpfe im Zentraljemen.

Saudis im Iran

Als Saudi-Arabien und der Iran am 10. März in Peking überraschend die Wiederaufnahme ihrer diplomatischen Beziehungen ankündigten, war mit einem langen Prozess zu rechnen. Es geht aber Schlag auf Schlag. Ebenfalls am Samstag traf eine saudische Delegation in Teheran ein, um die Öffnung der Botschaft des Königreichs zu besprechen. Sie war im Jänner 2016, nach der Hinrichtung des schiitischen Geistlichen Nimr Baqir al-Nimr in Saudi-Arabien, angegriffen worden. In Teheran sollen Banner, die an Scheikh Nimr erinnern, teilweise abmontiert worden sein.

Angesichts der iranisch-saudischen Détente dürfte Teheran auch wenig Interesse an einer Eskalation im Libanon haben: Die von dort auf Israel abgeschossenen Raketen stammen zwar von palästinensischen Gruppen, aber ohne Abnicken durch die Hisbollah – Irans Stellvertreter im Libanon – passiert im Südlibanon nichts. Auch bei den vom syrischen Golan abgefeuerten Raketen wurde der palästinensische Kontext betont.

"Achse des Widerstands"

Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah empfing am Sonntag in Beirut die Hamas-Führer Ismail Haniyeh und Saleh al-Aruri. Zwar wird im Libanon offiziell die "Aggression Israels in der Al-Aqsa-Moschee" in Jerusalem als Rechtfertigung für die Raketensalven angeführt. Auf Social Media gibt es jedoch auch Proteste, dass der Libanon einmal mehr in die palästinensisch-israelische Schusslinie zu geraten droht. Die Hisbollah ist ohnehin bei einem Teil der Bevölkerung verhasst. Die hat andere Probleme als Irans "Achse des Widerstands" in der Region, zu der auch die Huthis gehören. (ANALYSE: Gudrun Harrer, 11.4.2023)