Durch das Carsharing steht das Auto nicht ständig nur herum, sondern wird öfter verwendet.

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Es muss gar keine komplizierte Sache sein, wenn sich mehrere Leute ein Auto teilen. "Das Auto gibt es, es ist niemand darauf angewiesen. Wir haben einen Online-Kalender, wo man sich einträgt, wenn man es braucht", sagt Ina, die in Salzburg Teil einer privaten Carsharinggemeinschaft ist. Mehrere Personen nutzen gemeinsam ein Auto, das sie von einem fixen Standort abholen und nach der Fahrt dort auch wieder abstellen.

Die Autogemeinschaft in Salzburg hat 2019 zusammengefunden, nachdem eine Freundin ihr bis dahin allein genutztes Auto verkaufen wollte. Es gab im Freundeskreis vier Personen, die gerne einen fahrbaren Untersatz gehabt hätten. Aber für niemanden sei es nötig gewesen, ein Auto für sich alleine zu haben. Also entschieden sie sich zum Gemeinschaftskauf.

"Es war klar, dass den Wagen auf die Art mehr Menschen nutzen werden", sagt die Wahl-Salzburgerin. Also haben die vier Käufer zu einem Treffen für "Interessierte am Teilen" eingeladen. So ist auch Ina als Nutzerin zur Gruppe gestoßen. Anfangs waren neun Personen beim Carsharing dabei, mittlerweile seien drei Mitglieder weggezogen, dafür andere dazugekommen. Aktuell nutzen sieben Personen und ein Hund den Wagen.

Freizeitauto für Alltagsradler

Das Gemeinschaftsauto ist ein grauer Škoda Octavia. "Diesel, Kombi, geräumig und sparsam im Verbrauch", fasst Ina die Eckdaten des Fahrzeugs zusammen. Er habe schon viele Umzüge mitgemacht, wird überwiegend für Freizeitfahrten verwendet und habe schon Urlaubsanreisen nach Kroatien oder Spanien hinter sich. Er hat also bereits einige Kilometer als Gemeinschaftsauto zurückgelegt.

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) unterscheidet prinzipiell zwischen zwei Formen des privaten Carsharing: einerseits die Form des Miteigentums, bei dem das Auto gemeinsam gekauft und finanziert wird. Dabei sind alle Partner gleichberechtigt. Die konkreten Regeln der Nutzung und der Frage, in welchem Maß eine Partei Eigentum am Fahrzeug besitzt, könnten untereinander vertraglich vereinbart werden. Anderseits gibt es die Automitbenutzung, bei der das Auto Eigentum einer Partei ist. Die Benutzung des Autos ist dann anderen Personen gegen einen Kostensatz gestattet.

Vertrauen und Solidarität

Beim Salzburger Gemeinschaftsauto haben sich die Mitglieder für einen Mix aus beiden Modellen entschieden: Gekauft haben den Škoda Octavia vier, angemeldet ist er jedoch nur auf eine Person. Um die Unterhaltskosten zu decken, überweisen die Nutzer und Besitzerinnen des Pkws monatlich nach Selbstermessen einen Betrag zwischen 20 und 40 Euro auf das Konto des Zulassungsinhabers. "Es kann ja sein, dass jemand weniger verdient als andere und trotzdem das Auto nutzen will", erklärt Ina die unterschiedlichen Kostenbeteiligungen. Von dem so gesammelten Geld werden die 92 Euro, die monatlich für die Versicherung anfallen, die Kosten für die Vignette, Service, Pickerl, Reifen und Reparaturen finanziert. Seit Oktober 2021 seien insgesamt Kosten in der Höhe von 4350 Euro entstanden.

Einen schriftlichen Vertrag über die gemeinsame Nutzung gibt es nicht. Das Autoteilen basiere auf gegenseitigem Vertrauen, sagt Ina. So auch das Tanken. Die Spritkosten bezahle jeder selbst. Wenn man nur kurze Strecken fahre, lasse man ebenfalls nach Selbstermessen für die Person, die dann später volltankt, ein bisschen Geld im Auto.

Die Autogemeinschaft wird über eine Signal-Gruppe und einen verschlüsselten Onlinekalender koordiniert. Dort tragen alle ein, wann und wie lange er oder sie das Auto nutzen möchte. Eine App zu nutzen sei dafür nicht infrage gekommen. "Wir sind eine Gruppe, der Datenschutz sehr wichtig ist."

Der graue Škoda Octavia Kombi hat zwar seinen fixen Parkplatz in der Stadt Salzburg und einen Zulassungsinhaber, jedoch vier Besitzer. Sieben Personen und ein Hund (Ohren im Bild) nutzen und teilen das Auto.
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Trudeln Strafen für Falschparken oder für eine Geschwindigkeitsübertretung ein, werde einfach im Onlinekalender nachgesehen, wer zu diesem Zeitpunkt gefahren ist. "Das bezahlt die Person selbst", betont Ina. Dies sei aber noch nicht oft vorgekommen. Vor anstehenden Reparaturen werde gemeinsam besprochen, was zu tun ist. "Wir sind alle nicht autoaffin", sagt Ina. Bei einer kleinen Schramme habe etwa ein Mitglied einen Lackstift gekauft und diesen verwendet. Bei der letzten großen Reparatur um rund 1000 Euro in der Werkstatt sei der bisher angesparte Geldpolster aufgebraucht worden.

Funktionieren könne das nur, weil keines der Mitglieder das Auto im Alltag brauche. Was auch den Erfahrungen des VCÖ entspricht: Denn das stationsbasierte Carsharing werde laut dem Verkehrsclub selten für Routinewege und Kurzstrecken in Anspruch genommen, sondern dient als Ergänzung zu den öffentlichen Verkehrsmitteln. Ob man wirklich das Auto brauche, werde bei jeder Fahrt hinterfragt.

Ina ist überwiegend mit dem Fahrrad unterwegs. Das Auto verwende sie meist für Großeinkäufe, Umzüge oder Urlaub – und hin und wieder fürs Training, wenn es regnet. Andere Mitglieder nutzen es für Skiurlaub oder im Sommer für einen Ausflug zum See. Insgesamt fahren die Leute der Autogemeinschaft überwiegend mit den Öffis oder dem Fahrrad. "Es kann auch sein, dass das Auto eine Woche oder länger dasteht, und keiner nutzt es", sagt Ina, auf deren Parkplatz der Kombi auch parkt.

Stellplatz mit Schlüsselkasten

Zu ihrer Wohnung in Lehen gehöre ein Stellplatz. Einige der Mitglieder der Carsharing-Gruppe wohnen ebenfalls in Gehdistanz zum Stellplatz, andere würden eben mit dem Fahrrad – zum Beispiel vom Stadtteil Parsch aus – zum Auto fahren, um es nutzen zu können. Der Schlüssel des Wagens ist für alle zugänglich in einem Schlüsselkasten mit einer Zahlenkombination verwahrt. Ob das Auto verfügbar ist oder nicht, ist immer aktuell im Onlinekalender abrufbar.

Menschen, die selbst ein privates Carsharing organisieren wollen, rät Ina, vorerst die Erwartungen der Mitglieder abzuchecken. Für welche Fahrten wird das Auto genutzt? Was ist wem wichtig? Passen die Interessen zusammen? Wie bespricht man sich in der Gruppe? "Wenn jemand in der Gruppe sagt: ‚Ich will nicht, dass jedes Wochenende das Auto verplant ist‘, und viele Leute dabei sind, die nur Wochenendausflüge machen wollen, dann wird es schwierig", sagt Ina.

Auch bei der Pflege des Autos sollten sich die Mitglieder einer Autogemeinschaft einig sein. Jeder räume seinen Müll selbstverständlich auf, bevor er das Auto übergebe, erzählt Ina. Aber richtig geputzt werde das Fahrzeug eigentlich selten. Hin und wieder werde der Kombi ausgesaugt. "Er war erst ein oder zwei Mal in seinem Leben mit uns in einer Waschstraße", sagt Ina. Das hat einen Passanten, nachdem Saharastaub gefallen ist, schon einmal dazu veranlasst, mit dem Finger auf die Scheibe aufzumalen: Bitte wasch mich! In der Salzburger Autogemeinschaft ist das Fahrzeug vor allem eins: ein Gebrauchsgegenstand. "Wir sind alle keine Autofans", sagt Ina. (Stefanie Ruep, 13.4.2023)