Aufenthaltraum im Familenanhaltezentrum Zinnergasse in Wien.

Foto: Robert Newald

Der Abschiebeflug von Familie Lopez ist für heute, Donnerstag, Abend gebucht. Um 20 Uhr soll das Flugzeug Richtung Indien abheben. Einem mehr als dreijährigen Ringen um Verbleib würde damit ein Ende gesetzt: Die 40-jährige Emilia, ihre 21-jährige Tochter Joia und ihr 15-jähriger Sohn Joshua haben sich intensiv bemüht, in Österreich Fuß zu fassen.

Tatsächlich arbeitete die Mutter gerade als Köchin, als sie am Dienstag frühmorgens von acht Wega-Polizeikräften in der oberösterreichischen Gemeinde Haslach aus dem Bett geholt und in den Arrest gebracht wurde. Joia machte eine Ausbildung zur Altenpflegerin, Joshua besuchte die Mittelschule und spielte im örtlichen Fußballverein.

Personalnot

Doch so sehr Köchinnen und Pflegerinnen in der herrschenden Personalnot auch gefragt sind, so sehr sich der Haslacher Pfarrer über die Mithilfe Emilias als Mesnerin in der Kirche freute: Seit das Bundesverwaltungsgericht im April 2022 eine Revision der Asylablehnung abgelehnt hatte, war die Chance, die Ausweisung abzuwenden, minimal. Auch der eingebrachte Asylfolgeantrag änderte daran nichts, denn er stoppte die Abschiebung nicht.

Ihren Asylantrag hatten die Lopez’, Katholiken aus dem indischen Bundesstaat Goa, im August 2021 gestellt. Auf einen anderen Aufenthaltstitel hatten sie zu diesem Zeitpunkt ohne vorherige Rückkehr nach Indien keine Chance. In ihrer Heimat befürchteten sie Repressalien. Der Vater der Kinder, von dem sie getrennt lebe, habe sich Geld von Politikern geborgt und nicht zurückbezahlt, die Gefahr sei groß, dass man sich an ihr schadlos halte, sagte Emilia Lopez.

Mit Visum eingereist

Nach Österreich war sie mit den Kindern schon zwei Jahre früher gekommen. 2019 reisten die drei mit einem bis Jänner 2020 geltenden Visum für den gesamten Schengen-Raum ein. Im November 2020, das Visum war schon außer Kraft, verließen sie das Bundesgebiet in Richtung Deutschland. Auch dort konnten sie nicht bleiben. Im Juni 2021 wurden sie nach Österreich ausgewiesen.

Hier bemühten sie sich um Integration. Haslacher Bürgerinnen und Bürger halfen ihnen dabei. Mutter und Kinder lernten Deutsch, suchten Ausbildung und Jobs, schafften den Schritt in die Selbsterhaltungsfähigkeit. Chancen auf Bleiberecht hatten sie dennoch keine. "Im Asyl- und Fremdenrecht ist alles schwarz oder weiß. Dabei müsste es für Fälle wie jenen von Familie Lopez auch ein Grau geben", sagte der Haslacher Bürgermeister Dominik Reisinger (SPÖ) zum STANDARD.

In Schubhaft

Am Mittwoch befanden sich alle drei in der Familienschubhaft in der Wiener Zinnergasse. Der auf Asyl- und Bleibeverfahren spezialisierte Anwalt Wilfried Embacher bemühte sich, ihnen eine Rückkehrmöglichkeit zu eröffnen.

Für den Fall der Abschiebung versuchte er, das 18-monatige Wiedereinreiseverbot in den Schengenraum abzuwenden, das mit einer Zwangsausreise einhergeht. So könnten die Lopez’, deren Mangelberufe für Österreich höchst attraktiv seien, sich zeitnah um ein weiteres Visum bemühen. Aus dem Innenministerium hieß es am Mittwoch, die Familie habe die Möglichkeit einer freiwilligen Rückkehr nicht genutzt. Die Behörden hätten daher den Ausweisungsbescheid umzusetzen. (Irene Brickner, 12.4.2023)