Hansjörg Mayr ortet starkes Interesse der Händlerschaft an der neuen China-Marke – es gab bisher bereits über 100 Bewerbungen.
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STANDARD: Wie ist das erste Quartal 2023 aus BYD-Sicht verlaufen? Liegt der Importeur auf Plan und wird sich Ihr persönliches "Traumziel" von 1000 verkauften Fahrzeugen ausgehen?

Mayr: Wir haben in den ersten drei Monaten 74 Stück zugelassen – im Prinzip sind das die ersten Verkäufe, die wir im Shopping Center Süd im Pioneer Store verkauft haben, bislang waren das 35 Stück. Jetzt, nachdem die Verträge abgeschlossen sind mit den Händlern, müssen wir einmal die Rahmen einrichten, dann kriegen die Händler die ersten Autos und dann erst kann es richtig losgehen. Wir sind jedenfalls von den Voraussetzungen des Netzwerkes her auf gutem Weg, die angestrebten 1000 Fahrzeuge zu schaffen.

Der BYD Atto 3, ein E-SUV von 4,46 m Länge, wird heuer das Volumensmodell der Marke sein.
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STANDARD: Ist absehbar, dass der kompakte Elektro-SUV Atto 3 tatsächlich drei Viertel des Absatzes ausmachen wird, wie intern prognostiziert?

Mayr: Solange die Palette aus drei Modellen besteht, mit Sicherheit ja.

STANDARD: Wie verteilt sich die Klientel altersmäßig, wie geschlechtsspezifisch? Billig sind die Autos ja nicht, da scheiden viele junge Familien schon einmal aus.

Mayr: Da haben wir in Wirklichkeit noch viel zu wenige Daten, um das belastbar darzustellen. Im Moment, würde ich sagen, ist das Interesse querbeet. Es ist aber geprägt von technikaffinen Menschen, solchen, die die Marke kennen – sei es, aus der Batterie- oder aus anderen Technologiebereichen. Oder Leute, die Aktien besitzen, für die ist die BYD-Aktie ja ein bekanntes Gut. Beim großen Rest müssen wir aber erst einmal die Marke bekannt machen.

STANDARD: Und wie viele BYDs wurden bisher online verkauft?

Mayr: Noch keine, weil wir die Online-Verkaufslösung erst im März gelauncht haben.

STANDARD: Was sind die bisher beobachteten Hauptkaufgründe und mit welchen Argumenten ködert BYD Kunden, was in einem gesättigten Markt doch alles andere als einfach ist?

Mayr: Was wir feststellen, ist, dass bei Kunden das Thema Sicherheit sehr wichtig ist. Bei der Lithium-Eisenphosphat-Batterie von BYD ist die Gefahr, dass sie in Brand geraten könnte, sehr gering im Vergleich zu manchen anderen. Das zweite ist: Die Kunden sind extrem überrascht von der Probefahrt. Deshalb haben wir ja im Pioneer Store die Möglichkeit geschaffen, extrem niederschwellig, ganz einfach, ganz schnell, eine Probefahrt machen zu können. Das wird sehr gut angenommen. Die Verarbeitungs- und Materialqualität im Innenraum überrascht die Menschen.

STANDARD: Alfa Romeo, Seat, Audi, Lamborghini: Der deutsche Chefdesigner Wolfgang Egger hat schon einige Stationen hinter sich und ist gewiss kein Unbekannter in der Branche. Ist das Spezialwissen oder hilft es bei der Verkaufsargumentation?

Mayr: Das ist im Moment zwar wenig relevant, aber es stimmt: Wolfgang Egger ist jemand, der in der Autobranche eine hohe Bekanntheit hat eben durch seine bisherige Tätigkeit. Und natürlich ist das Design der Fahrzeuge immer der erste Auslöser für Interesse. Wenn einem das Design gefällt, schaut man weiter, wenn nicht, ist man raus. Wir sind glücklich, so einen renommierten Designer haben, und für mich ist der Wolfgang Egger das Gesicht zur Marke. Die Autos, die jetzt auf der Straße sind, stammen schon von ihm. Er arbeitet an einer ganzen Reihe von Projekten, von neuen Modellen, und es ist vielversprechend, was er vorhat.

STANDARD: Die Autos stammen aus China, einer strammen Diktatur. Ist es den Leuten inzwischen egal, woher ihre Handys, Fernseher, Computer und Autos kommen oder beobachten Sie auch kritisches Verhalten?

Mayr: Die Leute, die zu uns kommen und sich die Autos ansehen, haben keine kritische Haltung.

STANDARD: Sonst würden sie ja nicht kommen.

Mayr: Es gibt bestimmt solche, die deswegen nicht zu uns kommen. Aber grundsätzlich glaube ich, dass die Menschen ein Produkt suchen, das bestmöglich zu ihren individuellen Mobilitätsbedürfnissen passt, das auch ins Budget und vom Gesamtpaket her passt. Jeder weiß, dass die Produkte von Apple von Foxconn in China gebaut werden. Die Wirtschaft ist global, auch Pkw anderer, nichtchinesischer Hersteller kommen bereits aus China-Produktion.

Um die Marke bekannt zu machen, leistet sich der Importeur vier Jahre lang einen teuren "Pioneer Store" in der SCS.
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STANDARD: CCI Austria Car Import leistet sich diesen teuren Flagship-Store in der SCS, von dem schon die Rede war. Rechnet sich die Investition, wie hoch ist die tägliche Frequenz, wie viele machen gleich Gebrauch vom Angebot einer ersten kurzen Ausfahrt und wie lange wird man in der SCS präsent bleiben?

Mayr: Die Präsenz in der SCS ist Teil des Vertriebskonzeptes, weil es wichtig ist, die Marke zu positionieren. Die Wahrnehmung der Marke, das Spüren, kann man in so einem Hochfrequenzpunkt gut abbilden. 21 Millionen Menschen, die die SCS jährlich besuchen, sind eine große Chance. Zum anderen ist das natürlich ein teures Lokal, keine Frage. Für uns geht es aber um die Phase des Markenaufbaus, wir werden dort zunächst einmal für vier Jahre bleiben. Und wir bieten dort tatsächlich dieses Goodie an: Wenn die Menschen insbesondere am Wochenende in entspannter Atmosphäre in der SCS sind, Einkäufe erledigen, zwischendurch einen Kaffee trinken, zwischendurch bei uns vorbeischauen und dann die Möglichkeit haben, spontan eine Probefahrt zu machen, dann kommt das gut an. Wir bieten dabei unterschiedliche Möglichkeiten an, kürzere Probefahrten oder längere.

STANDARD: Da reden wir von zehn, 15 Leuten am Tag?

Mayr: Noch haben wir auch hier keine belastbaren Zahlen. Es ist abhängig vom Wochentag, von Hochsaison in der SCS oder nicht, aber grundsätzlich gilt: Das Angebot wird gut angenommen, wir haben in Summe gesehen hohes Interesse an der Probefahrt. Uns ist ja in dem Zusammenhang wichtig, dass möglichst viele die Autos fahren. Wir haben einen Bestand von fünf Millionen Autos auf der Straße in Österreich, davon jetzt rund 115.000 batterieelektrische. Die meisten Menschen sind also noch nie elektrisch gefahren. Wir wollen aber das Elektroauto spürbar, erlebbar machen. Ohne dass man einen Termin ausmachen müsste beim Autohändler. Wir haben das Konzept umgekehrt: Wir haben zehn Parkplätze für Demo-Cars, die können wir auch alle dort laden, und von diesen zehn Autos ist für Leute, die spontan kommen, in aller Regel eines verfügbar. Warum ist uns das so wichtig? Weil wir nach der Probefahrt mit den Kunden auf einem ganz anderen Gesprächsniveau einsteigen. Wir fangen nicht bei den Basics an, denn der hat das schon gespürt, erlebt, hat dann schon eine Vorstellung, wie Elektro ist. Also. Eine zeitlich begrenzte Aktivität, die uns aber am Anfang stark unterstützen soll.

STANDARD: Zwei Fliegen mit einer Klappe? Die Kundschaft kommt das erste Mal in Kontakt mit Elektro und auch mit der Marke BYD.

Mayr: Elektro, Marke, Hochfrequenzlage, Spontanität.

STANDARD: Atto 3, Han (Limousine), Tan (SUV) sind das Starter-Trio, sechs Modelle sollen es Ende des Jahres sein – was kommt da noch? Alles SUVs?

Nächster potenziell stückzahlträchtiger Neuzugang wird ein E-Mobil unterhalb des Atto 3, der Dolphin – 4,07 m lang und als Crossover-Modell ausgelegt.
Foto: BYD

Mayr: Im nächsten Schritt bringen wir ein kleineres Auto unterhalb des Atto 3, nämlich den Dolphin.

STANDARD: Kleinwagen oder SUV?

Mayr: Nein, auch kein Van, sondern eigentlich ein Crossover-Konzept, ein Fahrzeug im C- oder B+-Segment. Luftiges Innendesign, kurzer Vorderwagen, viel Passagierraum und dennoch recht kompakt. Genaues Launch-Datum gibt es noch nicht, das Fahrzeug kommt aber heuer noch. Dann folgt noch eine weitere Limousine, die wir voraussichtlich auch noch heuer bekommen werden: der Seal. Kleiner als der Han.

Und mit dem Seal hat BYD für heuer noch eine Elektro-Limousine im 4,80-Meter-Format in der Pipeline.
Foto: BYD

STANDARD: Von einem sechsten Modell war noch die Rede?

Mayr: Das wäre ein Plug-in-Hybrid. Wir werden da noch genau beobachten, wie der Markt sich für die Plug-ins entwickelt. Ob die Marke BYD zu 100 Prozent auf batterieelektrisch setzt oder darüber hinaus auch Plug-in-Hybride anbieten wird. Im Moment rechnen wir damit, dieses Modell einzuführen, eine finale Entscheidung ist aber noch offen. Aber wie gesagt: Wir konzentrieren uns zunächst auf den Atto 3, dann soll der Dolphin Volumina bringen im kleineren Bereich, also auch im leistbaren. Das Ganze garniert mit High-end-Produkten wie Han und Tang im Business-Bereich.

STANDARD: 15 Händler sollten laut Planung von Januar Ende des ersten Quartals bereits tätig sein, Ende des Jahres 25. Wo stehen wir?

Mayr: Mit Ende März haben wir bereits 21 Händler unter Vertrag. 25 bis Jahresende sind das Ziel, vielleicht werden es 26. Damit wollen wir Österreich gut abdecken.

STANDARD: Flächendeckung ist bereits erreicht oder gibt es noch weiße Flecken?

Mayr: Aktuell arbeiten wir noch an drei wichtigen Gebieten: Salzburg, Linz und St. Pölten.

STANDARD: Die sind mit Jahresende unter Dach und Fach?

Mayr: Das würde ich nicht so absolut sagen. Für uns ist entscheidend, dass wir den richtigen, perfekten Partner finden. Ist das nicht der Fall, dann warten wir.

STANDARD: Es ist in der Regel aber ein Mehrmarkenhändler.

Mayr: Richtig – und in der Regel ein erfahrener Händler, mit proaktivem Mindset in Richtung Elektromobilität. Einer, der finanziell solide und stark aufgestellt ist, der einen Betrieb hat in einer guten Lage und der auch die neue Marke entsprechend repräsentativ vertreten wird.

STANDARD: Denzel setzt weiter auf den klassischen Händlerzugang und verwirft die andernorts um sich greifenden Agenturmodelle. Warum?

Mayr: Weil wir der Meinung sind, dass für eine neue Marke ein Agentursystem schwierig ist. Wir setzen deshalb auf dieses klassische Entrepreneur-Modell mit starken, erfolgreichen Händlern. Wir sind auch sicher, dass der Händler es vor Ort immer besser kann als wir. Jedenfalls, mit dem Konzept stoßen wir auf viel positive Rückmeldung. Als neue Marke, wenn man die Chance hat, ein Händlernetz von null weg aufzubauen, ist das eine wunderbare Ausgangsposition. Wir hatten über 100 Bewerbungen, das heißt: Die Sogwirkung von BYD in der Händlerschaft ist enorm.

STANDARD: Wie erklären Sie sich das?

Die zum SAIC-Konzern zählende ex-britische Marke MG – im Bild der MG4 Electric, ein Auto in Golf-Größe – fährt in Österreich bereits seit Monaten mehr als ein Prozent Marktanteil ein.
Foto: BYD

Mayr: Mit MG haben wir vor zwei Jahren schon die erste China-Marke gebracht, sind damit hoch erfolgreich, haben sechs Monate in Folge mehr als ein Prozent Marktanteil und damit etablierte Marken überholt. Vor diesem Hintergrund haben viele Händler registriert: Das wird was. Viele, die in der ersten Welle noch zögerlich waren, wollten jetzt in der zweiten aufspringen. So viele Top-Marken aus China gibt es ja nicht. Mit MG haben wir eine Marke des größten chinesischen Herstellers SAIC im Portfolio und mit BYD die in China erfolgreichste Elektromarke dazu genommen.

STANDARD: Zwei große Brocken sind bei der Einführung einer neuen Automarke zu stemmen: Vertrieb und Marketing, sprich: Die Marke bekannt machen. Was kostet so etwas am Beispiel BYD?

Mayr: Wir haben jetzt die erste Kampagne gestartet, für den Atto 3, auf lokaler Ebene. Die europäischen Aktivitäten haben noch nicht gestartet, der europäische Netzaufbau von BYD läuft ja noch, es sind noch nicht alle Länder besetzt. Sprich: Die Aktivitäten des Herstellers auf europäischer Ebene, die Marke bekannt zu machen, werden erst beginnen. Es ist eine geteilte Verantwortung: Einerseits muss der Hersteller viel tun, andererseits lokale Märkte wie der unsrige. Im ersten Schritt setzen wir auf die Gebiete, wo wir schon Händler haben, das gelingt uns mit digitalen Möglichkeiten ganz gut. Website-Besuche, Probefahrtbuchungen, da haben wir schon gute Resonanz. Aber auch hier gilt: Nach dreieinhalb Monaten haben wir noch keine belastbaren Zahlen.

STANDARD: Mit welchem Zeitraum rechnet man bis zum Erreichen der Profitabilitätsschwelle, wann sind die Einstiegsinvestitionen hereingespielt?

Mayr: Jedes neue Geschäftsfeld ist ein Risiko. Ja, wir haben hohe Investitionen zu stemmen, die Händler auch. Aber wir rechnen schon damit, dass der Geschäftsfall für uns und unsere Händler innerhalb der ersten fünf Jahre positiv wird.

STANDARD: Wie sieht es mit den Lieferzeiten aus, der Logistikkette, der Ersatzteilversorgung?

Am Beispiel Chip-Produktion bei Bosch: Entspannung ist langsam bei der Halbleiterkrise in Sicht. Dafür häufen sich jetzt die Probleme bei der Logistik: zu wenige Lastwagen, zu wenige Fahrer. Der Krieg in der Ukraine verschärft die Situation.
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Mayr: Wir stellen fest, dass seit dem vierten Quartal 2022 die Versorgungsengpässe sich deutlich entspannt haben. Die Chipkrise beispielsweise ist zwar noch nicht vorbei, entspannt sich aber. Und wir haben auch gelernt. So fokussieren wir uns bei den chinesischen Marken auf ein Lineup, das überschaubar ist. Also nicht 27 Modellvarianten, sondern idealerweise zwei Modelle: ein Standardmodell und ein luxuriöses. Die versuchen wir dann in großer Stückzahl vorzuhalten und vorzuordern. Darauf richten wir unsere Händlernetze auch aus. Damit nehme wir hohe Komplexität heraus. Grund: Die letzten zwei Jahre waren die Händler unheimlich gepeinigt von nicht funktionierenden Lieferketten. Der Kunde hat ein Individualfahrzeug bestellt, das ist dann ewig nicht gekommen. Ein Lagerauto ohne Dringlichkeit kam hingegen schneller, das heißt: es war das pure Chaos. Es war in der Kommunikation mit dem Kunden schwierig, es war für unsere Kommunikation mit dem Händler schwierig. Am Ende des Tages hatten wir einen Riesenaufwand, das hat keinen Spaß gemacht, weil wir uns nur mit Dingen beschäftigt haben, die nicht funktioniert haben. Jetzt haben wir den Spieß umgedreht und gesagt: Wir gehen in Vorleistung, bestellen große Mengen, jeder Händler bekommt eine Bevorratung, und von der aus verkauft er seine Autos.

STANDARD: Die Autos entsprechen dann aber nicht zwangsläufig den individuellen Wünschen der Kunden.

Mayr: Da eröffnet die Elektromobilität aber einen großen Vorteil: Wir haben meistens eine Batteriegröße, in manchen Fällen zwei. So. Und dann gibt’s noch zwei Trim-Levels. Meist hat die größere Batterie automatisch das höhere Ausstattungsniveau. Somit ist es viel einfacher geworden. Grob gesagt: Entweder der Kunde kauft 350 km Reichweite oder 450. Bei 450 bekomme ich automatisch die bessere Ausstattung. Dann ist die Lagerhaltung simpel und es geht eher wieder in Richtung eines Cash-and-carry-Geschäfts. Das heißt: Für uns ist auch die Verfügbarkeit Teil des Erfolgs.

STANDARD: Es ist aber doch eine Verschiebung der Problematik zu beobachten: Schiffs- und Lkw-Transportkapazitäten bereiten aktuell Probleme.

Mayr: Beides sind große Herausforderungen. Die Verschiffung aus Asien funktioniert seit Jahresbeginn erstaunlich gut. Viel mehr Ware kommt jetzt per Container und weniger mit RoRo (Anm.: RoRo-Schiffe – von Roll on-roll off – transportieren bewegliche Güter). Aber tatsächlich eine große Herausforderung für alle Hersteller ist die logistische Versorgung in Europa. Es fehlen Transportkapazitäten, die während der Corona-Krise weggefallen sind. Es fehlen sowohl Lkw als auch Fahrer, und der Ukraine-Krieg hat auch noch einmal die Verfügbarkeit von Lkw-Fahrern reduziert. Für uns heißt das: Die Herausforderung für unsere beiden Partner Lagermax und Hödlmayr ist groß. Aber auch da bewährt sich die jahrzehntelange Partnerschaft, wo einer auf den anderen schaut.

STANDARD: Japan, Korea, China: Denzel hat jahrzehntelange Erfahrung bei Geschäftskontakten mit asiatischen Herstellerländern angesammelt. Die Koreaner waren zunächst noch Preisbrecher, mit China ist das ganz anders, die Autos gehen richtig ins Geld. Warum?

Bei den Koreanern brachte der Tucson von 2004 die Trendwende: Immer noch schwerer Korea-Barock, aber einer der SUV-Trendsetter. Das ebnete den Weg von der einstigen Billigmarke zum heutigen Auftritt. Anders die Chinesen – die steigen preislich gleich hoch ein.
Foto: Hyundai

Mayr: Weil das Niveau des Einstiegs nicht vergleichbar ist. Als wir bei Hyundai vor 30 Jahren begonnen haben, Modelle einzuführen – Pony, S-Coupé, Elantra, Sonata –, waren die Autos prinzipiell immer gut, in der Designqualität, der haptischen und optischen aber deutlich hinter den europäischen Modellen. Das war eine Aufholjagd. Zwei Elemente waren dann entscheidend: Die Einführung des Tucson als SUV, einer der ersten richtig erfolgreichen SUVs. Der hat die Marke enorm gepusht. Und der zweite Effekt war die Tatsache, dass wir im Bereich der Produktion in Europa darauf hinweisen konnten: Das sind europäische Autos. Designt, entwickelt und produziert in Europa. Bei China ist es jetzt so: Durch die Tatsache, dass die im Bereich der Digitalisierung enorm weit vorne sind und bei der Batterietechnologie führend, sind die jetzt schon auf Augenhöhe, ein ganz anderer Einstieg also als damals bei den Koreanern, und das spiegelt sich auch in den Preisen.

STANDARD: Mit wem war respektive ist der Umgang am schwierigsten und wie unterscheidet sich die Mentalität der drei hauptsächlich?

Mayr: Zunächst einmal gibt es in den asiatischen Kulturen viele Ähnlichkeiten, Parallelen in allen drei Ländern. Die Herangehensweise ist aber auch in vielen Bereichen unterschiedlich. Unser Vorteil: Dadurch, dass wir über 45 Jahre in dem Business sind, verstehen wir die Mentalitäten, die Kultur, Herangehensweise recht gut. Wir haben gute Sensorik dafür entwickelt, wie man den besten Weg zum Ziel definieren kann. Es gibt oft Situationen, da kommt man mit dem europäischen Weg nicht weiter. Es ist auch nicht gesagt, dass der immer die einzige Lösung sei. Es führen auch andere Weg nach Rom, hin und wieder gibt es halt Mauern, um die man herumgehen muss, man kommt aber trotzdem ans Ziel. Das Wichtigste in der Geschäftsbeziehung zu asiatischen Herstellern ist mit ganz großer Priorität: Trust and confidence, Vertrauen und Zuversicht. Sprich: Die persönliche Ebene ist entscheidend.

STANDARD: Merkt man im Umgang mit chinesischen Partnern, dass hier ein diktatorisches kommunistisches Regime dahintersteckt?

Mayr: Davon spürt man gar nichts. Was man sehr wohl spürt – aber das ist in Korea genau das Gleiche –, ist diese Ambition, Zielstrebigkeit, der Ehrgeiz, erfolgreich zu sein. Alle Hersteller haben einen hohen Respekt vor dem europäischen Markt, weil alle wissen, das ist der schwierigste global. Aber sie wissen auch: Wenn sie da erfolgreich sind, sind sie global erfolgreich.

STANDARD: MG und BYD hat die Denzel Gruppe sich bereits angelacht. Besteht die Absicht, weitere China-Marken ins Portfolio zu nehmen?

Mayr: Zunächst einmal: Wir führen jede Marke vollkommen getrennt. Eigene Teams, eigenes Management, auch eigene Vertriebsnetze. Wir konzentrieren uns bei den beiden Marken – nimmt man den Elektro-Nutzfahrzeughersteller Maxus hinzu, sind es drei –, den mehrjährigen Aufbauprozess optimal hinzubekommen. Ob es in Zukunft noch Gelegenheiten für weitere Marken gibt, kann man zum augenblicklichen Zeitpunkt nicht sagen. Wir beobachten aber den Markt sehr genau. Wir wissen, wie herausfordernd das Automobilgeschäft der Zukunft ist, wissen auch, dass wir nur dann erfolgreich sein können mit einer Marke, wenn das Gesamtpaket stimmt. Ist das nicht der Fall: Finger weg.

STANDARD: Wo stehen BYD und die chinesischen Automarken beim Marktanteil Ende des Jahrzehnts, eine rein persönliche Prognose?

Mayr: Ich kann es vielleicht besser ausführen, was den chinesischen Markt betrifft. In Europa werden wir sicher in den nächsten zehn Jahren eine inhomogene Entwicklung erleben, was die Elektromobilität betrifft. Es wird in diesen zehn Jahren ein Rennen um die besten Technologien sein, im Sinne von Technologieoffenheit. Dafür steht Denzel als Unternehmen ja auch. Jeder Kunde soll das für ihn beste Auto bekommen. Das ist nicht immer das Elektroauto, es kann auch ein Dieselfahrzeug sein, ein Plug-in-Hybrid, ein Hybrid. Vielleicht gibt es Kunden, für die ist ein Wasserstoffauto in Zukunft relevant. In der Summe geht es um die beste individuelle Lösung. Es ist auch nicht mehr unbedingt der Autokauf die optimale Lösung für die Kunden, auch da müssen wir offen sein, nicht voreingenommen.

STANDARD: Und in China?

Mayr: Da sehe ich eine klare Entwicklung. Dort bewegen wir uns bei rund 23 Millionen Pkw-Neuzulassungen jährlich. Davon sind jetzt schon, 2022, fünf Millionen elektrisch. Zum Vergleich: 2020 waren es eine Million. Eine Verfünffachung innerhalb von zwei Jahren also. Diese Entwicklung wird hochgradig weitergehen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass im Jahr 2025 schon mehr Elektroautos in China zugelassen werden als andere.

STANDARD: Da muss man auch berücksichtigen, dass es eine staatliche Lenkung gibt.

Mayr: Richtig. Aber man kann in den Städten feststellen, blaues oder grünes Kennzeichen. Man weiß, wie lange man auf ein blaues Kennzeichen warten muss, über ein Jahr, und das grüne geht sehr schnell. Ein Unterschied auch: Strom ist in China billig, bei uns teurer.

STANDARD: Dafür ist er bei uns sauberer, drüben "schmutziger".

Mayr: Richtig, ebenfalls ein Unterscheidungspunkt. Wichtig ist aber auch folgende Beobachtung: Durch die Skalierung in der Produktion, nicht nur bei Tesla, auch bei den chinesischen Herstellern, wird die E-Mobilität leistbarer. Man sieht es jetzt schon, beispielsweise beim MG 4, einem E-Auto im Kompaktformat: Den kann man nach Abzug der Förderungen um 27.590 Euro kaufen. Da ist der Unterschied zum Verbrenner schon überschaubar. Wir rechnen allerdings damit, dass die heutigen Förderungen in den nächsten Jahren sukzessive auslaufen. Grundsätzlich ist es zwar wichtig, dass die Politik eine Anschubfinanzierung leistet für einen Technologiewechsel, am Ende des Tages sollte es aber ein Wettrennen der besten Lösungen geben.

STANDARD: Der Kunde entscheidet?

Mayr: Der entscheidet, was für ihn das Beste ist. Unabhängig davon sind wir sind aber schon ganz klar der Meinung, dass das Elektroauto eine große Rolle spielen wird. (Andreas Stockinger, 19.4.2023)