Abu Dhabis Emir Mohammed bin Zayed pflegt gute Beziehungen zu Wladimir Putin.

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Einige der Nahost-Geschichten aus der tiefen Schatzkiste der neuen US-Leaks fallen eher in die Kategorie "erwartbar": So ist es wohl keine besondere Überraschung, dass Jordanien seine eigene Rolle im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern für unverzichtbar hält und die offizielle Diplomatie mit Israel im Königreich unpopulär ist. Oder dass die russische Wagner-Miliz weltweit Waffen zu kaufen versucht, womöglich auch in der Türkei und womöglich auch über Drittländer.

Auch dass Firmen in allen möglichen Staaten Russland bei der Umgehung der wegen der Aggression gegen die Ukraine verhängten US-Sanktionen helfen und gut daran verdienen, ist nichts Neues. Gerade in der jüngsten Sanktionsrunde hat die US-Regierung Unternehmen in der Türkei und erneut in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) inkludiert: etwa eine emiratische, die ihren russischen Partnern sogar aus US-Produktion stammende Halbleiter zukommen lassen hat. Die VAE sind, was russische Sanktionsumgehung anbelangt, längst ein Schwerpunktland für die USA.

Aber es gibt sehr wohl auch Storys unter den Leaks – beziehungsweise Behauptungen, laut Betroffenen ist ja alles Fake –, die hochbrisant sind. Der Verdacht, dass Ägypten bereit war, aus seiner Raketenproduktion etwas für die russische Kriegspartei abzuzweigen, gehört dazu. Und um weit mehr als um Machenschaften privater Firmen geht es, wenn es in den Dokumenten heißt, dass der Geheimdienst der VAE dazu bereit war, mit dem russischen zusammenzuarbeiten, direkt zuungunsten seiner US- und britischen Partnerdienste.

Wem nützt es?

Wenn das eine Fälschung ist, dann kommt sie eher nicht von Russland: Eine so wertvolle Kooperation würde Moskau bestimmt nicht gefährden wollen. Allerdings ist es ein derartig gefährliches Spiel für die VAE, dass es schwer vorstellbar ist.

Bei allen Schwierigkeiten, die die arabischen Golfstaaten derzeit mit den USA – beziehungsweise mit den Demokraten – haben: Die Sicherheitszusammenarbeit mit den USA in der Region bleibt essenziell, auch für Saudi-Arabien, das sich derzeit noch sichtbarer von Washington abgewandt hat. Über den saudischen Kurs soll es zwischen Mohammed bin Zayed (VAE) und Mohammed bin Salman (Saudi-Arabien) sogar Unstimmigkeiten gegeben haben.

Wichtige Partner

Dass die VAE auf stabile und gute Beziehungen zu Russland achten, ist dennoch unbestritten. In keinem Moment haben sich die VAE voll auf die ukrainische Seite gestellt, wie auch andere US-Partner in der Region nicht – mit Ausnahme vielleicht Kuwaits, das weiß, was es heißt, von dem großen Nachbarn überfallen zu werden.

Auch bei Abu Dhabis Superstrategen Mohammed bin Zayed (MbZ) sind es neben politischen wirtschaftliche Überlegungen. Aber speziell das Emirat Dubai verdankt der russischen Diaspora, die im vergangenen Jahr massiv zugenommen hat, einen wirtschaftlichen Aufschwung – nach schwierigen Jahren, die mit der Finanzkrise von 2007 begonnen haben.

"Chilling in Dubai" ist der neue Sport der russischen Reichen. Russisch ist die neue Lingua franca, Solidaritätsbekundungen mit der Ukraine sind im apolitischen Dubai unerwünscht, schreibt die New York Times in einer langen Reportage. Russen und Russinnen stellen seit 2022 die stärkste Gruppe unter den Immobilienkäufern.

Während sich die russischen Oligarchen offen vergnügen, machen es die russischen Offiziellen etwas verschämter. Das falsche Foto aus Dubai kann schon einmal zum Karriereknick zu Hause führen – wo laut Präsident Wladimir Putin ja das Geld bleiben sollte. Aber in der Glitzerstadt am Golf rollt deswegen sicher kein Rubel weniger. (Gudrun Harrer, 13.4.2023)