Grillen im Garten? Nein, nicht der Brutzelspaß mit Brennspiritus und Bier. Ich meine die schwarzen Heuschrecken, deren Zirpen zum vertrauten Sound des Sommers gehört, die man aber eher selten zu Gesicht bekommt, weil sie sehr scheu sind und in Erdlöchern wohnen.
Über ein solches Loch bin ich kürzlich auf einer Böschung im Garten quasi gestolpert. Für ein Maus- oder Maulwurfsloch war es zu klein, für den Eingang eines Erdhummelnestes zu groß. Neugierig hab ich mich also während einer sonnigen Regenpause auf die Lauer gelegt. Tatsächlich dauerte es nicht lange, bis feststand, dass hier auch nicht der Lochgott von Cartoonist Rudi Klein zu Hause ist, sondern eine Feldgrille (Gryllus campestris).
Rückwärtsgang
Vorsichtig und langsam überprüfte sie, ob die Luft rein ist, und warf kleine Erdbrocken aus dem Bau. Beim geringsten Zucken meinerseits oder auch nur, wenn ein Vogel zu nahe vorbeiflog, verschwand sie blitzschnell. Zwischendurch schob sie immer wieder auch rückwärts heraus. So ein Grillenpo ist gepanzert und ziemlich stachelig. Mit ihrem bulligen Kopf, den ausgeprägten Beißwerkzeugen und kräftigen, mit Dornen versehenen Hinterbeinen könnte die Feldgrille überhaupt Karriere als Filmmonster machen.
Unser Exemplar ist, soweit ich erkennen konnte, noch nicht erwachsen, es handelt sich um ein spätes Larvenstadium. Die goldbraunen Flügel fehlen noch. Mit denen wird die fertige Imago nach der zehnten und letzten Häutung zwar nicht fliegen können, aber die Flügel sind die Musikinstrumente der Männchen.
Stridulation in der Arena
Die Flügel werden rasch gegeneinander bewegt, dabei scharrt eine Kante über eine gerippte Schrillader – dieses Zirpen, das Weibchen anlocken soll, heißt in der Fachsprache Stridulation. Zirpende Grillen sitzen direkt im Eingangsbereich ihrer Erdhöhle, in der sogenannten Arena, wo sie das Optimum an Akustik herausholen. Der Kopf ist beim Singen nach innen gerichtet.
Das Konzert der Feldgrillen wird schon im Mai losgehen, andere Heuschrecken folgen im Sommer – aber bitte nicht wieder direkt vor dem Schlafzimmerfenster. (Michael Simoner, 19.4.2023)