Das afrikanische Land Sambia gilt bei internationalen Geldgebern nicht unbedingt als "Hotspot". Umso mehr freute man sich in der Hauptstadt Lusaka, endlich Kredite für Infrastrukturprojekte aus Peking zu bekommen. In den vergangenen zehn Jahren gab China dem Land mehrere Milliarden US-Dollar an Kredit. Mit dem Geld baute Sambia einen internationalen Flughafen, zwei Sportstadien und ein Krankenhaus. Auch ein Wasserkraftwerk nahe Lusaka wurde kürzlich eröffnet. Nun aber steckt Sambia in Zahlungsschwierigkeiten, und wie diese gelöst werden, hat Auswirkungen auf die globale Finanzarchitektur und wie sich diese den veränderten Realitäten des 21. Jahrhunderts anpasst.

Neue Seidenstraße

Vor zehn Jahren hielt der chinesische Präsident Xi Jinping in der kasachischen Hauptstadt Astana eine folgenschwere Rede, die als Startschuss der Neuen Seidenstraße, auch bekannt als "Belt&Road-Initiative", gilt. Es ist das bisher größte Projekt, mit dem China versucht, seinen Einfluss über die eigenen Landesgrenzen auszudehnen. In den folgenden Jahren flutete die chinesische Regierung insbesondere Schwellenländer mit Milliarden von US-Dollar, um in den jeweiligen Staaten Infrastrukturprojekte zu finanzieren.

Ein Güterzug wartet auf die Abfahrt aus dem Bezirk Jiangjin in der südwestchinesischen Stadt Chongqing. Eine Bahnstrecke verbindet die chinesische Metropole mit Duisburg.
Foto: EPA/XINHUA / Tang Yi

So entstand unter anderem eine Bahnstrecke, die die chinesische Metropole Chongqing mit der deutschen Stadt Duisburg verbindet. In Afrika baute Peking neben Bahnstrecken auch Häfen, um Rohstoffe Richtung China zu transportieren. Auch Pipelines, Flughäfen und Autobahnen zählen zu den Projekten. Das Muster war stets dasselbe: Peking vergibt einen Milliardenkredit in US-Dollar für ein solches Projekt, mit der Auflage, chinesische Unternehmen damit zu beauftragen und chinesische Materialien zu bestellen.

Mit Gewinn

Im Idealfall erwirtschaftet das Projekt einen Gewinn, mit dem das Land seinen Kredit zurückzahlen kann. Doch dazu kommt es immer seltener. In die Schlagzeilen geriet vor einigen Jahren der Hafen von Hambantota in Sri Lanka. Als der Inselstaat an der Südspitze von Indien den Kredit nicht mehr bedienen konnte, "pachtete" Peking den Hafen kurzerhand für die kommenden 99 Jahre. Sri Lanka ist ein Extrembeispiel, doch aktuell geraten immer mehr Länder der "Neuen Seidenstraße" in Zahlungsschwierigkeiten. Und dies wiederum wird zum Problem von Peking.

Versteckte Schulden

Zwar kam 2021 eine Studie zum AIData zu dem Schluss, dass sich Chinas Ansprüche auf mindestens 840 Milliarden US-Dollar belaufen. Davon seien rund 385 Milliarden "Hidden Debt", also versteckte Schulden, von denen niemand genau wisse, bei wem und unter welchen Konditionen diese lägen.

Ankunft eines chinesischen Schiffes im Hafen von Hambantota, Sri Lanka. Der Inselstaat konnte den Kredit nicht mehr bedienen, Peking "pachtete" den Hafen kurzerhand für die kommenden 99 Jahre.
Foto: IMAGO/Thilina Kaluthotage

Durch die starken Zinsanhebungen der amerikanischen Zentralbank, die vor rund einem Jahr begannen, stiegen die Finanzierungskosten überall auf der Welt. Hinzu kommen die hohen Energiepreise, die die Haushalte zahlreicher Staaten belasten. Laut IWF stehen derzeit 21 Staaten vor der "Insolvenz", beziehungsweise haben Probleme, ihre Schulden zurückzuzahlen. Das ist unangenehm für Peking, kann aber zu einem internationalen Problem werden. Ein Staatsbankrott eines einzelnen Landes hat nicht nur negative Auswirkungen auf den größten Gläubiger, sondern kann eine ganze Kaskade an Pleiten auslösen und dazu Staaten an den Rand des Bürgerkriegs bringen. Laut des Internationalen Währungsfonds (IMF) weisen derzeit 60 Prozent aller Schwellenländer eine solche Problematik auf.

Verhandlungen über Kredit

So steht auch Indonesien gerade in Verhandlungen mit Peking über einen Kredit von 1,2 Milliarden US-Dollar, mit dem ein Hochgeschwindigkeitszug gebaut wurde. Vier Prozent Zinsen waren vereinbart, zahlen will Jakarta nun zwei Prozent. Organisationen wie Weltbank und IWF unterstützen die Länder grundsätzlich bei ihrem Anliegen nach Umschuldung und Refinanzierung, wollen aber erst Reduzierung der chinesischen Schuldenlast. Nur Peking hat daran wenig Interesse und sieht in den nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten Institutionen Werkzeuge Washingtons, um die amerikanische Hegemonie zu untermauern.

Laut IWF stehen derzeit 21 Staaten vor der "Insolvenz" beziehungsweise haben Probleme, ihre Schulden zurückzuzahlen. Das ist unangenehm für China, kann aber zu einem internationalen Problem werden.
Foto: Ap/Mark Schiefelbein

In den vergangenen 65 Jahren war es normalerweise der "Pariser Club", der multilaterale Lösungen zu finden versuchte. Das informelle Gremium dient dazu, einen Rahmen zu schaffen, in dem sich verschuldete Staaten mit ihren Gläubigern einigen können. China wollte dem Gremium aber trotz Einladungen nie beitreten. Die Folgen sind jetzt zu spüren: Während der IWF und westliche Länder nicht auf ihre Forderungen verzichten wollen, will Peking, dass sich die westlichen Gläubiger am "Haircut" beteiligen. Diese lehnen das ab, weil sie nicht für die chinesischen Schulden geradestehen wollen.

Immerhin kam nun Bewegung in die Sache: Jüngst tagten erstmals IWF, Weltbank und Vertreter Pekings gemeinsam und sprachen darüber, wie man eine solche Schuldenkrise noch abwehren könnte. (Philipp Mattheis, 17.4.2023)