FPÖ-Chefin Marlene Svazek hat sich im Wahlkampf betont regierungsfähig gegeben, aber die ÖVP kritisiert.

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Sie könnten die beiden großen Gewinner nach der Salzburger Landtagswahl am kommenden Sonntag, den 23. April, sein: FPÖ-Landesparteiobfrau Marlene Svazek (30) und KPÖ-plus-Gemeinderat Kay-Michael Dankl (34). Die Umfragen prognostizieren deutliche Zugewinne für die Freiheitlichen auf rund 25 Prozent und Platz zwei vor der SPÖ. Die Kommunisten wiederum könnten für eine Überraschung sorgen und nach 1949 erstmals wieder in den Landtag einziehen. In Salzburg liegt die Hürde dafür bei fünf Prozent. Knapp darüber, bei sechs Prozent, schätzen die Umfragen die KPÖ plus ein.

Straßenumfrage: Das STANDARD-Videoteam hat in Salzburg und Seekirchen umgehört und sich nach Wahlpräferenzen und Wahlkampfthemen erkundig.
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Doch warum erfahren die Rechten und Linken einen derartigen Zuspruch? Das Leben in der Dauerkrise nach Corona, Inflation und Teuerung nützt beiden Parteien. Denn die Unzufriedenheit der Menschen in Salzburg, vor allem mit dem teuren Wohnen, dem anhaltenden Stau und dem Ausverkauf der Heimat an Zweitwohnsitzbesitzer und Investoren, ist groß. Viele Bürgerinnen und Bürger fühlen sich von der Politik nicht mehr vertreten. Sowohl die Blaue Marlene Svazek als auch der Dunkelrote Kay-Michael Dankl setzen hier an und fordern die herrschenden Strukturen und damit vor allem Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) heraus.

Bogenschießender Dankl

Die KPÖ nutzt dafür die Analogie David gegen Goliath: Dankl kündigt an, die größte Nervensäge für Haslauer zu werden und ihm auch die ÖVP-Wahlversprechen vorhalten zu wollen, wenn er es in den Landtag schafft. Nur nutzt der Kommunist keine Steinschleuder, sondern geht in seiner Freizeit liebend gerne Bogenschießen. Was die Kronen Zeitung schon dazu veranlasst hat, ihn Robin Hood zu nennen. Auch Dankl gibt nach dem Vorbild der KPÖ Graz von den 1800 Euro seines Nettogehalts als Gemeinderat 400 Euro an einen Sozialfonds ab. Seit seinem Einzug in den Gemeinderat der Stadt Salzburg hat er über 28.000 Euro an Salzburger in Notlagen abgegeben. Im Brotberuf arbeitet der studierte Historiker Teilzeit als Museumsführer.

Kay-Michael Dankl will als Einziger nicht mitregieren und inszeniert sich vor der ÖVP-Abschlussveranstaltung als Haslauers Nervensäge.
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Die FPÖ setzt auf das bewährte Gegensatzbild von "wir" gegen "die anderen" und fordert etwa Deutschkenntnisse für geförderte Wohnungen oder einen Stopp von neuen Flüchtlingsquartieren. Svazek, die seit sieben Jahren Parteichefin in Salzburg ist, stilisiert sich als "neue Hoffnung" und spart ebenso wenig mit der Kritik an der etablierten Politik von Landeshauptmann Haslauer. Im Interview mit der APA etwa sagte sie: "Die ÖVP muss Buße tun", und fordert von Haslauer, sich für den Ausschluss von gesunden Menschen aus der Gesellschaft während der Corona-Krise zu entschuldigen. Über die Thematisierung von Corona holt sie auch Maßnahmengegner und Impfkritiker ab, die sich lieber der starken FPÖ zuwenden als den fast chancenlosen Kleinparteien MFG und deren Abspaltung "Wir sind Salzburg" (Wirs).

Waldhäusl "falsch abgebogen"

Gleichzeitig gab sich die blaue Spitzenkandidatin in diesem Wahlkampf betont regierungsfähig. Von Personen mit rechtsextremen Verbindungen wie Reinhard Rebhandl, der 2018 noch als Kandidat auf der Landesliste stand, oder dem ehemaligen Jungfunktionär und Identitären Roman Möseneder hat sich Svazek getrennt. Und auch für rassistische Aussagen der Parteikollegen fand Svazek klare Worte. Sie glaube, dass "Waldhäusl irgendwo in seinem Denkmuster verunfallt oder vielleicht falsch abgebogen ist", sagte sie zur Presse, als der niederösterreichische FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl zu einer Schülerin im Fernsehen sagte, dass "Wien noch Wien wäre", wenn FPÖ-Forderungen in der Vergangenheit umgesetzt worden wären.

Dankl und Svazek treten beide sehr bestimmt auf, sind redegewandt und bürgernah. Das kommt bei den Leuten an. Bei einer Straßenbefragung im ORF erzählt etwa eine Pensionistin, dass Dankl der Einzige sei, der sich um "die alten Leute" kümmere. Marlene Svazek ist bei vielen Stammtischen gern gesehener Gast und scheut auch keine kecken Konter auf manch derben Schenkelklopfer.

Jägerin als Stammtischgast

Svazeks Stärke sind die ländlichen Gegenden. Die 30-Jährige ist Vizebürgermeisterin in ihrer Heimatgemeinde Großgmain und leidenschaftliche Jägerin, die sich freilich auch für den Abschuss von Wolf und Otter starkmacht. 2018 hatte die FPÖ mit 35,4 Prozent ihr stärkstes Ergebnis im Thomatal im Lungau, gefolgt von Großgmain. Am Sonntag dürften die Blauen auch starke Zugewinne im Pinzgau verzeichnen, denn Ex-FPÖ-Chef Karl Schnell, der bei der letzten Wahl noch mit seiner eigenen Partei FPS antrat, kam dort auf 8,5 Prozent. Die fallen ohne Schnell wohl wieder an die FPÖ. Was freilich auch die landesweit prognostizierten Zugewinne relativiert. Schnell erreichte 2018 im Bundesland 4,5 Prozent.

Die KPÖ plus ist eher ein städtisches Phänomen und wird es auf dem Land schwerhaben. Bei der Gemeinderatswahl konnten die Kommunisten die größten Stimmenzugewinne in jenen Stadtteilen wie Lehen, Taxham oder die Elisabeth-Vorstadt verzeichnen, wo nur noch etwas mehr als 30 Prozent überhaupt an Wahlen teilnehmen. Dankl setzt auf die Menschen aus Gegenden, die von den anderen Parteien längst aufgegeben wurden, und baut seine Wahlkampfstände vor allem dort auf und hält Sprechstunden ab. Thematisch setzt Dankl überwiegend auf das Thema leistbares Wohnen in all seinen Facetten – vom Stopp für Spekulationen, Zweitwohnsitze und Mikrohotels bis hin zu einer höheren Leerstandsabgabe.(Stefanie Ruep, 19.4.2023)