Wollen die Politik zum Handeln bringen: die Klimaaktivistinnen und -aktivisten.

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Der schwedische Wissenschafter Svante Arrhenius entdeckte 1896, dass eine Erhöhung der CO2-Konzentration durch industrielle Aktivitäten die Durchschnittstemperatur auf der Erde ansteigen lassen wird. 1920 illustrierte der englische Ökonom Arthur Cecil Pigou, dass Preise auf Märkten oftmals nicht die vollständigen Kosten beinhalten. Wenn beispielsweise Unternehmen die Umwelt schädigen oder viel CO2 emittieren, so bedeutet das Kosten für zukünftige Generationen. Pigou schlug eine Steuer auf diese Verschmutzung vor, damit weniger dieser Schäden in die Zukunft verlagert werden.

Kürzlich – nachdem sich die Erde, im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter, durch menschliche Aktivität bereits um mehr als ein Grad Celsius erwärmt hat und wir auf einen Pfad von mehr als drei Grad Celsius bis 2100 zusteuern – formulierte der österreichische Wirtschaftskammer-Generalsekretär und ÖVP-Nationalratsabgeordnete Karlheinz Kopf das Ziel, dass man die 2022 eingeführte CO2-Bepreisung wieder abschaffen sollte. Diese Form der Pigou-Steuer sei aufgrund der höheren Energiepreise ein zu großes Problem für die Wirtschaft und die Menschen in Österreich. Ein solches Vorhaben ist aus ökonomischer und ökologischer Sicht desaströs – die folgenden Aspekte gilt es dabei zu beachten:

·CO2-Steuer und Klimabonus Die CO2-Steuer in Österreich ist im Tandem mit dem Klimabonus zu sehen. Bei dieser Form der Besteuerung werden die gesamten CO2-Einnahmen wieder an alle Bürgerinnen und Bürger ausbezahlt. Laut einer Studie des Wifo 2021 wird bei der ursprünglich beschlossenen Variante sogar mehr an Klimabonus pro Jahr ausbezahlt als an CO2-Steuer eingenommen wird. Personen, die unterdurchschnittlich viel CO2 emittieren, sind somit Nettoempfängerinnen und -empfänger, da sie durch den Bonus in Summe mehr erhalten, als sie an Steuer zahlen.

Lenkungswirkung schaffen

Gleichzeitig hat die Koppelung von CO2-Steuer und Klimabonus einen sozial ausgleichenden Effekt, da im Schnitt Beziehende von niedrigen und mittleren Einkommen, aufgrund geringeren Konsums und Mobilität, zu den Nettoempfängerinnen und -empfängern zählen würden. Umweltschädliches Verhalten würde somit ab Mitte der 2020er-Jahre in Österreich wieder stärker gefördert werden. Stattdessen müsste man, um wirklich Lenkungswirkung zu entfalten, den CO2-Steuer-Pfad und entsprechend die ausgezahlten Klimaboni massiv anheben.

  • Lehren aus dem russischen Angriffskrieg?

Der Lerneffekt hinsichtlich der Energieversorgung Österreichs scheint trotz der russischen Invasion null zu sein. Durch eine Abschaffung der CO2-Steuer würden fossile Energieträger, von denen wir viele aus Russland oder anderen Autokratien beziehen, im Vergleich zu alternativen Formen wieder attraktiver. Somit würde sich Österreich in die nächsten Abhängigkeiten begeben. Eine zukunftsweisende Energieversorgung sollte auf Diversifizierung der Energieträger mit einem massiven Fokus auf Wind-, Solar- und Wasserkraft setzen. Dies würde wesentlich zu einer höheren Resilienz des Landes beitragen.

  • Innovationsbremser?

Aus unternehmerischer Sicht ist die Forderung nach Abschaffung der CO2-Steuer auf mittlere und lange Sicht unverständlich, denn neben künstlicher Intelligenz und Aspekten der Digitalisierung sind die erneuerbaren Energien, und eine großflächige Transformation dahingehend, die Zukunftsbranchen des 21. Jahrhunderts. Je früher hier entsprechende Anreize – CO2-Steuern und gleichzeitig hohe Subventionen für den Umstieg auf Erneuerbare – gesetzt werden, desto wettbewerbsfähiger können Österreichs Unternehmen in die Zukunft der Weltmärkte blicken. Dass derart kurzsichtiges Denken in diesen politischen Kreisen vorherrscht, ist überraschend und erschütternd zugleich.

  • Ignorierung wissenschaftlicher Fakten

Kopfs Aussage reiht sich nahtlos in faktennegierende Aussagen diverser Politikerinnen und Politiker in den letzten Monaten und Jahren ein. Damit einhergehend müssen sich beispielsweise Klimaaktivistinnen und -aktivisten, die für ihre lebenswerte Zukunft eintreten und, auf Basis wissenschaftlicher Fakten, simple Forderungen stellen, Diskriminierungen und Anfeindungen vonseiten der Politik gefallen lassen.

  • Alternative Methoden der Entlastung?

Wenn es um Entlastungen geht, so wäre es an der Zeit, die Forderungen vieler internationaler Wissenschafterinnen und Wissenschafter, der OECD und des Internationalen Währungsfonds (IWF) aufzugreifen: nämlich eine verstärkte Besteuerung von Vermögen und Erbschaften (für die zwei bis fünf Prozent der vermögendsten Österreicherinnen und Österreicher), um gleichzeitig Beziehende niedriger und mittlerer Einkommen zu entlasten. Dass die OECD und der IWF das für Österreich bereits seit längerem vorschlagen, ist bemerkenswert, zumal beide Einrichtungen nicht im Geringsten im Verdacht stehen, dass sie Wirtschaftsinteressen hintanstellen.

Großer Rückschritt

Ein Fazit aus den Erfahrungen der Pandemie und der Diskussionen zur Klimakrise ist, dass ein Negieren wissenschaftlicher Fakten zunehmend zu einem Merkmal von Teilen der Politik geworden ist. Das stellt einen großen Rückschritt dar, ist auf mittlere und lange Sicht ein Nachteil für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Österreich und für die junge Generation in unserem Land unverantwortlich. Es gilt zu hoffen, dass sich die Akteure diverser politischer Kräfte wieder auf einen verstärkten Fokus auf faktenbasiertes politisches Handeln konzentrieren. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. (Jürgen Huber, Michael Kirchler, 17.4.2023)