Rechtsanwältin Patricia Hofmann erklärt in ihrem Gastblog, wann Cybermobbing strafbar ist und was man tun kann, wenn man von solchen Angriffen betroffen ist.

Dieser Beitrag ist der zweite Teil einer Reihe zu Cybercrime. Der erste Teil kann hier nachgelesen werden.

Mia und Sandra sind Teenager, gehen in das gleiche Oberstufengymnasium und waren früher einmal Freundinnen. Eines Tages bekommt Sandra eine Einladung in eine Chat-Nachrichten-Gruppe, Mitglieder der Gruppe sind nahezu sämtliche Schülerinnen und Schüler ihrer Schulstufe. Sandra erkennt sofort, dass das Titelbild ein Foto von ihr ist. Sie ist auf diesem Foto nur in Unterhose bekleidet zu sehen, ihre Brüste sind lediglich von ihren Haaren verdeckt. Sandra muss schnell erkennen, dass Mia diese Gruppe erstellt hat.

Aus dem Titel der Gruppe lässt sich schon erahnen, dass Sandra bloßgestellt werden soll. Auch im Chat hat Mia das Foto gepostet, und der zum Foto hinzugefügte Untertitel lässt dann keine Interpretation mehr offen: Mia behauptet, dass Sandra ein "abartiges" Sexualleben führe. Es folgen weitere beleidigende Aussagen von Mia, auch andere Gruppenteilnehmer und Gruppenteilnehmerinnen beteiligen sich daran, Sandra schlechtzumachen. Sandra schämt sich, all das ist ihr unangenehm. Sie bleibt dem Unterricht fern, trifft keine Freunde und Freundinnen mehr und zieht sich zurück.

Auch das Internet ist kein rechtsfreier Raum: Gegen Cybermobbing kann vorgegangen werden.
Foto: https://www.istockphoto.com/de/portfolio/ChainarongPrasertthai

Dies ist nur eines von vielen Beispielen für Cybermobbing. Solche Aktionen oder Äußerungen im Netz sind für Betroffene oft sehr belastend und daher auch mit der notwendigen Ernsthaftigkeit zu verfolgen. Beginnen wir aber nun von vorne und sehen uns an, was es mit dem Begriff des Cybermobbings auf sich hat.

Was ist Cybermobbing?

Unter Cybermobbing versteht man vereinfacht gesagt das bewusste Beleidigen, Belästigen oder Bloßstellen im Internet oder über das Handy, wodurch die Lebensführung der Betroffenen unzumutbar beeinträchtigt wird. Im Strafgesetzbuch heißt das "Fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems". In diesem juristischen Deutsch klingt das natürlich etwas kompliziert, ist es aber eigentlich gar nicht. Denn wenn das Gesetz von Handlungen im Wege der Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems spricht, versteht man darunter Handlungen in sozialen Netzwerken, über SMS, E-Mail, Messengerdienste und so weiter.

Als Deliktsfälle kennt das Cybermobbing zum einen die Verletzung der Ehre und zum anderen das Wahrnehmbarmachen von Tatsachen oder Bildaufnahmen des höchstpersönlichen Lebensbereichs einer Person ohne deren Zustimmung. Strafbar ist Cybermobbing, wenn eine dieser Handlungen für eine größere Anzahl von Menschen für einen längeren Zeitraum wahrnehmbar ist. Bei der Verletzung der Ehre geht es insbesondere darum, das Ansehen einer Person zu mindern, mit höchstpersönlichem Lebensbereich ist vor allem das Sexualleben, das Familienleben oder Krankheiten gemeint.

Damit kurz zurück zum Anfang: Cybermobbing ist also beispielsweise das Veröffentlichen eines Nacktfotos ohne Zustimmung des Opfers in einer Messengergruppe mit einer größeren Anzahl von Teilnehmern oder in einer Story einer Social-Media-Plattform.

Strafbar ab dem ersten Posting

Seit 2016 ist "Cybermobbing" strafbar. Mit dem Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz wurde 2021 eine wichtige Änderung in dieser Bestimmung vorgenommen. Bis dahin war eine fortgesetzte Tathandlung erforderlich, mittlerweile kann bereits die einmalige Veröffentlichung beziehungsweise Tathandlung strafrechtlich verfolgt werden. Zusätzlich wurde die Gewährung der psychosozialen und juristischen Prozessbegleitung um Opfer von Cybermobbing erweitert. Denn auch bei Hass im Netz ist eine Unterstützung der Betroffenen wichtig.

Hilfe bei Cybermobbing

Gerade Jugendliche werden im Internet oft zur Zielscheibe von Cybermobbing. Die Anonymität des Internets lässt die Hemmschwelle sinken. Ist man von Cybermobbing betroffen, kann es sinnvoll sein, darüber zu sprechen. Auch wenn Jugendliche nicht immer Fans ihrer Eltern oder Lehrpersonen sind, sich jemanden anzuvertrauen kann helfen. Das können auch Freunde, Freundinnen oder eine Beratungseinrichtung sein, an die man sich auch anonym wenden kann.

Weiters können die Cybermobbing-Aktivitäten beim Dienstanbieter gemeldet werden, und ebenso besteht die Möglichkeit, diese Nutzer für den eigenen Account zu blockieren. Wichtig ist es – auch für eine etwaige strafrechtliche Verfolgung –, die Angriffe zu dokumentieren. Das bedeutet, Nachrichten zu speichern oder Screenshots von den Chats beziehungsweise veröffentlichten Bildern anzufertigen.

Oftmals ist es Ziel der Täter oder Täterinnen, die gemobbte Person auszugrenzen. Wenn man also mitbekommt, dass jemand von anderen belästigt wird oder Opfer von Cybermobbing ist, kann die Unterstützung der Betroffenen bereits ein wertvolles Mittel sein. Denn so kann man Betroffenen zeigen, dass sie in dieser Situation nicht allein sind. Gleichzeitig wird das eventuelle Ziel der Täter oder Täterinnen damit oft vereitelt. Und zum Abschluss nochmals in aller Klarheit: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. (Patricia Hofmann, 18.4.2023)