Wenn der Abbruchbagger anrollt, gehen in vielen Grätzeln die Wogen hoch.

Foto: Christian Fischer

In vielen Wiener Straßenzügen klaffte in den letzten Jahren plötzlich ein Loch, wo zuvor noch ein altes Haus gestanden war. Zwar sind alte Häuser in Wien schon seit Jahren per Gesetz vor Abbrüchen geschützt – allerdings ist dieses Gesetz zu lax, monieren Kritikerinnen und Kritiker.

So wird in vielen Fällen von den Eigentümerinnen und Eigentümern mit wirtschaftlicher Abbruchreife argumentiert – dieser schlechte Zustand des Hauses mitunter aber auch mutwillig herbeigeführt, indem man das Haus jahrelang verwahrlosen lässt. 25 bis 30 Häuser werden pro Jahr wegen einer wirtschaftlichen Abbruchreife abgerissen, heißt es vonseiten der Stadt.

Wohnbausprecherin Kathrin Gaál (SPÖ) verkündete vor wenigen Tagen in einer Aussendung ein schärferes Vorgehen gegen Spekulation mit Wohnraum und mutwillige Zerstörung von Altbauten. Ab sofort gibt es eine Service-Hotline, bei der man den Verdacht auf mutwillige Verwahrlosung von Gründerzeithäusern anonym deponieren, aber auch Fragen zum Schutz alter Häuser stellen kann.

Kontrolle der Fassade

Außerdem sind gemeinsame Schwerpunktaktionen der Baupolizei (MA 37) und der Gruppe Sofortmaßnahmen der Magistratsdirektion geplant. Die ersten beiden Termine finden noch im April im 15. und im 10. Bezirk statt. Dabei kontrollieren Teams, bestehend aus vier Expertinnen und Experten, Gebäude von außen, nehmen den Zustand der Fassade, der Fenster und der Eingangstüren unter die Lupe.

Georg Prack, Wohnbausprecher der Wiener Grünen, hat Anfang des Jahres im Gemeinderat eine Anfrage an Gaál zu den Hausabbrüchen gestellt, die vor gut einem Monat, wie berichtet, beantwortet wurde. Darin wird auch erwähnt, dass einige Häuser, bei denen mit wirtschaftlicher Abbruchreife argumentiert wurde, am Ende gerettet werden konnten, indem der Altstadterhaltungsfonds den Deckungsfehlbetrag aufstellte. Dieser Altstadterhaltungsfonds unterstützt unter bestimmten Voraussetzungen Restaurierungsmaßnahmen an Gebäuden, die unter Denkmalschutz oder in Schutzzonen stehen, in Form von nicht rückzahlbaren Zuschüssen.

Novelle der Bauordnung

"Es gibt also die Möglichkeit, Abrisse zu vermeiden, wenn die Stadt Sanierungsmaßnahmen fördert", schlussfolgert Prack im Gespräch mit dem STANDARD. Der Altstadterhaltungsfonds müsse daher stärker aufgestockt werden. Prack schlägt aber auch einen Kreislaufwirtschaftsfonds vor, "der zum Einsatz kommt, wenn das Haus aus ökologischen Abwägungen erhalten werden soll", also wenn Abriss und Neubau mehr CO2 verbrauchen würden als eine Sanierung.

Seit einigen Monaten wird an einer Novelle der Wiener Bauordnung gearbeitet. Geplant ist eine Art Bauwerksbuch für alte Gebäude, mit dem erfasst werden soll, welche Instandhaltungsmaßnahmen getätigt wurden. (zof, 19.4.2023)