In Nordisland gibt es Skitourenvarianten, so weit das Auge reicht, wie hier nahe dem kleinen Ort Siglufjord (Siglufjörður).

Foto: Thomas Neuhold

Tief eingeschnittene Fjorde, dampfende Erdspalten, kochend heiße Quellen, schneebedeckte Berge, jede Menge Wale und sturmgepeitschte Ebenen mit robusten Islandpferden – der Norden Islands ist ein Schauspiel der Elemente: Wasser, Wind, Eis, Vulkanismus. Kein Wunder, dass in der Sommer-Hauptreisezeit der Tourismus boomt. Wer hingegen im Frühjahr kommt, wird außer ein paar Skitourengruppen aus Mitteleuropa nur sehr wenige Gäste treffen und teilt sich Restaurants, Kaffeehäuser, Bäder und Gegend nur mit Isländern und Isländerinnen.

Landschaft in Nordisland bei der Anfahrt Richtung Tröllaskagi.
Foto: Thomas Neuhold

Ganz einfach macht es einem der Norden freilich nicht: Von Reykjavík nach Akureyri sind es knapp 400 Autokilometer und um die sechs Stunden Fahrzeit. Akureyri ist die zweitgrößte Stadt Islands sowie das wirtschaftliche und gesellschaftliche Zentrums des Nordens. In Akureyri wird schnell klar, wie dünn besiedelt der Inselstaat ist. Die zweitgrößte Stadt des Landes hat knapp 19.000 Einwohner. Insgesamt leben in Island nicht einmal 370.000 Menschen. Zum Vergleich: Die Stadt Graz zählt knapp 300.000 Einwohner.

Viele Skitouren in Nordisland starten fast auf Meeresniveau.
Foto: Thomas Neuhold

Auf der Fahrt nach Norden geht es immer weiter Richtung Polarkreis. Diesen erreicht man zwar knapp nicht, aber der Lage entsprechend verändert sich die Landschaft. Die Schneefelder werden mehr, und sie reichen immer weiter ins Tal und bis in die Grönlandsee hinunter. Wer in dem kleinen Ort Siglufjord (Siglufjörður) oder in Dalvík sein Basislager einrichtet, kann de facto am Ortsrand starten. In Dalvík gibt es sogar ein kleines Skigebiet mit Schleppliften. Siglufjord war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts das Zentrum der isländischen Fischindustrie. Ein schön gemachtes Museum erinnert heute an diese Zeit.

Beide Ortschaften liegen auf der Halbinsel Tröllaskagi. Und man ahnt es: Tröllaskagi heißt so viel wie "Halbinsel der Trolle". Obschon Island seit dem Jahr 1000 christianisiert ist, der Glaube an Feen und Trolle hat sich in der kargen Landschaft gehalten.

Elfen, Trolle und andere Fabelwesen werden in Island als fester Bestandteil der Natur gesehen.
Foto: Thomas Neuhold

Die Skitourenvarianten auf Tröllaskagi scheinen auf den baumlosen Bergketten unendlich. Gipfel an Gipfel, Flanke an Flanke, Rinne an Rinne sind die Tourenziele aufgefädelt. Und auch wenn die Gipfel kaum über die 1.000-Meter-Marke hinausreichen, wer auf Meeresniveau weggeht, kommt auch auf seine Höhenmeter. Für routinierte Skibergsteiger und Skibergsteigerinnen sollten die meisten Touren hier keine allzu großen technischen Probleme darstellen. Sie entsprechen Touren im alpinen Raum.

Das eigentliche Kriterium ist das Wetter. Stabile Schönwetterlagen sind selten, das Wetter ändert sich oft im Stundentakt, und nach Sonnenschein steht man plötzlich schnell im völligen Whiteout, oder es schneit in der Höhe und regnet an der Küste.

In den baumlosen Weiten des Nordens sind die Tourenvarianten schier unendlich.
Foto: Thomas Neuhold

Das zweite Kriterium ist der Wind. Gerade in den Gipfelregionen kann der Sturm ungehindert angreifen. Auch wenn nur wenige Meter unter dem Gipfel bereits wieder feiner Pulver liegt, ganz oben ist es oft abgeblasen und eisig. Harscheisen – eventuell Leichtsteigeisen – sind Pflicht.

Nach der Skitour ins heiße Thermalwasser. Hier im neu angelegten Bad Jardbödin nahe des Mývatn-Sees.
Foto: Thomas Neuhold

Wer dann durchgefroren und windgebeutelt von der Skitour zurückkommt, hüpft in den Hot Pot; so gut wie jede Unterkunft betreibt einen kleinen Outdoor-Pool mit heißem Thermalwasser. Energiesorgen kennt man auf Island ja kaum, geothermische Energie ist im Überfluss vorhanden. Mitten durch Island verläuft ein – an manchen Stellen sichtbarer – Spalt, der die Trennung der nordamerikanischen von der eurasischen Platte markiert. Die Platten bewegen sich jährlich um bis zu zwei Zentimeter auseinander, und so kommt von unten immer weiterer Nachschub von geschmolzenem Gestein aus der Erde.

Geothermische Energie ist in Island im Überfluss vorhanden.
Foto: Thomas Neuhold

Ein Bad im heißen Thermalwasser braucht man auch nach einer Whale-Watching-Tour. Von Dalvík aus starten hochmotorisierte offene Schnellboote mit bis zu 14 Passagieren und zwei Mann Besatzung ins Meer hinaus. Dick eingepackt in Neopren-Überlebensanzügen geht es in rasanter Fahrt hinaus auf die offene See. Die Chancen, auch tatsächlich Wale zu sehen, sind im Norden Islands hoch: Hier wimmelt es geradezu von den Meeressäugern. Vom Zwergwal bis zum Blauwal sind hier die meisten Walarten vertreten. (Thomas Neuhold, 21.4.2023)

"Wal! Da bläst er!" Auf dem Foto ist zwar nicht Mobby Dick, aber immerhin ein Finnwal, das zweitgrößte Säugetier der Welt, zu sehen.
Foto: Alfred Schübl