Biden telefonierte am Vorabend mit dem 16-jährigen Ralph Yarl und seiner Familie.

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Washington – US-Präsident Joe Biden hat den schwarzen Jugendlichen Ralph Yarl, der in Kansas City nach einer Adressverwechslung von einem weißen Hausbesitzer niedergeschossen worden war, ins Weiße Haus eingeladen. "Ralph, wir werden dich im Oval (Office) sehen, sobald es dir besser geht", schrieb Biden am Dienstag auf Twitter. Unterdessen wurde der 84-jährige Schütze festgenommen und angeklagt.

Biden hatte am Vorabend mit dem 16-jährigen Ralph und seiner Familie telefoniert. "Keine Eltern sollten sich Sorgen machen müssen, dass auf ihr Kind geschossen wird, weil es an der falschen Tür geklingelt hat", twitterte Biden. "Wir müssen den Kampf gegen Waffengewalt aufrecht erhalten."

Inzwischen sind Millionen Dollar an Spenden an den vergangene Woche in Kansas City im US-Bundesstaat Missouri schwer verletzten Jugendlichen eingegangen. Ein Spendenaufruf zugunsten des 16-Jährigen brachte bis Dienstagnachmittag (Ortszeit) mehr als 2,9 Millionen Dollar (2,64 Millionen Euro) ein. Das Geld soll für die medizinische Behandlung und Therapie des Teenagers und möglicherweise für ein künftiges Studium verwendet werden.

In der Adresse geirrt

Der Fall hat landesweit für Aufsehen gesorgt. Yarl hatte am vergangenen Donnerstagabend seine Geschwister in einem Haus abholen wollen, sich aber in der Adresse geirrt und deswegen an der falschen Haustür geklingelt. Der 84-jährige Hausbesitzer schoss daraufhin zwei Mal auf den Jugendlichen und traf ihn am Kopf und an einem Arm. Yarl wurde lebensgefährlich verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert, wird inzwischen aber bei sich zu Hause behandelt.

Die zuständige Staatsanwaltschaft erhob am Montag Anklage gegen den Hausbesitzer. Ihm wird ein schwerer verbrecherischer Angriff sowie eine bewaffnete kriminelle Tat zur Last gelegt. Auf den ersten Anklagepunkt, der sowohl versuchte Tötung als auch schwere Körperverletzung umfassen kann, steht in Missouri bis zu lebenslange Haft. Allerdings gibt es in Missouri wie auch in vielen anderen US-Bundesstaaten ein sehr weit gefasstes Recht zur Selbstverteidigung von Hausbesitzern, die sich bedroht fühlen.

Der Mann, der bereits kurz nach den Schüssen befragt worden war, stellte sich am Dienstag der Justiz und wurde in Polizeigewahrsam genommen, wie das Büro des Sheriffs des Landkreises Clay County mitteilte.

Hautfarbe habe eine Rolle gespielt

Staatsanwalt Zachary Thompson hatte am Montag gesagt, Hautfarbe habe bei den Schüssen eine Rolle gespielt, ohne das näher ausführen zu wollen. Der Bürgermeister von Kansas City, Quinton Lucas, sagte dem Nachrichtensender CNN, zu behaupten, dass Hautfarbe keine Rolle gespielt habe, würde bedeuten, "den Kopf in den Sand zu stecken". "Auf diesen Buben wurde geschossen, weil er schwarz ist."

In den Tagen nach den Schüssen auf Yarl hatte es Proteste gegeben. Auch Prominente wie Hollywood-Schauspielerin Halle Berry schalteten sich ein und forderten ein entschiedenes Vorgehen der Justiz gegen den Hausbesitzer.

In den USA werden täglich Menschen durch Schusswaffen verletzt oder getötet. Allein im vergangenen Jahr starben nach Angaben der Website Gun Violence Archive mehr als 20.200 Menschen durch Kugeln, Suizide nicht eingeschlossen.

20-jährige Frau erschossen

Ein ähnlicher Fall wie jener um Ralph Yarl ereignete sich erst vor wenigen Tagen im Bundesstaat New York. Am Samstag erschoss ein 65-Jähriger nach Polizeiangaben eine 20-jährige Frau, die sich zusammen mit drei Bekannten bei der Suche nach dem Haus eines Freundes in der Adresse geirrt hatte.

Der Mann feuerte auf das bereits wegfahrende Auto der Gruppe und traf die junge Frau tödlich. Er wurde des Mordes angeklagt. (APA, 18.4.2023)