Tirols Grünen-Chef Gebi Mair.

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Innsbruck/Wien – Tirols Grünen-Chef und -Klubobmann Gebi Mair wartet mit heftiger Kritik am Bundes-Koalitionspartner ÖVP auf und fordert eine Kurskorrektur. Die Volkspartei müsse zu einem "klima- und menschenfreundlichen Kurs" zurückfinden, ansonsten werde man in der Koalition "schweren Zeiten entgegengehen", sagte Mair der APA. Spätestens seit der Entscheidung für die schwarz-blaue Koalition in Niederösterreich habe die ÖVP eine "politische Rechtswende" vollzogen, kritisierte Mair.

"Die ÖVP blinkt in Richtung FPÖ", stellte der Klubchef fest. Dabei müsse man doch mittlerweile wissen, dass die Menschen bei einem solchen Kurs gleich zum "Schmied FPÖ" gingen und nicht zum "Schmiedl Volkspartei". Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sei jedenfalls "rechts vorne dabei, wenn er sich zum Bleifußkanzler macht und Österreich zum Autoland erklärt", ging der Grünen-Frontmann auch mit den jüngsten Klimaansagen des Kanzlers scharf ins Gericht.

Kritik an Klimakurs

Vor wenigen Jahren sei die ÖVP noch bereit gewesen, echte Schritte gegen die Klimakrise zu setzen. "In Tirol werden mit der Temporeduktion auf der Inntalautobahn von 130 auf 100 km/h, die von der schwarz-grünen Landesregierung eingeführt wurde, 20,7 Millionen Liter Treibstoff pro Jahr eingespart. Das entspricht 51.000 Tonnen CO2 pro Jahr", verwies Mair auf seines Erachtens positive eigene Regierungserfahrungen mit der ÖVP. Mittlerweile befinden sich die Landesgrünen – seit der Landtagswahl im vergangenen Jahr – in Opposition.

Auch der Einsatz von E-Fuels – der Bundeskanzler lässt am Mittwoch beim "Autogipfel" mit Experten und Wissenschaftern die Zukunftspotenziale dieser synthetischen Kraftstoffe diskutieren – "dient den Spekulanten des Fossilzeitalters und den Interessen der Ölstaaten, nicht aber den Interessen einer nachhaltigen österreichischen Wirtschaft", kritisiert Mair. Überhaupt verhalte sich die Volkspartei "derzeit mehr so, als ob sie die letzte Generation auf diesem Planeten wäre", ätzt er. "Dabei sollten wir uns alle so verhalten, als ob wir und zukünftige Generationen auf diesem Planeten weiterhin leben möchten."

Unterstützung für Gewessler und Zadić

"Im Vordergrund der ÖVP-Politik steht derzeit hauptsächlich ihr politisches Eigeninteresse", spielte der Klubobmann auf aktuelle Auseinandersetzungen in der Justizpolitik an. Statt einem "Informationsfreiheitsgesetz für alle Bürgerinnen und Bürger" wolle der Grünen-Koalitionspartner auf Bundesebene "lieber ein Zitierverbot aus Strafakten, die die Partei selbst betreffen". Die Grünen indes stünden "jedenfalls unbeirrt für Klimaschutz und Transparenz ein, hier gibt es volle Unterstützung für unsere Ministerinnen Leonore Gewessler und Alma Zadić".

Auch was Wahlkampfausgaben und die Verwendung öffentlicher Gelder betrifft, nahm Mair die Schwarzen ins Visier. Dies betreffe aber nicht nur die Bundespartei. "Auch in Tirol gab die Volkspartei schlussendlich mehr Geld für den Landtagswahlkampf aus als zuvor öffentlich bekannt gegeben", erinnerte der im März erstmals zum Landessprecher gewählte Mair.

Mietpreisbremse

Des Klubobmanns Angriffe auf Schwarz fanden noch in einem anderen Polit-Bereich ihre Fortsetzung. "Schon länger zeigt sich die ÖVP als Schutzpatronin der Spekulanten. Das zeigt sich zuletzt bei der Blockade einer Mietpreisbremse für die Mieterinnen und Mieter. Zudem verhindert die ÖVP bundesweit eine Leerstandsabgabe auf Wohnungsspekulation, wo die Blockadehaltung sogar den Landes-Volksparteien zu weit geht", meinte Mair.

Unterdessen ließ der Tiroler Grünen-Frontmann auch die Bundes-SPÖ nicht aus der Ziehung. In der Sozialdemokratie drohe ebenfalls "die Abzweigung nach rechts, wenn sich der Doskozil-Kurs gegen Zugewanderte durchsetzt". "Auch die SPÖ muss mit ihrer Spitzenwahl erst zeigen, ob sie auf einen Kurs für eine Ampelkoalition oder für Rot-Blau einschwenkt", richtete Mair den Roten aus. (APA, 19.4.2023)