Der Plan, eine Impfpflicht einzuführen, sei ein politischer Fehler gewesen, sagt der ehemalige Impfkoordinator Clemens Martin Auer.

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Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ist derzeit viel von Versöhnung und Wiedergutmachung die Rede. Anlässlich der ersten Klausur der schwarz-blauen Landesregierungsmitglieder in Niederösterreich verkündete am Mittwoch Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ), dass "mit Hochdruck" an der Einrichtung eines Corona-Fonds bis zum Sommer gearbeitet werde. Hat das frühere Pandemiemanagement tatsächlich versagt, und müssen sich Politik und Fachleute heute dafür quasi entschuldigen?

"Nein, natürlich nicht", findet Clemens Martin Auer, der langjährige Sektionschef im Gesundheitsministerium und ehemalige Impfkoordinator der Regierung. Die Covid-Gegenmaßnahmen hätten viele Leben gerettet, zeigte sich Auer, mittlerweile im Ruhestand, in einem Gespräch mit dem Ö1-Radio überzeugt. In ganz Europa hätte es ohne Lockdowns und Impfungen eine Million Tote mehr gegeben.

Impfpflicht ein politischer Fehler

Die Covid-Impfpflicht allerdings sei ein politischer Fehler gewesen, sagt Auer, der trotz seiner VP-Nähe unter Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) seinen Hut nehmen musste. Letzterem ist Auer nicht gram, Kurz habe wohl stets nach bestem Gewissen gehandelt. Doch manche Pressesprecher der ÖVP hätten versucht, aus "dem Kampf um Leben und Tod" während der Pandemie politisches Kleingeld zu schlagen. Und das empört Auer bis heute. Namen der betreffenden Pressesprecher nannte er nicht. Dass Gerald Fleischmann über Jahre der Kommunikator von Kurz war, ist aber kein Geheimnis.

Dem ehemaligen Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) attestierte Auer ein "hohes Verantwortungsbewusstsein". Seine frühere Beschreibung, dass Anschober ein "nützlicher Ministrant der ÖVP" gewesen sei, will Auer nun als "Überspitzung" verstanden wissen. In der Politik gebe es den einfachen Grundsatz "Ober sticht Unter". Auer war im März 2021 aus dem Impfprogramm des Ministeriums ausgeschieden, nachdem er den damaligen Minister Anschober nicht darüber informiert hatte, dass der Erwerb zusätzlicher Impfdosen möglich gewesen wäre. (simo, 19.4.2023)